CSRD-Praxisguide: Doppelte Wesentlichkeitsanalyse

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist ein Kernelement der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach den ESRS. Die gewonnenen Erkenntnisse bieten aber auch einen Mehrwert für eine zukunftsorientierte Unternehmensführung. Dieser Beitrag stellt den Prozess bis zur fertigen Analyse vor und zeigt, welchen strategischen Nutzen sie stiften kann.

In der heutigen Geschäftswelt gilt effektives Nachhaltigkeitsmanagement als Fundament für die Zukunftsfähigkeit von unternehmerischem Erfolg. Ein Schlüsselkonzept, das Unternehmen dabei unterstützt, sowohl den Nachhaltigkeitsbericht- als auch die Strategie erfolgreich auszurichten und umzusetzen, ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Sie wirkt als zentrales Element der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und befähigt Unternehmen sich zukunftsweisend auszurichten.

Die doppelte Wesentlichkeit nach CSRD-ESRS

Die doppelte Wesentlichkeitsprüfung, wie sie in den Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) im Rahmen der CSRD dargelegt ist, beinhaltet die Bewertung von Nachhaltigkeitsthemen auf der Grundlage ihrer Auswirkungen und Risiko- / Chancenperspektiven (IRO = Impacts, Risks and Opportunities). Dieses Konzept kombiniert die nicht-finanzielle Wesentlichkeit mit der finanziellen Wesentlichkeit, um zu bestimmen, welche Themen für die Berichterstattung und das Nachhaltigkeitsmanagement von Bedeutung sind:

  • Nicht-finanzielle Wesentlichkeit (Inside-Out): Diese Perspektive umfasst die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf Menschen und Umwelt über verschiedene Zeiträume - kurz-, mittel- und langfristig.
  • Finanzielle Wesentlichkeit (Outside-In): Diese Perspektive umfasst alle externen Nachhaltigkeitsauswirkungen, die sich finanziell auf den Betrieb, seine Rentabilität und die langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens auswirken.

Die ESRS verlangen eine Bewertung, um festzustellen, welche Informationen die Wesentlichkeitskriterien erfüllen, und ob ein Nachhaltigkeitsthema für eine Organisation und ihre Stakeholder von Bedeutung ist. Ist dies der Fall, sollte das Thema in den Nachhaltigkeitsbericht der Organisation aufgenommen werden. Ein Nachhaltigkeitsthema erfüllt das „Kriterium der doppelten Wesentlichkeit“, wenn es aus einer oder beiden Perspektiven von Bedeutung ist.

Wesentlichkeitsanalyse 1 phiyond

Prozess der doppelten Wesentlichkeitsanalyse

Es empfiehlt sich die doppelte Wesentlichkeitsanalyse in drei Schritten vorzunehmen. Bevor die Identifikation der IROs beginnen kann, ist es essenziell, zunächst den Kontext des Unternehmens zu erfassen. Dieser Schritt beinhaltet das Verständnis der relevanten Themen und der beteiligten Stakeholder aus der Inside-Out-Perspektive (nicht-finanziell) und Outside-In-Perspektive (finanziell). Auf dieser Grundlage ist es möglich, im Abgleich mit den ESRS, die für das Unternehmen bedeutenden IROs entlang der Wertschöpfungskette zu identifizieren, thematisch zu klassifizieren und zeitlich einzuordnen. Nach Festlegung der Wesentlichkeitsgrenzen werden die IROs im letzten Schritt hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit sowie finanzieller und zeitlicher Implikationen quantifiziert und bewertet. Abschließend erfolgt die Abstimmung der Ergebnisse mit Stakeholdern und Experten, bevor die relevanten Themen in einer Wesentlichkeitsmatrix visualisiert werden.

Wesentlichkeitsanalyse 2 phiyond

(Bitte klicken Sie zum Vergrößern der Abbildung hier.)

Mehrwerte der doppelten Wesentlichkeitsanalyse für eine zukunftsorientierte Unternehmensführung

Die Vorteile der doppelten Wesentlichkeitsanalyse gehen über die Erfüllung der Berichtspflicht nach CSRD-ESRS hinaus und können im Unternehmen strategisch bedeutsam eingesetzt werden:

Steigerung der Unternehmensleistung durch doppelte Wesentlichkeitsanalyse
Dank doppelter Wesentlichkeitsanalyse gibt es einen umfassenden Überblick über die Leistung eines Unternehmens. So können nicht nur Finanzkennzahlen, sondern auch kritische ESG-Faktoren bewertet und so die Entscheidungsfindung verbessert werden. Die Anwendung ermöglicht Unternehmen wesentliche Nachhaltigkeitsthemen zu priorisieren und so ihre Ressourcen effizienter einzusetzen.

Stakeholder-Integration als Schlüssel zum Erfolg
Ein wesentlicher Aspekt der doppelten Wesentlichkeitsanalyse ist die Einbindung interner und externer Stakeholder. Die aktive Einbeziehung von Mitarbeitenden und weiteren Interessensgruppen in den Prozess schafft nicht nur ein tieferes Bewusstsein für ESG-Themen, sondern mobilisiert auch das Wissen und die Kompetenzen innerhalb des Unternehmens, um gemeinsam effektivere Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Dieser integrative Ansatz stärkt das Verständnis für die Interessen verschiedener Stakeholder und fördert durch erhöhte Transparenz und Partizipation die Glaubwürdigkeit des Unternehmens.

Vertrauen für Geschäftspartner und Investoren schaffen
Geschäftspartner und Investoren legen zunehmend Wert auf nachhaltige Entwicklung und soziale Verantwortung von Unternehmen. Durch die doppelte Wesentlichkeitsanalyse sind Unternehmen gefordert, aussagekräftige Informationen über Chancen und Risiken ihrer Geschäftstätigkeit zu liefern. Die Integration beider Perspektiven in die integrierte Berichterstattung fördert die Glaubwürdigkeit des Nachhaltigkeitsmanagements. Investoren werden dadurch unterstützt die Entwicklung nachhaltiger Lösungen besser einschätzen und sich in dynamischen Märkten besser orientieren zu können.

EU-Taxonomie und Doppelte Wesentlichkeit

Die EU-Taxonomie und das Konzept der doppelten Wesentlichkeit sind eng miteinander verbunden und spielen eine zentrale Rolle bei der Förderung von Nachhaltigkeit und Transparenz in der Finanzberichterstattung von Unternehmen in der Europäischen Union. Während es sich bei der EU-Taxonomie um ein Klassifizierungssystem handelt, das festlegt, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig eingestuft werden können, zielt das Konzept der doppelten Wesentlichkeit darauf ab, wesentliche Aspekte aus der Perspektive der finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen (finanzielle Wesentlichkeit) und der Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft (externe Wesentlichkeit) zu bewerten.

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