10 Fragen: Nachhaltigkeitsmanager im Bewerbungsprozess

Können wir im Unternehmen etwas bewirken? Oder arbeiten wir nur für die Tonne? Wie Nachhaltigkeitsverantwortliche schon im Bewerbungsprozess herausfinden, ob Nachhaltigkeit dem Management wichtig ist, erklärt Alexander Kraemer in seiner Kolumne.

Aktuell sind immer mehr Stellen im Nachhaltigkeitsmanagement ausgeschrieben. Wir Nachhaltigkeitsmanager:innen erhalten jede Woche diverse Anfragen von Recruiter:innen und Headhunter:innen. Und sobald ein Unternehmen, eine Herausforderung oder ein Team das Interesse weckt, beginnt der klassische Prozess. 

Ihr alle kennt es: Den Lebenslauf mit ein paar Buzzwords updaten, eigenen Referenzen Bescheid geben, dass vielleicht jemand anruft und sich durch das Anschreiben quälen (oder die KI damit beauftragen). Dann geht es in die nächste Runde – Recruiter:innen, Führungskräfte und vielleicht auch Psycholog:innen sitzen einem gegenüber und stellen Fragen, viele Fragen. In meinem ersten Job brachten mich sogar noch einige Brainteaser ins Schwitzen. Alle Register werden gezogen.

Wer etwas Erfahrung im Nachhaltigkeitsmanagement hat, fragt in einem dieser Termine nach einem Folgetermin mit der Geschäftsleitung, dem Vorstand oder der Personengruppe, die das höchste Leitungsorgan der Organisation ist. Es gilt herauszufinden, ob Nachhaltigkeitsverantwortliche hier überhaupt eine Chance haben, Themen anzugehen. Wer in unserer Rolle keinen Support vom Management hat, hat nämlich verloren. Dabei geht es nicht einmal um bedingungslosen Support, sondern um eine grundsätzliche Bereitschaft für das Thema.

Der gestresste Manager und die Nebensache Nachhaltigkeit

Nach fünf Jahren in einem Unternehmen merkte ich, dass ich dort alle Themen im Nachhaltigkeitsmanagement durchgespielt hatte. Zudem konnten die relevanten Stakeholder die „alte Leier vom Kraemer” nicht mehr hören. 

Beim nächsten Anruf von einer Recruiterin hörte ich also etwas genauer zu. Ich durchlief den Prozess und traf den regionalen Geschäftsführer. Die Fachverantwortliche sowie die Recruiterin hatten mich gut auf den Termin vorbereitet. Dennoch spürte ich ihre Nervosität. Und sie übertrug sich auf mich. 

Im Termin sprachen der gestresste Manager-Typ und ich die meiste Zeit über seine Reise nach Australien, wo ich aufgewachsen bin, dann kurz über den Job als Nachhaltigkeitsmanager. Wir einigten uns noch vor Ort, dass es passt. Das Gespräch dauerte 17 Minuten. Danach war ich total fertig. Diese Erfahrung hat mich geprägt. 

Wenn sich der Wind dreht oder die wachsende Bedeutung der Nachhaltigkeit

Alle waren aufgeregt und hatten die Haltung, „bloß den Chef zu überzeugen”. Doch der Wind hat sich inzwischen gedreht. Unternehmen suchen händeringend nach Expert:innen für Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsteams wachsen und der Bewerbermarkt ist leer. Es sind nicht mehr nur Fachkräfte, die sich bei Unternehmen bewerben. Umgekehrt bewerben sich auch Unternehmen um Fachkräfte. 

Das Top-Management ist wichtig. Und aus meiner Sicht ist es für erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement wichtig, die relevanten Stakeholder und deren Haltung zu kennen. Nur Gegenwind zu bekommen, macht keinen Spaß und führt nur dazu, dass man den beschriebenen Prozess woanders von vorne startet.

Wer die Szene der Nachhaltigkeitsverantwortlichen beobachtet, entdeckt schnell ein oder zwei Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsmanager:innen „durchschleusen”. Wer keine Chance hat, geht.

Das erfahren Nachhaltigkeitsmanager:innen im Bewerbungsgespräch

Die folgenden Fragen wurden vor kurzem bei der Peer School gesammelt. Damit lässt sich schnell herausfinden, wo ein/eine CEO steht und ob eine Chance für Nachhaltigkeit besteht. Vielleicht dient es euch als Impuls in einem Bewerbungsprozess oder, wenn ihr eine Veränderung anstrebt.

Aber bitte, passt die Fragen an den individuellen Gesprächsverlauf an:

  1. Hatten Sie bereits Erfahrungen mit Nachhaltigkeit oder mit Nachhaltigkeitsmanagement im Unternehmenskontext?
  2. Was ist aus Ihrer Sicht der Stellenwert von Nachhaltigkeit im Unternehmen?
  3. Warum schaffen Sie die Stelle? Um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen oder um das Unternehmen weiterzuentwickeln?
  4. Wie kann das Nachhaltigkeitsmanagement auf die Unternehmensziele einzahlen?
  5. Was sind die drei Themen, die im ersten Jahr auf jeden Fall angegangen werden sollten? Und welche drei Themen sind tabu?
  6. Mit welchen Argumenten überzeuge ich die meisten Führungskräfte für Nachhaltigkeit?
  7. Wer sind die größten Kritiker:innen oder Unterstützer:innen im Unternehmen?
  8. Auf welchen Marktbegleiter schauen Sie gerne und warum?
  9. Können wir irgendwann über Nachhaltigkeitsindikatoren im Bonussystem sprechen?
  10. Nachhaltigkeit braucht Vorbilder. Was kann ich tun, um Sie als Vorbild zu gewinnen?

Nicht zuletzt noch vier Aussagen, bei denen ihr hellhörig werden solltet. Wenn ihr sie doch hört, empfehle ich den Austausch mit anderen Nachhaltigkeitsverantwortlichen sowie einen Blick in etablierte Stellenbörsen:

„Nachhaltigkeit ist in unserer DNA.”
„Wir spenden schon seit Jahren an die Organisation ABC. Wir sind bereits gut aufgestellt, es heißt jetzt, das gut zu vermarkten.”
„Schön, dass Sie da sind, dann können Sie ja die Themen von mir weghalten.”
„Den Fuhrpark (oder ein vergleichbares emotionales Thema) lassen Sie aber schön in Ruhe, ja?”

Ich bin gespannt, welche Fragen ihr euren CEOs gestellt habt oder welche ihr stellen würdet.

Lieben Gruß

Alex