Nachhaltigkeit in Stellenanzeigen: Ein Satz, große Wirkung

Nachhaltigkeitsxpertise? Brauchen im Unternehmen nicht mehr nur Nachhaltigkeitsverantwortliche. Wie diese Zusammenarbeit in Zukunft aussieht und was ein einziger Satz dazu beitragen kann, erklärt Alexander Kraemer in seiner neuen Kolumne.

Wie wir alle wissen oder gerade lernen, müssen wir Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt des Unternehmensmanagements stellen. Laut der Studie „Sustainability Transformation Monitor 2024“ ist das bei Bewerber:innen wie Kund:innen gefragt. 

„In einer Zeit, in der die Ressourcen unseres Planeten knapp sind und soziale Verantwortung immer wichtiger wird, ist das Hinzuziehen von Experten mit Kenntnissen im Bereich Nachhaltigkeit nicht nur ein Schritt in die richtige Richtung, sondern auch der Schlüssel zur Veränderung der gesamten Organisation", meint der erfahrene Personalberater Henrik Zaborowski.

Unternehmen stehen vor dem riesigen Berg, wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer und ökologischer Verantwortung in Einklang zu bringen. Und genau hier spielen Expert:innen aus verschiedenen Bereichen wie Finanzen, Personal, Vertrieb und Produktion eine entscheidende Rolle. 

Nachhaltigkeitsmanagement und die Arbeit der anderen

Ganz deutlich: Es reicht einfach nicht, ein paar Nachhaltigkeitsverantwortliche zu haben. Diese Zeiten sind vorbei. In jeder Abteilung wird es einen wachsenden Anteil an Erfahrungsträger:innen geben, die sich auch mit Nachhaltigkeitsaspekten ihres Fachbereichs auskennen. 

Ein:e Einkäufer:in darf also nicht geschockt sein, wenn das Thema Sustainable Procurement auf den Tisch kommt. In Zeiten des Fachkräftemangels werden Expert:innen gesucht, die auch Nachhaltigkeit können. Genau diese versierten Menschen werden mit ihrem Einfluss den entscheidenden Vorteil bringen. Und vielleicht sparen sie weitere Stellen im Nachhaltigkeitsmanagement ein…

Hypothese: Eine einfache Zeile in jeder Stellenausschreibung kann einen riesigen Effekt haben. 

Dazu später mehr. 

Wenn im gesamten Unternehmen Fachverantwortliche ihr kleines oder großes Wissen im Bereich Nachhaltigkeit beisteuern, werden viele Fachabteilungen nachhaltiger. Und damit das gesamte Unternehmen. Ich habe ein paar Beispiele zusammengestellt:

