Gesetzestext

 

(1) 1Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. 2Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.

(2) Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.

(3) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

A. Zweck.

 

Rn 1

§ 2329 setzt einen Erbfall und einen Anspruch eines Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben nach § 2325 voraus. Die §§ 2325, 2329 sind dem Grunde nach gleich (BGH NJW 74, 1327 [BGH 29.05.1974 - IV ZR 163/72]). In Ergänzung zu § 2325 haftet nach § 2329 subsidiär der Beschenkte mit dem erlangten Geschenk, wenn der Erbe zur Ergänzung nicht verpflichtet ist. Anders als der Anspruch gegen den Erben ist der gegen den Beschenkten keine Nachlassverbindlichkeit. Eine Haftungsbeschränkung nach §§ 305, 780 ZPO kann sich nur der Erbe, nicht der Beschenkte vorbehalten lassen. Diesem steht auch keine Stundungsmöglichkeit nach § 2331a zu (MüKo/Lange Rz 1). Ist der Vertragserbe pflichtteilsberechtigt, geht bei ihn beeinträchtigenden Schenkungen sein Anspruch aus § 2287 dem aus § 2329 vor (BGH NJW 90, 2063 [BGH 04.04.1990 - IV ZR 344/88]; hL: Wahlrecht). Der Beschenkte hat dem Berechtigten, der nicht Erbe ist, analog § 2314 Auskunft zu geben, wenn dieser sie nicht vom Erben erhalten hat (§ 2314 Rn 5; BGH NJW 85, 384 [BGH 03.10.1984 - IVa ZR 56/83]). Kein Anspruch besteht auf Wertermittlung gegen den Beschenkten auf dessen Kosten entspr § 2314 I 2 (§ 2314 Rn 19; BGH NJW 89, 2887 [BGH 19.04.1989 - IVa ZR 85/88]).

B. Anspruchsinhaber.

 

Rn 2

Gläubiger kann nur ein abstrakt Pflichtteilsberechtigter (vgl § 2303 Rn 24), nicht der nur fiktiv pflichtteilsberechtigte Ehegatten (vgl § 2325 Rn 2) wegen der vom Erben nicht zu befriedigenden Pflichtteilsergänzung (BGH NJW 07, 3207, 3209 [BGH 18.07.2007 - XII ZR 64/05]), sein. Mehrere sind Gesamtgläubiger (§ 428). Bei wertlosem oder zur Befriedigung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen nicht ausreichendem Nachlass kann auch der pflichtteilsberechtigte Miterbe in entspr Anwendung von § 2329 I 2 direkt gegen den Beschenkten vorgehen (BGH NJW 81, 1446, 1447 [BGH 19.03.1981 - IVa ZR 30/80]; Pentz MDR 98, 132, 134 [BSG 18.11.1997 - 2 RU 45/96]). Da der Ergänzungsanspruch pflichtteilsberechtigter Miterben primär eine Nachlassverbindlichkeit darstellt und sie nach I 1 den Beschenkten in Anspruch nehmen können, verneinen andere das Analogiebedürfnis (MüKo/Lange Rz 6; Staud/Olshausen Rz 19). Der eventuelle Ergänzungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Alleinerben (2326) richtet sich nach I 2 von Anfang an gegen den Beschenkten.

C. Anspruchsgegner.

 

Rn 3

Schuldner kann nur sein, wer eine Schenkung iSv § 2325, die nicht unter § 2330 fällt, vom Erblasser erhalten hat. Grds haftet von mehreren Beschenkten nur der, dessen Schenkung später vollzogen wurde (BGH NJW 83, 1485, 1486 [BGH 10.11.1982 - IVa ZR 29/81]); auf den Zeitpunkt des Schenkungsversprechens kommt es nicht an (Hamm NJW 69, 2148 [OLG Hamm 25.04.1969 - 6 U 300/68]). Für das beim Erbfall noch nicht vollzogene Schenkungsversprechen entscheidet der Zeitpunkt des Erbfalls (MüKo/Lange Rz 14). Der früher Beschenkte haftet nur insoweit, als dass der später Beschenkte nicht verpflichtet ist (III). Dabei kommt es nicht auf tatsächliche Zahlungsunfähigkeit, sondern eine fehlende rechtliche Zahlungsverpflichtung, zB wegen Wegfalls der Bereicherung (§ 818 III), an (BGH NJW 55, 1185 [BGH 04.06.1955 - IV ZR 183/54]; MüKo/Lange Rz 15; aA Staud/Olshausen Rz 57). Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Rechtshängigkeit des Ergänzungsanspruchs gegen den später Beschenkten (§ 818 IV) oder dessen Kenntniserlangung von der Verpflichtung (§ 819 I; vgl BGH aaO; BeckOKBGB/Müller Rz 5). Das gilt nicht nur, wenn der Anspruch auf Geld, sondern auch, wenn er auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist (BGH aaO; aA MüKo/Lange Rz 15); auf das Ergebnis der Vollstreckung kommt es nicht an (str, differenzierend Soergel/Dieckmann Rz 25). Ist der Beschenkte vor dem Erbfall gestorben, richtet sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen seine Erben (BGH NJW 81, 1446, 1447 [BGH 19.03.1981 - IVa ZR 30/80]). Ist der Erbe der Beschenkte, kann er gem § 2325 auf Zahlung in Anspruch genommen werden und sich insoweit die Haftung nach § 750 ZPO vorbehalten (RGZ 80, 135, 136). Soweit deshalb die Haftung entfällt, muss er nach § 2329 als Beschenkter ggf die Zwangsvollstreckung dulden; auf die ggf notwendige Klageumstellung, die keine unzulässige Klageänderung ist (BGH NJW 61, 870; 74, 1327 [BGH 29.05.1974 - IV ZR 163/72]), hat das Gericht gem § 139 ZPO hinzuweisen (BeckOKBGB/Müller Rz 3). Bei mehreren Geschenken an dieselbe Person gilt III entspr (Celle 14.11.13 – 6 U 31/13).

D. Subsidiarität.

 

Rn 4

Der Beschenkte haftet nur nachrangig (I: ›soweit‹; vgl Ddo...

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