CSRD: Zusammenarbeit von Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer

EU-Regulierungen wie die CSRD und die CSDDD stellen neue Anforderungen an die Corporate Governance von Unternehmen. Wie sie die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfern und Interner Revision beeinflussen, untersuchten Prof. Dr. Patrick Velte und Christoph Wehrhahn von der Leuphana Universität Lüneburg in einer neuen Studie.

Regulatorischer Hintergrund und Zielsetzung der Studie

Die EU-Regulierungen zu Nachhaltigkeitsaspekten wirken sich fundamental auf das Besetzungs- und Tätigkeitsprofil des Aufsichtsrats (AR), des Wirtschaftsprüfers (WP) und der Internen Revision (IR) aus. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) von Relevanz. Während die CSRD die erstmalige Einführung eines Nachhaltigkeitsberichts als Pflichtbestandteil des Lageberichts mit externer Pflichtprüfung beinhaltet, bezieht sich die CSDDD hingegen auf die nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang ihrer Wertschöpfungskette, wobei sich ebenfalls wesentliche Auswirkungen auf den Nachhaltigkeitsbericht nach der CSRD ergeben. Die drei genannten Instanzen sind darüber hinaus zumindest teilweise zur Überwachung beziehungsweise Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts inklusive der damit verbundenen internen Corporate-Governance-Systeme (Internes Kontrollsystem, Risikomanagementsystem, Compliance Management System) verpflichtet.

Die vorliegende Studie verfolgte das Ziel, die Auswirkungen der CSRD und CSDDD auf das Besetzungs- und Tätigkeitsprofil sowie auf die Zusammenarbeit von Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer und Interner Revision zu untersuchen. In diesem Zusammenhang wurden basierend auf Online-Fragebögen zwischen Juli und August 2023 insgesamt 112 Experten (46 WP, 33 AR, 33 IR) in Deutschland befragt. Der Fragebogen bestand aus zwei Teilen und enthielt sowohl geschlossene als auch offene Fragen. Bei den geschlossenen Fragen wurden die Teilnehmer aufgefordert, eine Einschätzung gemäß einer fünfstufigen-Likert-Skala abzugeben. Die Antworten auf die offenen Fragen wurden kodiert und strukturiert aufbereitet, bevor die Daten analysiert wurden.

Kompetenzen

Tabelle 1 verdeutlicht, dass Aufsichtsräte, Wirtschaftsprüfer und Interne Revisoren in Relation zur Nachhaltigkeitsexpertise ein größeres Ausmaß an Finanz- und Branchenexpertise aufweisen. In Bezug auf notwendige Kompetenzen für die Bereiche Umwelt und Soziales wird ersichtlich, dass bei allen Überwachungsinstanzen Defizite vorhanden sind. Diese lassen sich vorwiegend im Umweltbereich, insbesondere für die Kategorien Wasser- und Meeresressourcen sowie Biodiversität und Ökosysteme feststellen. Im Bereich Soziales verfügen die drei Parteien über höhere Kompetenzen.

Tabelle 1: Kompetenzen

Aufsichtsrat

Wirtschaftsprüfer

Interne Revision

Gesamt

Finanzexpertise

1,94

1,83

2,03

1,84

Branchenexpertise

1,55

1,91

1,85

1,87

Klimawandel (ESRS E1)

2,48 / 2,61*

2,46 / 2,70

2,76 / 2,85

2,55 / 2,71

Umweltverschmutzung (ESRS E2)

2,85 / 3,55

3,00 / 3,22

2,88 / 2,97

2,92 / 3,05

Wasser- und Meeresressourcen (ESRS E3)

3,58 / 2,91

3,33 / 3,65

3,58 / 3,64

3,47 / 3,62

Biodiversität und Ökosysteme (ESRS E4)

3,36 / 3,52

3,30 / 3,63

3,64 / 3,82

3,42 / 3,65

Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft (ESRS E5)

