Nutzungsausfall für eine 52 Tage dauernde Reparatur

Ein Unfallopfer machte eine Nutzungsausfallentschädigung von 52 Tagen geltend. Coronabedingt habe die Reparatur so lange gedauert. Ob diese Forderung gerechtfertigt ist, dazu hat sich das Amtsgericht Bautzen geäußert.

Der Eigentümer eines Citroen hatte mit seinem Fahrzeug einen Verkehrsunfall. Die Schuldfrage war unstrittig und somit die Alleinhaftung des anderen Autofahrers. Zu einem Rechtsstreit kam es u.a. wegen der Nutzungsausfallentschädigung. Der Citroen-Fahrer machte diese für 52 Tage geltend. Entsprechend belief sich die Forderung auf 2.600 Euro (50 Euro pro Tag).

Versicherer des Unfallverursachers wollte nur für 17 Tage Nutzungsausfall zahlen

Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers wollte die Nutzungsausfallentschädigung nur für 17 Tage zahlen, also lediglich 850 Euro.

Der Kläger rechtfertigte die lange Dauer des Nutzungsausfalls damit, dass es bei der Reparatur coronabedingt zu Verzögerungen bei der Lieferung von Ersatzteilen aus Frankreich gekommen sei. Der Weg zur Arbeit sei für ihn während der Reparaturzeit schwierig gewesen. Er sei darauf angewiesen gewesen, mit Kollegen oder Familienmitgliedern mitzufahren. Teilstrecken habe er auch mit dem Fahrrad zurückgelegt.

Unfallopfer hat sich regelmäßig nach Fortschritt der Reparaturarbeiten erkundigt

Während der Reparaturzeit habe er sich regelmäßig nach dem Fortschritt der Arbeiten erkundigt und eine schnelle Erledigung angemahnt.

Das Amtsgericht Bautzen entschied, dass der Citroen-Fahrer Anspruch auf 52 Tage Nutzungsausfallentschädigung hat. Der Kläger wollte das Fahrzeug für seinen Arbeitsweg nutzen und hätte es ohne den Unfall auch nutzen können. 50 Euro pro Tag seinen ortsüblich und angemessen.

Gericht: Kein Verstoß gegen Schadensminderungspflicht – trotz der extrem langen Reparaturdauer

Das Gericht sah – trotz der extrem langen Reparaturdauer – keinen Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit des Klägers nach § 254 Abs. 1 BGB. Grundsätzlich sei der Geschädigte zwar verpflichtet, sich nach dem Grund für eine außergewöhnlich lange Reparaturzeit zu erkundigen. Wenn sich Zweifel aufdrängten, dass die gewählte Werkstatt die Reparaturleistung in angemessener Zeit erbringen könne, müssten Geschädigte sich auch nach einem alternativen Reparaturbetrieb umsehen (OLG Saarbrücken, Urteil v. 23.03.2010, 4 U 504/09).

Auskunft zu coronabedingten Lieferschwierigkeiten war plausibel

Durch sein wöchentliches Nachfragen bei der Werkstatt zu Fortschritt und Dauer der Reparatur habe der Kläger aber diesen Anforderungen Genüge getan. Ihm sei gesagt worden, dass es coronabedingt zu Lieferschwierigkeiten komme, weil zahlreiche Produktionsstätten nicht mehr in Betrieb seien. Mit diesem Verhalten sei er seiner Schadensminderungspflicht nachgekommen.

Dass ein bestimmter Großhändler deutlich früher Ersatzteile für das Fahrzeug hätte liefern können, sei unerheblich. Denn es sei nicht entscheidend, ob die vom Kläger beauftragte Werkstatt den Reparaturauftrag bei entsprechendem Engagement schneller hätte erledigen können, weil diese nicht als dessen Erfüllungsgehilfe gegenüber dem Beklagten tätig wurde, §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 BGB.

Vom Unfallopfer kann keine umfassende, deutschlandweite Marktrecherche erwartet werden

Es sei vielmehr auf die Erkenntnis- und Handlungsmöglichkeiten des Klägers selbst abzustellen. Eine deutschlandweite Marktrecherche könne von ihm nicht erwartet werden. Er dürfte sich damit begnügen, regelmäßig bei der Werkstatt nachzufragen und plausible Antworten zu bekommen. Schließlich habe es für den Citroen-Fahrer keine konkreten Anhaltspunkte gegeben, an der Kompetenz der Werkstatt zu zweifeln.

(AG Koblenz, Urteil v. 26.10.2021, 144 C 126/21)

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