Mobilitätsbudget im Jahr 2023

Der fossil betriebene Dienstwagen hat nicht nur ein Imageproblem – er verträgt sich schlecht mit Klimaschutz und Nachhaltigkeitszielen. Immer mehr Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden daher stattdessen ein Mobilitätsbudget. Jonathan Schreiber erläutert, wie das Mobilitätsbudget funktioniert und wie es zu einer Verkehrswende beitragen kann.

Ob Dienstwagen oder Privatfahrzeug, der Pkw ist in vielen deutschen Unternehmen Dreh- und Angelpunkt der betrieblichen Mobilität. Der alleinige Fokus auf den mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Pkw verträgt sich jedoch nicht gut mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Unternehmen und ihre Mitarbeitenden suchen deshalb zunehmend nach alternativen Mobilitätslösungen, die helfen können, nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensziele zu erreichen.

Mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekt compan-e haben Wissenschaft und Praxis gemeinsam Wege zur klimafreundlichen betrieblichen Mobilität untersucht. Dabei hat sich das Mobilitätsbudget als ein potenzielles Schlüsselelement im Mosaik der Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit herausgestellt.

Aufbauend auf Recherchen und Hintergrundgesprächen mit Branchen-Expert:innen haben die Projektpartner im Jahr 2022 sechs Thesen zum Mobilitätsbudget veröffentlicht. Hinzu kommen die Ergebnisse zweier Befragungen zum Thema. Inzwischen beschäftigen sich neue Akteure aus der Wissenschaft, aber auch Verkehrsverbünde, Start-ups und Unternehmen mit dem Mobilitätsbudget. Das Thema ist dynamisch – daher gibt dieser Beitrag ein Update zum Mobilitätsbudget im Jahr 2023. Dabei nehmen wir Definitionen, Nachhaltigkeitsaspekte, Vorteile, steuerliche Rahmenbedingungen und Dienstwagen-Potenzial des Mobilitätsbudgets in den Blick.

Was ist ein Mobilitätsbudget?

Ein Mobilitätsbudget ist ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter, vorab festgelegter Betrag, der von dazu berechtigten Arbeitnehmer:innen für die Nutzung unterschiedlicher Mobilitätsangebote verwendet werden kann. Der Betrag kann dabei monetär oder auch als CO2- oder Kilometer-Budget konzipiert sein und wird oft monatlich bereitgestellt. Für welche Verkehrsmittel das Mobilitätsbudget genutzt werden kann und in welchem Rahmen private Fahrten zulässig sind, entscheidet das Unternehmen. Wer wie viel Mobilitätsbudget erhält, kann sich innerhalb eines Unternehmens unterscheiden. Unter den für sie zulässigen Verkehrsmitteln können berechtigte Mitarbeiter:innen dann frei wählen. Ein Mobilitätsbudget kann als Ergänzung, aber auch als Alternative zum Dienstwagen umgesetzt werden.

Das Mobilitätsbudget stärkt die nachhaltige betriebliche Mobilität

Der deutsche Verkehrssektor leistet bislang nur einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz; er verursacht weitere Umweltschäden und trägt daneben zu sozialen Schieflagen bei. Die betriebliche Mobilität ist eine starke Stellschraube für eine nachhaltigere und gerechtere Mobilität in ganz Deutschland. Aktuell trägt die Dienstwagennutzung zu Emissionen im beruflichen, aber auch privaten Kontext bei. Zusätzlich gelangen Dienstwagen, die etwa 20 Prozent der neu zugelassenen Autos ausmachen, später auf den Gebrauchtwagenmarkt und beeinflussen so auch außerhalb der betrieblichen Mobilität langfristig die Mobilität in Deutschland. Selbst jene Unternehmen, in denen Dienstwagen eine untergeordnete Rolle spielen, tragen mit der Pendelmobilität der Mitarbeitenden zur Freisetzung von Treibhausgasen bei.