2,85 / 2,91

2,93 / 3,33

3,03 / 3,18

2,94 / 3,16

Eigene Belegschaft (ESRS S1)

2,06 / 2,15

2,17 / 2,15

2,12 / 2,21

2,13 / 2,17

Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette (ESRS S2)

2,48 / 2,61

2,50 / 2,63

2,48 / 2,67

2,49 / 2,63

Betroffene Gemeinden (ESRS S3)

2,39 / 2,58

2,70 / 2,87

2,94 / 3,12

2,68 / 2,86

Verbraucher und Endnutzer (ESRS S4)

2,33 / 2,58

2,76 / 2,89

3,00 / 3,03

2,71 / 2,84

(*jeweils unterteilt in fachliche Expertise / praktische Erfahrung; 1 = sehr hoch, 2 = hoch, 3 = mittel, 4 = gering, 5 = sehr gering)

Ressourcen

Gemäß Tabelle 2 besitzen die drei Parteien angemessene Ressourcen, um die Anforderungen der CSRD und CSDDD zu erfüllen. Die Teilnehmenden aller Überwachungsinstanzen gaben zudem an, dass sie mit mittlerer bis hoher Wahrscheinlichkeit Personen mit naturwissenschaftlichem Hintergrund zur Überwachung umweltbezogener Informationen einstellen wollen, um potenziellen Engpässen bei den personellen Ressourcen zu begegnen. Des Weiteren schätzten sie die Wahrscheinlichkeit der Zusammenarbeit mit externen Umweltgutachtern als mittel bis hoch ein, wobei eine parteiübergreifende Koordination bei der Auswahl dieser Experten in Betracht kommen würde.

Tabelle 2: Ressourcen

Aufsichtsrat

Wirtschaftsprüfer

Interne Revision

Gesamt

Finanzielle Ressourcen

2,52 / 2,67*

2,11 / 2,41

2,70 / 2,73

2,40 / 2,58

Personelle Ressourcen

2,61 / 2,70

2,67 / 2,70

3,03 / 3,03

2,76 / 2,79

Technische Ressourcen

2,91 / 3,06

2,78 / 2,85

3,06 / 2,88

2,90 / 2,92

(*jeweils unterteilt in Bezug auf die Anforderungen der CSRD / CSDDD; 1 = sehr hoch, 2 = hoch, 3 = mittel, 4 = gering, 5 = sehr gering)

Zusammenarbeit der Parteien

Tabelle 3 verdeutlicht Kooperations- und gegenseitige Entlastungspotenziale bezüglich der Erfüllung der Anforderungen aus der CSRD und CSDDD auf. Im Wesentlichen ist hervorzuheben, dass ein verbesserter Informationsaustausch und Kommunikation zwischen allen drei Instanzen die Zusammenarbeit verstärken können. Des Weiteren bestehen Möglichkeiten einer jeweils bilateralen Zusammenarbeit, bei der sich die Parteien zum Beispiel gegenseitig entlasten, indem sie Risiken, Prüfungsbereiche oder -schwerpunkte koordinieren oder abgestimmte Prüfungen der internen Corporate-Governance-Systeme durchführen. Dem Aufsichtsrat wird innerhalb des Dreiergespanns eine besondere Rolle zugeschrieben, da dieser auf der einen Seite nur begrenzte Möglichkeiten besitzt, die anderen beiden Parteien operativ zu entlasten, auf der anderen Seite jedoch in hohem Maße auf die Unterstützung der beiden anderen Parteien angewiesen ist. Er übernimmt somit die Rolle eines verantwortlichen Koordinators der ESG-Überwachung, während Wirtschaftsprüfer und Interne Revision in einer Unterstützungsfunktion für den Aufsichtsrat agieren und anstreben sollten, sich dabei gegenseitig zu entlasten.

