Gesetzestext

 

(1) Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.

(2) Die Verjährungsfrist des Anspruchs beginnt mit dem Erbfall.

A. Zweck/Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Norm dient dem Schutz des Vertragserben, da dem Erblasser Rechtsgeschäfte unter Lebenden möglich bleiben (§ 2286) und er sein Vermögen beliebig mindern kann. Als Sonderregelung für Schenkungen regelt § 2287 diesen Fall abschließend. § 826 ist insoweit ausgeschlossen (BGH NJW 89, 2389). Für rechtsgrundlose Zuwendungen wird die Anwendung des § 2287 neben den §§ 812 ff erwogen (MüKo/Musielak Rz 7). Beim pflichtteilsberechtigten Vertragserben kommt ein Anspruch nach § 2329 gegen den Beschenkten in Betracht. Zu § 138 vgl § 2286 Rn 4; BGH NJW 81, 1952 [BGH 30.04.1981 - IVa ZR 129/80]. Der Anspruch aus § 2287 gehört als rein persönlicher Anspruch nicht zum Nachlass (BGH ZEV 21, 445 [BGH 10.03.2021 - IV ZR 8/20] Rz 13), dh er muss von jedem Miterben in Höhe seiner Quote geltend gemacht werden. Im Erbvertrag kann der Anspruch uneingeschränkt ausgeschlossen werden (Köln ZEV 03, 76 [OLG Köln 25.10.2001 - 18 U 99/01]; München ZEV 05, 61, 63). Der Vertragserbe kann auf den Herausgabeanspruch verzichten (OHGE 2, 169) oder, entspr dem Erbverzicht in notarieller Form (§ 2348; vgl BGH NJW 89, 2618 [BGH 12.07.1989 - IVa ZR 174/88]; aA RGZ 134, 325), in Schenkungen des Erblassers einwilligen; bei Formmangel ist § 2287 nicht ausgeschlossen, kann aber der Arglisteinwand greifen (Ddorf ZEV 17, 645 [OLG Düsseldorf 21.04.2017 - I - 7 U 12/16] Rz 26).

 

Rn 2

Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist § 2287 (auch § 2288) auf bindend gewordene wechselbezügliche Verfügungen entspr anwendbar (BGH ZEV 21, 445 [BGH 10.03.2021 - IV ZR 8/20] Rz 12; 28.9.16 – IV ZR 513/15 Rz 7), nicht jedoch, wenn der Ehegatte des Schenkers zur Zeit der Schenkung noch lebte, weil dann die wechselseitige Verfügung des Erblassers noch nicht bindend geworden war (BGH NJW 83, 1487; krit v Dickhuth-Harrach FamRZ 05, 322, 324 ff mwN).

B. Anspruchsberechtigter.

 

Rn 3

Berechtigt ist der einzelne Vertragserbe. Er erwirbt den Anspruch mit Anfall der Erbschaft, mithin mit dem Tod des Erblassers (§§ 1922 I, 1942 I). Bei Ausschlagung der Erbschaft entfällt der Anspruch aus § 2287 rückwirkend (vgl § 1953). Ein vertraglicher Miterbe kann den nicht in die gesamthänderische Bindung fallenden Anspruch bei Teilbarkeit (sonst: § 432) des Gegenstandes nur zu einem seiner Erbquote entspr Bruchteil, nicht insgesamt geltend machen (§§ 741 ff, 420; vgl BGH NJW 89, 2389, 2391).

C. Anspruchsgegner.

 

Rn 4

Der Anspruch richtet sich grds nur gegen den Beschenkten (bzw dessen Erben; BGH 20.11.13 – IV ZR 54/13 Rz 21). Gegen den Erblasser bestehen grds keine Ansprüche (Vor § 2274 Rn 1). Ein Anspruch aus §§ 812 I 2, 818 f ist denkbar, zB, macht der Vertragserbe Aufwendungen auf ein Grundstück des Erblassers, das dieser vertragswidrig an Dritte veräußert.

D. Schenkung.

 

Rn 5

Sie ist iSd §§ 516 ff (dazu BGH 18.10.11 – X ZR 45/10) zu verstehen (BGH NJW 82, 43; FamRZ 07, 1649; 28.9.16 – IV ZR 513/15 Rz 8). Trotz Beeinträchtigungsabsicht ist sie wirksam (BGH NJW 73, 240, 242 [BGH 05.07.1972 - IV ZR 125/70]). Sie muss nach dem Abschluss des Erbvertrags erfolgt sein. Sonst wäre kein Vertragserbe beeinträchtigt (Rn 7). Ob eine Schenkung vorliegt, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes (BGH FamRZ 64, 431; 28.9.16 – IV ZR 513/15 Rz 16). Sie wird bei einem auffallenden Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vermutet (BGH NJW 72, 1709 f [BGH 21.06.1972 - IV ZR 221/69]; 82, 43 [BGH 23.09.1981 - IVa ZR 185/80]; 92, 558 [BGH 27.11.1991 - IV ZR 266/90]). Die Zuwendung kann stammen aus dem Vermögensstamm und auch aus -erträgen oder Einkommen, doch ist hier Missbrauch (Rn 8) eher zu verneinen. Keine Schenkung, sondern Leihe ist die Einräumung eines unentgeltlichen schuldrechtlichen Wohnrechts (BGH FamRZ 07, 1649; aA Mayer ZEV 08, 192).

 

Rn 6

§ 2287 unterfallen auch die Schenkung unter Auflage und die gemischte Schenkung (BGH NJW 73, 240, 241 [BGH 05.07.1972 - IV ZR 125/70]), verschleierte Schenkung (BGH FamRZ 61, 72, 73), bei der die Gegenleistung nur vorgespiegelt wird, Ausstattungsschenkung (§ 1624 I), vollzogene (sonst: § 2289 I) Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 II), Schenkungsversprechen (§ 518; Celle MDR 48, 142, 144; Soergel/Wolf Rz 4; aA MüKo/Musielak Rz 3), und unbenannte Zuwendungen an Ehegatten (hM BGH NJW 92, 564; NJW-RR 96, 133; FamRZ 07, 1649). Diese sind entgeltlich, wenn sie unterhaltsrechtlich geschuldet sind oder ihnen konkrete Gegenleistungen gegenüberstehen (BGH NJW 92, 564 [BGH 27.11.1991 - IV ZR 164/90]). Erfasst ist auch die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt, da dieser keine Gegenleistung ist (BGH NJW 84, 121, 122 [BGH 28.09.1983 - IVa ZR 168/82]). Dingliche Belastungen mindern aber von vornherein d...

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