Welche Auswirkungen ein Mobilitätsbudget auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit hat, variiert erheblich – je nach den gewählten Mobilitätsangeboten und der Art ihrer Nutzung. Nutzen Angestellte statt ihres privaten Pkw oder Dienstwagens ein Mobilitätsbudget, kann das viele Vorteile in Sachen Nachhaltigkeit bieten. Treibhausgasemissionen, Luftbelastung, Ressourcen- und Flächenverbrauch können reduziert werden. Inwiefern dieses Potenzial auch gehoben wird, ist noch nicht abschließend geklärt und hängt davon ab, ob die Menschen wirklich klimaschonende Alternativen nutzen. Zunehmend erkennen aber Anbieter:innen und Anwender:innen von Mobilitätsbudgets die Bedeutung einer quantifizierbaren Erfassung von CO2-Emissionen im Rahmen von Mobilitätsbudgets. Blickt man in die Zukunft, so wird deutlich, dass eine ganzheitliche Betrachtung von Nachhaltigkeit weit über Treibhausgasemissionen hinausgehen muss. So sollten andere Indikatoren wie zum Beispiel Flächenverbrauch, Lärmemissionen und soziale Auswirkungen für die Gesamtbewertung einbezogen werden.

Mobilitätsbudgets sind für Unternehmen und Mitarbeitende eine Win-win-Situation

Mobilitätsbudgets stärken Unternehmen extern und bieten Mitarbeitenden intern vielfältige Mobilitätsvorteile. So ist der Dienstwagen im städtischen Umfeld schon heute oft weniger beliebt. Mitarbeitende bevorzugen flexiblere Lösungen, wie sie das Mobilitätsbudget bietet. Unternehmen erhöhen mit Mobilitätsbudgets ihre Anziehungskraft im Wettbewerb um Talente, was langfristig auch dem Unternehmenserfolg zugutekommt. Zudem verbessern sie die Umweltbilanz und beeinflussen ihr Image positiv. Wählen Mitarbeiter:innen im Rahmen eines Mobilitätsbudgets aktive Formen der Mobilität (Radverkehr, Fußwege zur Erreichung des öffentlichen Personenverkehrs), ist das auch ihrer Gesundheit zuträglich.

Nachdem in den letzten Jahren Anwendungs-Pioniere wie Unternehmensberatungen und die IT-Branche den Weg geebnet haben, steht für das Mobilitätsbudget nun die Erschließung neuer Zielgruppen an. Insbesondere für Unternehmen fernab von Metropolregionen und urbanen Räumen ist es hilfreich, Kosten und Nutzen des Mobilitätsbudgets neu herauszuarbeiten. Zwar kann das Mobilitätsbudget nicht in allen Gegenden, Branchen und Unternehmen gleichermaßen als Allheilmittel für nachhaltige betriebliche Mobilität dienen, dennoch gibt es Potenziale für Nutzer:innen jenseits von Ballungsräumen oder der oberen Einkommensbereiche, die bislang nicht gehoben wurden. Die Implementierung des Mobilitätsbudgets muss somit künftig auf vielfältige regionale Gegebenheiten sowie individuelle Bedürfnisse angepasst werden.

Eine vereinfachte Administration und Steuerreformen sind der Schlüssel zum Erfolg

In der Bereitstellung des Mobilitätsbudgets bieten sich aktuell drei populäre Möglichkeiten. Erstens kann ein Mobilitätsbudget als Pauschalbetrag in Form einer Gehaltserhöhung bereitgestellt werden. Dies geht mit geringem administrativem Aufwand einher, lässt jedoch mögliche Steuervorteile unberücksichtigt.

Zweitens kann das Mobilitätsbudget insgesamt als Sachbezug, etwa in Form einer Gutscheinkarte, unter Anwendung der Pauschalversteuerung des § 37b Einkommensteuergesetz (EStG) bereitgestellt werden. Allerdings sind die Anforderungen an solche Gutscheinkarten als Sachbezug durch den Gesetzgeber verschärft worden. Auch hier bleiben mögliche Steuervorteile durch die Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel bei unterschiedlichen Wegezwecken weitestgehend unberücksichtigt.

Drittens kann eine Rückerstattung der Mobilitätskosten als Barlohn umgesetzt werden, zum Beispiel bei nachträglicher Kostenerstattung. So können gewisse Steuerbegünstigungen genutzt werden, etwa für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr. Nicht zuletzt deshalb erfreut sich die Nutzung dieser Variante bei den Unternehmen aktuell großer Beliebtheit, auch wenn die Prüfung der Voraussetzungen mit einem Verwaltungsaufwand verbunden ist.

