Zusammenfassung

 

Auf einen Blick:

Das den Berechtigten monatlich ausgezahlte Kindergeld (KiG) ist ein Element des steuerlichen Familienleistungsausgleichs (vgl § 31 EStG) und keine Sozialleistung wie es zB das BKGG kennt. Es berücksichtigt in pauschaler Form das steuerliche Existenzminimum eines Kindes während des laufenden Kalenderjahres. Bei der nachfolgenden Veranlagung passen Freibeträge für Kinder die steuerliche Entlastung den individuellen Verhältnissen des Berechtigten an.

Dieses Stichwort erläutert die §§ 62 bis 78 EStG, die den Anspruch auf Kindergeld und seine Zahlung regeln. Die in § 32 EStG geregelten Voraussetzungen für eine Berücksichtigung als ‚Kind’ werden beim Stichwort "Kinderfreibeträge" dargestellt. Auf die im BKGG sowie im SGB II vorgesehenen Sozialleistungen für Kinder wird hingewiesen.

A. Allgemeines zum Kindergeld als Steuervergütung

I. Einführung

 

Rz. 1

Stand: EL 112 – ET: 05/2017

Eltern verwenden einen Teil ihres Einkommens für den Unterhalt ihrer Kinder. Auf den notwendigen Lebensbedarf darf der Staat nicht zugreifen. Dem Gesetzgeber steht es aber frei, ob er das sog > Existenzminimum von Kindern bei der Besteuerung der Eltern durch Kinderfreibeträge berücksichtigt oder ob er es in anderer Weise, zB durch ein KiG, sichert (BVerfG vom 29.05.1990, NJW 1990, 2869). Der Gesetzgeber regelt diesen Bereich seit 1996 durch den Familienleistungsausgleich des § 31 EStG. Dazu kritisch Haupt/Becker, DStR 2015, 1529. Eine Äußerung des BFH ist zu III R 62/13 zu erwarten. Zur verfassungsrechtlichen Lage und zur Rechtsentwicklung beim Kinderleistungsausgleich wird ergänzend auf > Kinderfreibeträge Rz 1 – 29 verwiesen. Das folgende Stichwort "Kindergeld" enthält ergänzend die Darstellung der Anspruchsvoraussetzungen und Zahlung von KiG, mit dem für die meisten Familien das steuerliche Existenzminimum abgegolten wird. Zur Dienstanweisung des BZSt an die Familienkassen > Rz 9/3.

 

Rz. 2

Stand: EL 112 – ET: 05/2017

KiG kann erhalten, wer "Berechtigter" iSv § 62 EStG ist (> Rz 10 ff), mindestens ein Kind iSv § 63 EStG hat (> Rz 15 ff) und das KiG beantragt (> Rz 50 ff), wenn ihm kein Anspruch anderer Berechtigter vorgeht (zu § 64 EStGRz 25 ff) und keine anderen vergleichbaren Leistungen für Kinder (§ 65 EStG) dem Anspruch entgegenstehen (> Rz 30 ff).

Das monatliche KiG beträgt

 
  für 2015 für 2016 für 2017 für 2018
für das 1. und 2. Kind 188 EUR 190 EUR 192 EUR 194 EUR
für das 3. Kind 194 EUR 196 EUR 198 EUR 200 EUR
für das 4. und weitere Kinder 219 EUR 221 EUR 223 EUR 225 EUR

Das KiG ist übrigens steuerfrei, weil diese Steuervergütung nicht zu den besteuerbaren Einkunftsarten iSv § 2 Abs 1 EStG gehört; eine besondere Steuerbefreiung in § 3 EStG ist deshalb entbehrlich.

II. Rechtsentwicklung

 

Rz. 3

Stand: EL 112 – ET: 05/2017

KiG wurde von 1955 bis 31.03.1961 nur für das dritte Kind und für weitere Kinder unabhängig vom Einkommen und Vermögen des Empfängers gewährt. Vom 01.04.1961 bis 31.12.1974 wurde schon für das zweite Kind KiG gezahlt, für das eine Einkommensgrenze galt. Von 1975 bis 1995 sah das BKGG – unabhängig vom Einkommen des Berechtigten – schon ab dem ersten Kind ein einheitliches KiG als Sozialleistung vor. Für das zweite und jedes weitere Kind gab es unterschiedlich hohes KiG, das sich je nach Jahreseinkommen des Berechtigten und seines Ehegatten auf bestimmte Sockelbeträge verminderte. Berechtigte mit geringem Einkommen erhielten ab 1986 einen Zuschlag zum KiG. KiG wurde grundsätzlich für Kinder unter 16 Jahren (vor 1982: 18 Jahre) und unter bestimmten Voraussetzungen auch für ältere Kinder gezahlt. Für Kinder ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz wurde die Altersgrenze ab 1985 von 18 auf 21 Jahre angehoben.

 

Rz. 4

Stand: EL 112 – ET: 05/2017

Ab 1996 entwickelt das JStG 1996 vom 11.10.1995 (BGBl 1995 I, 1250 = BStBl 1995 I, 438) ausgehend vom Beschluss des BVerfG vom 29.05.1990 (NJW 1990, 2869 = DB 1990, 1492) den bisherigen Familienlastenausgleich zum Familienleistungsausgleich fort, der aus einer Verknüpfung von steuerlichen Freibeträgen für Kinder und dem KiG besteht (vgl §§ 31 – 32, §§ 62ff EStG). Zu den Einzelheiten > Kinderfreibeträge Rz 8 ff. Das BKGG (> Anh 13.1) regelt seit 1996 nur noch einige Sonderfälle (> Rz 97 ff). Beim LSt-Abzug vom Arbeitslohn sowie bei den Vorauszahlungen zur ESt wird ein Kinderfreibetrag grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt. Stattdessen erhalten die unbeschränkt steuerpflichtigen Berechtigten (§ 62 EStG; > Rz 10 ff) für ihre im Inland lebenden Kinder (§ 63 EStG; > Rz 15 ff) im Laufe des Kalenderjahres nur noch KiG. Um das KiG als Steuervergütung gewähren zu können (vgl § 31 EStG), war es erforderlich, das EStG in den §§ 62 bis 78 um Regelungen über die Leistung von KiG zu erweitern.

 

Rz. 5

Stand: EL 108 – ET: 01/2016

Die monatliche Auszahlung des KiGs oblag 1996 bis 1998 den ArbG. Dies stieß auf erheblichen Widerstand der betroffenen Privatwirtschaft und verfassungsrechtliche Bedenken (vgl BFH 186, 253 = BStBl 1998 II, 517 mwN). § 73 EStG wurde deshalb mit dem StEntlG 1999/2000/2001 vom 24.03.1999 (BGBl 1999 I, 402 = BStBl 1999 I, 403) aufgehoben. Seit 1999 zahlen di...

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