Die Studie offenbarte jedoch auch Herausforderungen und Grenzen in der konkreten Zusammenarbeit. Es sind signifikante Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen der Parteien zu erkennen, wobei jede Partei ihre eigene Leistung tendenziell positiver bewertet als die anderen und versucht, die Verantwortung für die neuen ESG-Überwachungspflichten bis zu einem gewissen Grad auf die jeweils anderen Instanzen abzuschieben. Dies könnte auf Selbstüberschätzung, mangelnde Selbstreflexion oder Opportunismus zurückzuführen sein. Einstellungen dieser Art könnten nicht nur den Kompetenzaufbau gefährden, sondern auch Aversionen innerhalb des dreiseitigen Beziehungsgeflechts fördern und somit eine effektive und effiziente Kooperation beeinträchtigen.

Tabelle 3: Zusammenarbeit der drei Parteien

Aufsichtsrat

Wirtschaftsprüfer

Nutzen der Arbeit des AR für die Effektivität und Effizienz des WP mit Bezug zu ESG-Regularien

2,78

2,63

Entlastungspotenzial für Wirtschaftsprüfer

3,34

2,93

Nutzen der Arbeit des WP für die Effektivität und Effizienz des AR mit Bezug zu ESG-Regularien

2,02

1,88

Entlastungspotenzial für Aufsichtsrat

2,22

1,96

Aufsichtsrat

Interne Revision

Nutzen der Arbeit des AR für die Effektivität und Effizienz der IR mit Bezug zu ESG-Regularien

2,75

3,15

Entlastungspotenzial für Interne Revision

3,53

3,48

Nutzen der Arbeit der IR für die Effektivität und Effizienz des AR mit Bezug zu ESG-Regularien

2,44

2,44

Entlastungspotenzial für Aufsichtsrat

2,50

2,64

Wirtschaftsprüfer

Interne Revision

Nutzen der Arbeit des WP für die Effektivität und Effizienz der IR mit Bezug zu ESG-Regularien

2,40

3,06

Entlastungspotenzial für Interne Revision

2,78

3,06

Nutzen der Arbeit der IR für die Effektivität und Effizienz des WP mit Bezug zu ESG-Regularien

2,70

2,58

Entlastungspotenzial für Wirtschaftsprüfer

2,89

2,67

(1 = sehr hoch, 2 = hoch, 3 = mittel, 4 = gering, 5 = sehr gering)

Fazit

Die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer und Interner Revision gewinnt angesichts der CSRD und CSDDD an Bedeutung. Durch die Koordinierung von Prüfungsschwerpunkten bei der (gemeinsamen) Überwachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD und der Überwachung der Einhaltung von nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten nach der CSDDD könnte unter anderem eine Zusammenarbeit intensiviert werden, die zudem eine signifikante Verbesserung der umwelt- und sozialbezogenen Kompetenzen und Ressourcen erfordert. Insbesondere umweltbezogene Expertise dürfte durch das erforderliche technische und naturwissenschaftliche Know-how bei den Parteien häufig nur begrenzt vorhanden sein, sodass die Beauftragung externer Umweltgutachtern einen positiven Einfluss auf die Überwachungsqualität nehmen könnte. Der EU-Richtliniengeber könnte zukünftig in Anlehnung an die bereits vorhandenen Vorschriften zur Finanz- und Branchenexpertise spezifische Expertise in Umwelt- und Sozialaspekten im Aufsichtsrat vorsehen. Zudem sollte eine zwingende Prüfung der internen Corporate-Governance-Systeme durch den Wirtschaftsprüfer sowie eine regelmäßige Überwachung der ESG-Managementsysteme durch die Interne Revision forciert werden, um die Überwachungsqualität hinsichtlich ESG-Aspekten zu stärken.

Literaturhinweis:
Velte/Wehrhahn (2024). Kooperation zwischen Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer und Interner Revision. Empirische Befunde zum Einfluss von CSRD und CSDDD. Der Aufsichtsrat 21: 343-36.

Schlagworte zum Thema:  CSRD, Nachhaltigkeitsberichterstattung