Bereits im Jahr 2021 verwies die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität auf die Unübersichtlichkeit bei den fiskalischen Rahmenbedingungen des Mobilitätsbudgets. Empfohlen wurden steuerliche Anreize für die Einführung eines Mobilitätsbudgets ebenso wie eine Vereinfachung der Besteuerung. Konkret sollte es Unternehmen „grundsätzlich ermöglicht werden, ihren Mitarbeitenden ein Mobilitätsbudget als steuerlich attraktives Zusatzangebot anzubieten. Idealerweise wird dies mit Anreizen zur Verminderung von Emissionen verbunden, die die tatsächliche Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel sicherstellen“. Trotz des formulierten Handlungsbedarfs sind bisher kaum Bemühungen sichtbar geworden, die steuerlichen Anreize hinsichtlich einer umweltfreundlicheren betrieblichen Mobilität unter Einbezug von Mobilitätsbudgets umzubauen. Ein Gelegenheitsfenster könnte hier die nationale Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bis zum 6.7.2024 bieten.

Mobilitätsbudgets können mittelfristig den Dienstwagen komplett ablösen

Das Mobilitätsbudget eignet sich als zusätzlicher Benefit zum Dienstwagen, als Ergänzung bei gleichzeitigem Dienstwagen-Downsizing – also der Bereitstellung kleinerer Dienstwagen, sowie als kompletter Ersatz des Fahrzeugs. Dabei bieten alle Umsetzungsvarianten Vorteile. Eine Ergänzung on Top schafft Anreize zum Umstieg auf Pkw-Alternativen. Dienstwagen-Downsizing kommt Klima und Umwelt direkt zugute. Mit einem vollständigen Wechsel zum Mobilitätsbudget können Unternehmen nicht nur die Mobilität ihrer Mitarbeiter:innen flexibler gestalten, sondern auch einen besonders großen Beitrag zu nachhaltigerer betrieblicher Mobilität leisten. Den Ergebnissen einer im Rahmen des Projekts compan-e durchgeführten Befragung (mit einer Stichprobe von 530 Befragten) nach, hat beinahe jede:r fünfte Mitarbeitende bereits vom Mobilitätsbudget gehört. Mit 8,5 Prozent der Befragten stand fast jeder zehnten Person ein Mobilitätsbudget oder ein ähnliches Angebot im eigenen Unternehmen zur Auswahl. Jede zwanzigste befragte Person nutzte das Mobilitätsbudget bereits oder plante eine zeitnahe Nutzung. Das Marktpotential des Mobilitätsbudgets ist jedoch über diesen Werten einzuordnen. So konnten sich zum Beispiel von 119 Dienstwagen-Nutzer:innen der Befragung 21 Prozent vorstellen, von ihrem Fahrzeug auf ein Mobilitätsbudget umzusteigen.

Heute werden Mobilitätsbudgets verstärkt für Nicht-Dienstwagen-Berechtigte diskutiert und umgesetzt. Gleichzeitig stellen jüngste Studienergebnisse jedoch auch fest, dass ein Trend weg vom Dienstwagen bisher ausbleibt. Dienstwagen werden in Deutschland durchschnittlich 4,8 Jahre gehalten, dabei geben 91 Prozent der Unternehmen an, dass ihr Fuhrpark in den nächsten drei Jahren stabil bleiben oder wachsen wird. Wenngleich die in compan-e durchgeführte Befragung ergab, dass sich jede:r fünfte Dienstwagennutzende einen Wechsel zum Mobilitätsbudget vorstellen kann und parallel immer mehr Anbieter:innen auf den Markt treten, kann daher noch nicht von einer Trendwende gesprochen werden.

Ausblick: Mobilitätsbudget leistet Beitrag zur Verkehrswende

Das Mobilitätsbudget gewinnt im Kontext nachhaltiger betrieblicher Mobilität in deutschen Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Die Umsetzung und Skalierung erfordert gleichermaßen Engagement von Unternehmen, Beschäftigten und auch der Politik. Um die vielfältigen Umsetzungsvarianten des Mobilitätsbudgets noch besser auf ihre Wirkung zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Begleitung weiter sinnvoll. Sofern eine positive Nachhaltigkeitswirkung des Mobilitätsbudgets sichergestellt werden kann, sollten steuerliche Anreize umgesetzt werden, damit die Verbreitung des Angebots erleichtert wird. Mobilitätsbudget-Anbietende und -Nutzende zeigen ebenso wie die aktuelle Forschung, dass das Konzept Potenzial hat, zur Verkehrswende beizutragen. Wie erfolgreich es werden kann, ist nicht zuletzt der Politik geschuldet, die entsprechende Weichen hin zu einer sozial gerechteren und nachhaltigeren Mobilität stellen muss.

Schlagworte zum Thema:  Pendler, Dienstfahrrad, Dienstreise, Nachhaltigkeit