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Auf einen Blick:

Bei einer Zusammenveranlagung wird die Progressionswirkung des Tarifs gemildert. Dazu wird der Steuer(-Grund-)tarif (§ 32a Abs 1 EStG) auf die Hälfte des gemeinsamen zvE der Ehegatten angewendet und die sich ergebende Steuer verdoppelt (§ 32a Abs 5 EStG).

A. Splitting für Ehegatten und Lebenspartner

 

Rz. 1

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

Bei der Zusammenveranlagung von > Ehegatten und für eingetragene > Lebenspartner (§§ 26, 26b EStG ggf iVm § 2 Abs 8 EStG; > Ehegattenbesteuerung Rz 1, 25–34) berechnet sich die tarifliche ESt nach dem Splitting-Verfahren (§ 32a Abs 5 EStG). Beim Splitting wird die ESt von der Hälfte des gemeinsam zu versteuernden > Einkommen der Ehegatten/Lebenspartner nach dem Grundtarif (§ 32a Abs 1 EStG) ermittelt und dieser Steuerbetrag sodann verdoppelt (§ 32a Abs 5 EStG). In der heutigen Praxis wird der gesuchte Steuerbetrag innerhalb der maschinellen Lohnabrechnung mit Hilfe einer elektronischen Rechenformel ermittelt (> Lohnsteuertarif Rz 1); manuell lässt er sich in einer sog Splittingtabelle ablesen.

 

Rz. 1/1

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

Das Splitting mildert die Progressionswirkung des Tarifs bereits beim LSt-Abzug (> Rz 10).

 

Beispiel:

Ein ArbN-Ehepaar, beide in allen Zweigen sozialversichert, bezieht 2022 Monatslöhne (nach Abzug etwaiger Freibeträge) von 3 000 EUR und 1 700 EUR.

Bei Besteuerung nach der Grundtabelle (also ohne Milderung durch das Splittingverfahren) – das entspricht für beide Ehegatten Steuerklasse IV – beträgt die monatliche Gesamtbelastung 467,16 EUR.

Mit Splittingtarif – das entspricht Steuerklasse III/V – beträgt die monatliche Gesamtbelastung 393,91 EUR.

Der Splittingeffekt ist bei Alleinverdiener-Ehen/Lebenspartnerschaften – im Vergleich mit einem Alleinstehenden – am größten. Haben dagegen beide Ehegatten/Lebenspartner etwa gleich hohe Besteuerungsgrundlagen, so führt der Splittingtarif zu keinem anderen Ergebnis, als wenn man den Grundtarif auf das zu versteuernde Einkommen eines jeden der Ehegatten/Lebenspartner anwenden würde. Zur Wahl der günstigsten Steuerklassen > Steuerklassenwahl, > Steuerklassenwechsel; ergänzend > Anh 2 Steuerklassenwahl.

 

Rz. 1/2

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

Das Splitting-Verfahren gewährleistet, dass die steuerliche Gesamtbelastung zweier Stpfl durch die Eheschließung – oder der bis zum 30.09.2017 möglichen Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (> Lebenspartner Rz 2) – nicht höher wird (vgl BVerfG vom 17.01.1957 – 1 BvL 4/54, BStBl 1957 I, 193), denn durch die Progression des ESt-Tarifs (> Lohnsteuertarif Rz 4 ff) steigt die steuerliche Belastung, wenn zwei bis dahin allein besteuerte Personen heiraten, die Zusammenveranlagung wählen und deshalb ihre gemeinsamen Einkünfte dem Grundtarif unterworfen werden (vgl § 26b EStG). Das Splitting entspricht nach dieser Sichtweise dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (> Existenzminimum Rz 1). Es beruht auf dem Gedanken, dass zusammenlebende Eheleute/Lebenspartner – > Typisierende Betrachtungsweise vorausgesetzt – eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs bilden, in denen ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des Anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teilhat (BVerfG vom 03.11.1982 – 1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80, BStBl 1982 II, 717 [726]).

Allein schon rechtlich ist diese Betrachtung aber nicht konsequent umgesetzt; etwa bei Vereinbarung von Gütertrennung müsste Splitting demnach eigentlich ausgeschlossen sein. Die für das Splitting-Verfahren vorgebrachte Argumentation überzeugt insoweit uE mithin nicht; ergänzend > Ehegattenbesteuerung Rz 45.

Es steht den Ehegatten/Lebenspartnern allerdings auch frei, anstelle der Zusammenveranlagung die Einzelveranlagung zu wählen (vgl § 26 Abs 1 Satz 1 EStG; > Ehegattenbesteuerung Rz 35–44, 45f).

 

Rz. 2

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

Das Splitting ist (gleichwohl; > Rz 1/2) nach bisheriger Rechtsprechung eine verfassungsmäßige Form der Besteuerung unbeschränkt steuerpflichtiger Ehegatten/Lebenspartner (vgl Art 3, 6 GG; BFH 84, 58 = BStBl 1966 III, 20). Es soll keine Steuervergünstigung sein und nicht zur uneingeschränkten Disposition des Gesetzgebers stehen.

Der Ausschluss des Splittingtarifs für eingetragene > Lebenspartner verstieß gegen das GG (BVerfG vom 07.05.2013, BStBl 2013 I, 898; > Ehegattenbesteuerung Rz 4/4). Sie wurden deshalb durch einen Generalverweis in § 2 Abs 8 EStG rückwirkend ab 2001 für alle noch offenen Verfahren gleichgestellt.

 

Rz. 3

Stand: EL 134 – ET: 06/2023

Der Splittingtarif ist nicht anzuwenden bei > Dauernd getrennt lebende Ehegatten/Lebenspartnern (vgl BFH 109, 363 = BStBl 1973 II, 640; BFH/NV 2003, 157, EFG 2010, 1769) sowie für > Alleinstehende mit oder ohne Kinder (EFG 2012, 2118; BFH/NV 2013, 362); dies ist verfassungsgemäß (BVerfG vom 03.11.1982 [> Rz 1/2]; BFH 255, 252 = BStBl 2017 II, 259 – VerfB nicht zur Entscheidung angenommen; EFG 2021, 463 – Rev, BFH VIII R 32/20). Unterhaltsleistungen an den getrennt lebenden Ehegatten/Lebenspartner werden jedoch als > Sonderausgaben im Wege des Realsplittings o...

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