Nachhaltigkeitsmanager zwischen Regulatorik und Entwicklung

Die nachhaltige Transformation geht voran, was auch an Richtlinien wie der CSRD liegt. Warum sich Nachhaltigkeitsverantwortliche zwischen Regulatorik und nachhaltiger Entwicklung aktuell jedoch schwertun, erzählt Alexander Kraemer in der heutigen Kolumne.

Trotz unseres wichtigen Auftrags stehen wir Nachhaltigkeitsmanager:innen immer wieder vor einem Problem: die stetig wachsende Regulatorik. Versteht mich nicht falsch, ich bin ein totaler Fan davon, klare Regeln für Unternehmen zu haben. Ohne diese Regulatorik gibt es kein Voranschreiten. Die Zeiten für freiwilliges Engagement allein sind vorbei, es muss etwas Druck her.

Aber ich beobachte, dass die Zeit für den Fortschritt von Organisationen immer weiter schwindet. Große Unternehmen berichten seit vielen Jahren – sie sind darin wirklich versiert und müssen „nur” ein wenig die Reportingprozesse anpassen. Je kleiner das Unternehmen, desto schwieriger wird es. Bei einem deutschen Mittelständler mit knapp 1.500 Mitarbeitenden gibt es kaum Ressourcen für mehr Köpfe im Nachhaltigkeitsmanagement. Da heißt es: Ärmel hoch und alles machen.

Der nachhaltige Arbeitsmarkt im Wandel

Es ist komisch, mit „Früher war es ja so..“ anzufangen. Doch noch vor fünf bis sieben Jahren sahen die meisten Nachhaltigkeitsteams sehr ähnlich aus: Entweder war jemand komplett alleine unterwegs (womöglich mit Geheimagenten im Unternehmen) oder es gab ein Dreiergespann: Ein “Head of”, jemand für die sozialen Themen (inklusive Citizenship) und jemand für ökologische Themen (teilweise inklusive Lieferkette). Zur Zeit verändern sich Teams immens. 

Ich habe das Gefühl, dass aus den Dreierteams immer mehr Viererteams werden. Und das Thema Reporting fällt auf eine weitere Person. In einigen großen Organisationen sind es weit mehr als vier Personen. Nicht zu sprechen von den Expert:innen für Menschenrechte oder ESG, die immer mehr werden.

Allerdings fehlen dem Arbeitsmarkt gute Expert:innen im Nachhaltigkeitsmanagement. Zu diesem Thema erhielt ich erst vor kurzem eine Nachricht: „Moin Alex, es ist wirklich schwierig, gute Leute zu finden. Der Markt wird gegenwärtig anscheinend von namhaften Beratungsunternehmen aufgekauft. Wenn Du jemanden kennst, gerne angeben. Lieben Gruß, X”. Ein Musterbeispiel für Nachrichten, die mich mehrfach in der Woche erreichen.

Regulatorik befolgen und Nachhaltigkeit vorantreiben: Geht das?

Welche sind die Lösungswege, um die wachsenden Anforderungen der Regulatorik zu erfüllen und trotzdem die Nachhaltigkeit in den Unternehmen voranzutreiben? Mir wird immer wieder berichtet, dass gerade überall die Ressourcen für die Entwicklung fehlen.

Deshalb habe ich ChatGPT nach Lösungswegen gefragt und folgende Antworten erhalten:

  1. Automatisierung und Technologie: Eine mögliche Lösung besteht darin, Technologie und Automatisierung in den Nachhaltigkeitsprozess zu integrieren. Durch den Einsatz von Softwarelösungen für die Datenerfassung, -analyse und -berichterstattung können Nachhaltigkeitsmanager:innen effizienter arbeiten und zeitraubende manuelle Prozesse reduzieren. Die Automatisierung ermöglicht es, sich auf strategische Aufgaben zu konzentrieren, anstatt in der Datenflut unterzugehen. Dadurch wird auch eine bessere Überwachung der Nachhaltigkeitsleistung ermöglicht, was wiederum zur Identifizierung von Verbesserungspotenzialen führt.
  2. Interne Zusammenarbeit: Um den Zeitmangel zu bewältigen, sollten Nachhaltigkeitsmanager:innen noch enger mit anderen Abteilungen innerhalb des Unternehmens zusammenarbeiten oder die Aufgaben übertragen. Die Integration nachhaltiger Praktiken in verschiedene Geschäftsbereiche fördert ein ganzheitliches Verständnis der Herausforderungen und Chancen. Indem sie sich als Teil des gesamten Unternehmens sehen und in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, können Nachhaltigkeitsmanager:innen besser Prioritäten setzen und gezielter arbeiten.
  3. Outsourcing von Expertise: Je nach Größe und Ressourcen des Unternehmens kann es sinnvoll sein, spezialisierte Nachhaltigkeitsberatungsfirmen oder Experten zu beauftragen. Externe Berater:innen können ihr Fachwissen einbringen, um effektive Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln und die Belastung der internen Nachhaltigkeitsmanager:innen zu verringern. Dies ermöglicht es dem Unternehmen, auf externe Ressourcen zurückzugreifen, ohne die dauerhafte Verpflichtung einer Vollzeitanstellung eingehen zu müssen.

Ha! Die Maschine kennt den Softwaremarkt nicht.

Gerade vor einem Monat hatten wir in der „Peer School for Sustainable Development“ ein Meeting zu Software im Nachhaltigkeitsmanagement. Es wurde deutlich, dass die Software bei weitem noch nicht die Anforderungen erfüllt.

In Sachen Zusammenarbeit denke ich optimistischer. Nach meiner Beobachtung werden die kritischen Kollegen unkritischer, sie verlassen das Unternehmen oder gehen in Rente. Es werden immer mehr Personen eingestellt, die Nachhaltigkeit in ihre Tätigkeit „einbauen”. Das reicht von nachhaltiger Lieferkette bis Sustainable Finance. Ein begrüßenswerter Trend, der noch viel Arbeit braucht.

Zum dritten Punkt verweise ich auf das Zitat oben. Es ist eine starke Bewegung zu erkennen, von Unternehmen zu Beratern. Die Expertise wird bei den Beratungen aufgebaut, dabei wird sie in den Unternehmen benötigt. Ich sehe viele Vorteile in der Beratung, weiß als gut vernetzter Nachhaltigkeitsmanager aber auch um die Vorteile, wenn wir die richtige Software sowie die Integration in die Teams vorantreiben.

Es wird noch spannend, die Entwicklungen im Nachhaltigkeitsmanagement zu beobachten. Und genau deshalb freue mich auf eure Ansätze, die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen voranzutreiben und eben nicht nur die Regulatorik zu erfüllen.

Was sagt ihr dazu?

Euer 

Alexander