1. Überblick.

 

Rn 10

Jeder WEigtümer ist Miteigentümer und Mitbesitzer (§ 866 BGB) des gemE, an dem ihm ein Bruchteil als nach § 6 I untrennbarer Teil seines Wohnungseigentums zusteht. Auch das gemE ist – isoliert betrachtet – Eigentum iSv § 903 BGB. Zwischen den WEigtümern besteht nach Ansicht des BGH für das gemE gem § 14 I Nr 1 iVm § 241 II BGB eine ›Schutz- und Obhutspflicht‹ (BGH ZMR 14, 626 Rz 13; s.a. Vorb Vor §§ 1–49 Rn 16). § 906 BGB wird zwischen den WEigtümern für die Frage, welches Maß an Störung noch hinzunehmen ist, durch §§ 13–15 verdrängt (Ddorf NJW 08, 2194, 2196). Er kann in geeigneten Fällen aufgrund seiner Leitbildfunktion aber einbezogen werden (Vor §§ 1–49 Rn 34; Frankf NJW-RR 06, 517, 518; BayObLG NZM 05, 69 [BayObLG 12.08.2004 - 2 Z BR 148/04]). Im Verhältnis eines WEigtümers zu dem Mieter (§ 15) seines Miteigentümers gilt nichts anderes.

2. Gegenstand (§§ 1 V, 5 II, III).

 

Rn 11

Nach § 1 V iVm § 5 II, III sind grds gemE:

  • Das Grundstück, damit also sämtliche Außenflächen, zB Atrien, Gärten, Innenhöfe (§ 5 Rn 4 ›Innenhof‹), Kfz-Stellplätze, auch unter einem ›Carport‹ (BayObLG NJW-RR 86, 761 [BayObLG 06.02.1986 - 2 Z 70/85]), Müllstandsplätze, Spielplätze, Straßen, Terrassen (KG ZWE 15, 118; Köln DNotZ 82, 753 [OLG Köln 21.04.1982 - 2 Wx 13/82]), Wege, und seine wesentlichen Bestandteile iSv §§ 93 ff, 946 BGB, zB Bäume (BGH NZM 16, 363 [BGH 17.03.2016 - V ZR 185/15] Rz 5). Auch einem SNR (§ 13 Rn 25 ff) unterliegende Flächen sind gemE. Seit dem 1.12.20 können allerdings auch Außen-Stellplätze (§ 3 I 2) zu SonderE erklärt werden. Ferner kann das SonderE an einem Raum auf Außenflächen erstreckt werden (§ 3 II).
  • Das oder die darauf stehenden Gebäude (auch solche, die nicht bewohnbar sind oder bewohnt werden) nebst sämtlichen Räumen (§ 5 Rn 2 ff) und sämtlichen wesentlichen Gebäudebestandteilen iSv §§ 93 ff, 946 BGB, zB das Dach, sowie Anlagen und Einrichtungen, soweit nicht an Räumen nach §§ 3 I, 8 I iVm § 5 I–III zulässigerweise mit der Folge des § 5 I SonderE begründet wurde. Auch die Mauern, die SonderE verschiedener Eigentümer trennen, sind gemE (Rn 30).

Kein gemE ist das Gemeinschaftsvermögen (§ 9a III); dieses gehört der GdW. Nutzen 2 WE-Anlagen dasselbe Treppenhaus, steht dieses nicht im gemE. (Gedachte) Trennlinie ist die gemeinsame, durch das Treppenhaus verlaufende Grundstücksgrenze; §§ 921, 922 BGB sind entspr anwendbar (Schlesw ZMR 07, 726; München NZM 06, 344; § 921 BGB Rn 18).

3. Inhalt.

 

Rn 12

Inhalt und Rechte am gemE bestimmt § 10 iVm §§ 903, 741 ff, 1011 BGB. Am gemE steht jedem WEigtümer gem § 16 I ein (bloßes) Mitgebrauchs- und ein Mitnutzungsrecht zu. Zur Vermietung des gemE s § 535 BGB Rn 89; zu ›Umwandlungsfällen‹ s § 566 BGB Rn 20 ff.

4. Schutz.

 

Rn 13

Der Schutz des Miteigentums als Eigentum folgt neben Art 14 GG aus §§ 861, 862, 1004 BGB (BGH ZMR 20, 202 Rz 12 ff) und/oder aus § 14 I Nr 1. Er ist nach § 14 I Nr 1 und § 9a II Sache der GdW. Wird das Wohnungseigentum zB durch einen unzulässigen Gebrauch beeinträchtigt, kann die GdW gem § 985 BGB Herausgabe verlangen. Dieser Anspruch unterliegt gem § 902 I 1 BGB nicht der Verjährung (BGH NJW 13, 1962 [BGH 12.04.2013 - V ZR 103/12] Rz 13). Der Anspruch aus § 1004 BGB kann verjähren, hindert aber nicht den Beschl, die Beseitigung auf Kosten aller WEigtümer vorzunehmen (BGH ZMR 20, 43 Rz 7). Eine Verwirkung kommt in Betracht, wenn die Herausgabe für den Besitzer ›schlechthin unerträglich‹ ist (BGH NJW 07, 2183 [BGH 16.03.2007 - V ZR 190/06] Rz 7). Der einzelne Miteigentümer ist wegen § 9a II nicht berechtigt, das Miteigentum gegen Dritte zu schützen und Beeinträchtigungen abzuwehren. Bestehen Schadenersatzansprüche, ist auch zu deren Durchsetzung nach §§ 9a II die GdW berufen, soweit nicht ein WEigtümer ›zurück-‹ermächtigt ist (so in BGH ZMR 11, 968).

5. Verfügungen.

 

Rn 14

Verfügungen – ein Rechtsgeschäft, durch das der Verfügende auf ein Recht unmittelbar einwirkt, es also entweder auf einen Dritten überträgt oder mit einem Recht belastet oder das Recht aufhebt oder es auf andere Weise in seinem Inhalt verändert – über das gemE unterfallen weder § 19 I noch § 10 I 2 (BGH NJW 13, 1962 [BGH 12.04.2013 - V ZR 103/12] Rz 9) noch § 9a II (§ 9a Rn 16). Sie bedürfen der Mitwirkung aller WEigtümer in Form des § 873 BGB (BGH NJW-RR 19, 914 [BGH 17.01.2019 - V ZB 81/18] Rz 21; BGH v 20.1.23 – V ZR 65/22, Rz 9; Karlsr FGPrax 23, 12 [OLG Köln 17.01.2023 - 2 Wx 2/23]). Von Dritten zu verklagen sind die WEigtümer (BGH NJW 91, 333). Diese können ggü Dritten nicht durch Beschl auf Eigentümerrechte am gemE verzichten, zB durch Akzeptieren einer Abstandsunterschreitung (unzutreffend daher BGH ZMR 10, 210). Die GdW, vertreten durch den Verw, kann zB nicht durch Beschl ermächtigt werden, gemE aufzulassen (München ZMR 10, 706). Eine Vormerkung zur Sicherung eines Verfügungsanspruchs kann nur an sämtlichen Wohnungseigentumsrechten eingetragen werden (Ddorf ZWE 13, 208; BayObLG DNotZ 02, 784).

 

Rn 15

Soll eine Teilfläche veräußert werden, müssen im Bereich der abzutrennenden Teilfläche bestehende SonderE-Rechte aufgehoben und etwa ents...

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