  • Finanzen und Nachhaltigkeit: Expert:innen für Nachhaltigkeit im Finanzwesen können Kapitalströme lenken und finanzielle Modelle entwickeln, die Umweltauswirkungen und soziale Verantwortung berücksichtigen. Durch die Unterstützung von umweltfreundlichen Initiativen und sozial verantwortlichen Projekten tragen sie dazu bei, die finanzielle Performance des Unternehmens zu verbessern. Investitionen in nachhaltige Geschäftspraktiken können nicht nur ökologische und soziale Ziele unterstützen, sondern auch die langfristige Rentabilität steigern. Und, soweit ich das mitbekomme: Die Konditionen für nachhaltige Finanzierungen und Investitionen sind einfach besser.
  • Vertrieb und Produktinnovation: Expert:innen aus dem Vertrieb können nachhaltige Produkte und Dienstleistungen erfolgreich vermarkten und Kunden für umweltfreundliche Lösungen gewinnen. Nachhaltigkeit in Vertriebsstrategien kann nicht nur den Umsatz steigern, sondern auch das Markenimage stärken und das Unternehmen als Vorreiter in Nachhaltigkeit positionieren. Umweltfreundlichere Produktinnovationen können nicht nur den ökologischen Fußabdruck reduzieren, sondern auch neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen. Wenn die Produkte entsprechend entwickelt, gesourced und produziert werden.
  • Produktion und Lieferkettenmanagement: Wenn uns die Pandemie eins gelehrt hat: Expert:innen für Nachhaltigkeit in der Produktion und im Lieferkettenmanagement sind entscheidend für den Erhalt die Sicherung der Lieferkette. Außerdem entwickeln sie umweltfreundliche Produktionsprozesse und nachhaltige Lieferketten. Sie tragen dazu bei, Umweltauswirkungen zu reduzieren sowie ethische und verantwortliche Beschaffungspraktiken einzuhalten. Durch die Integration nachhaltiger Praktiken in die Produktion und die gesamte Lieferkette können Unternehmen nicht nur Kosten sparen, stabile Wertschöpfungsketten aufbauen, sondern auch einen positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft ausüben. Aus Gesprächen mit Kund:innen und Banken bin ich davon überzeugt, dass sie genau diese Entwicklungen sehen und vorantreiben wollen.
  • Personalmanagement und Kulturwandel: Personalwesen und Kultur werden immer häufiger zusammen gedacht. Die ersten Chief Sustainability Officer sind sogar in Personalabteilungen angesiedelt. Und die Möglichkeiten sind groß, ein Unternehmen von dort aus nachhaltiger zu machen. Dies reicht von fairen Löhnen über nachhaltige Bonussysteme, die Förderung von Diversity, Equity und Inklusion bis hin zur Chancengleichheit in Karrieren. Und auch Corporate Citizenship, also interne ehrenamtliche Arbeit sowie Spenden und Sponsoring, kann massiv auf die Mitarbeitermotivation einzahlen. So hat die Corporate-Citizenship-Spezialistin Linda Boeing in ihrer Masterarbeit festgestellt: Schon ein einstündiges, virtuelles Corporate Volunteering – also Engagement für gemeinnützige Projekte oder soziale Belange – zahlt auf die Mitarbeitermotivation ein.
  • Berichterstattung und Transparenz: In vielen Finanzabteilungen entstehen Expertenpositionen für ESG-Analytics und ESG-Reporting. Sie sammeln und bereiten Daten auf, um Nachhaltigkeitsberichte zu veröffentlichen. Bis dato war es ein Teil des nachhaltigen Aufgabenspektrums, einen Bericht (oder mehrere) zu schreiben, aber nicht das Kerngeschäft. Nun erzählen mir immer mehr Fachkolleg:innen, dass sich ihr Aufgabenportfolio auf Reporting zuspitzt. Kreativität, Stakeholdermanagement und andere Aufgaben bleiben hingegen auf der Strecke. Vermutlich sind Expert:innen, die Berichterstattung lieben, etwas geeigneter für diese Rolle als klassische Nachhaltigkeitsmanager:innen. So geht es mir auch: Reporting ist eine Aufgabe, aber keine Hauptaufgabe.

Die Zusammenarbeit von Fachleuten aus verschiedenen Unternehmensbereichen, die auch über Expertise im Bereich Nachhaltigkeit verfügen, kann die gesamte Organisation dazu ermutigen, Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten zu stellen. Davon bin ich fest überzeugt. Diese Expert:innen tragen dazu bei, langfristige Werte zu schaffen, die über finanzielle Kennzahlen hinausgehen. Sie sind die treibende Kraft hinter einer nachhaltigen Transformation. Auch davon bin ich überzeugt.

Nachhaltigkeitsexpertise gesucht: Der Gamechanger im Recruiting?

Neulich gab mir Henrik Zaborowski einen Tipp: Füge folgenden Satz in alle Stellenausschreibungen des Unternehmens ein und schaue, was passiert: „Expertise im Kontext der Nachhaltigkeit sind von Vorteil". Es sei so einfach. 

Und damit sind wir zurück bei meiner Hypothese: Ein kleiner Satz könnte eine Organisation von innen heraus nachhaltiger machen. Und könnte einen positiven Einfluss auf die Rekrutierung selbst haben, indem qualifizierte Kandidat:innen angezogen werden, die die Werte des Unternehmens teilen.

Wenn Unternehmen das Fachwissen aus Finanzen, Personal, Vertrieb und Produktion mit Expertise in Nachhaltigkeit verknüpfen, ist das nicht nur ein Zeichen des Engagements für Umwelt- und Sozialverantwortung, sondern auch ein Schlüssel für den Shift hin zu einer nachhaltigen Zukunft.

Versucht es doch mal, baut den Satz in eine Stellenausschreibung ein. Wartet ab, was dann passiert. Und sagt mir Bescheid, wie es gelaufen ist.

Euer

Alex Kraemer