Wann ist eine Rückkehr von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung möglich?
Krankenversicherungsfrei sind Arbeitnehmende, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet (allgemeine JAEG 2021: 64.350 Euro). Sie können wählen, ob sie eine bisher bestehende gesetzliche Krankenversicherung freiwillig fortsetzen oder zu einer privaten Krankenversicherung (PKV) wechseln. Aber wann ist nach dem Wechsel in die private Krankenversicherung wieder eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) möglich?
Zurück in die gesetzliche Krankenversicherung: Eintritt von Versicherungspflicht
Hat sich der krankenversicherungsfreie Arbeitnehmende für eine PKV entschieden, ist eine Rückkehr in die GKV nur bei Wiedereintritt von Versicherungspflicht möglich. Dies ist der Fall, wenn
- wegen einer Minderung des Arbeitsentgelts die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr überschritten wird (zum Beispiel bei einer Arbeitszeitreduzierung) oder
- das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt des Arbeitnehmenden die zu Beginn des neuen Kalenderjahres erhöhte Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr überschreitet.
Die Versicherungspflicht tritt in diesen Fällen jeweils mit dem Zeitpunkt des Unterschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze ein:
- Im 1. Fall ab dem Zeitpunkt der Entgeltminderung.
- Im 2. Fall ab 1. Januar des betreffenden Kalenderjahres. Hier kann der Arbeitnehmende die eintretende Versicherungspflicht durch einen Antrag auf Befreiung verhindern.
Wechsel von PKV in GKV: Vorübergehende Entgeltminderung
Die Versicherungsfreiheit endet grundsätzlich auch bei einer nur vorübergehenden Minderung des Arbeitsentgelts, es sei denn, die Entgeltminderung ist nur von kurzer Dauer. Für eine Entgeltminderung von nur kurzer Dauer kann nicht auf starre Zeitgrenzen zurückgegriffen werden. Sie ist in aller Regel jedoch anzunehmen, wenn die vorübergehende Minderung des Arbeitsentgelts nicht mehr als drei Monate ausmacht. Die Versicherungsfreiheit besteht bei einer zeitlich befristeten Minderung des Arbeitsentgelts infolge Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit oder im Rahmen einer Freistellung nach § 3 PflegeZG nicht fort, es sei denn, das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt aus der Teilbeschäftigung übersteigt die Jahresarbeitsentgeltgrenze.
Welche Besonderheiten in der Elternzeit zu beachten sind, lesen Sie hier.
Neue Beurteilung nach der Rückkehr zum ursprünglichen Einkommen
Nach der Rückkehr zu den ursprünglichen Einkommensverhältnissen ist erneut eine versicherungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen. Ergibt diese Beurteilung wieder ein Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze, endet die Versicherungspflicht jedoch nicht sofort, sondern frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres. Außerdem muss auch die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten werden.
Ausnahme Kurzarbeit und Wiedereingliederung
Ein bei vorliegender Versicherungsfreiheit nur vorübergehendes Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze, das ohne Auswirkungen auf den Versicherungsstatus bleibt, ist auf folgende Sachverhalte beschränkt:
- Kurzarbeit (Ausnahme: Bezug von Transferkurzarbeitergeld) und
- stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben.
In diesen Fällen bleibt der Versicherungsstatus für die Dauer des jeweiligen Tatbestandes unverändert.
Beispiel: Eine Arbeitnehmerin ist in einem Betriebsteil beschäftigt, der ab 1. April 2021 für sechs Monate Kurzarbeit durchführt. Sie hat 50 Prozent Arbeitsausfall, ihr Entgelt halbiert sich, sie erhält jedoch Kurzarbeitergeld.
Die Arbeitnehmerin ist vor Beginn der Kurzarbeit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und privat versichert.
Wirkt sich die durch die Kurzarbeit verursachte Entgeltminderung auf die Krankenversicherungsfreiheit aus?
Beurteilung: Bei Kurzarbeit kommt es zu einer lediglich vorübergehenden Entgeltminderung, die bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts nicht berücksichtigt wird. Es ist also am 1. April 2021 keine Neuberechnung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts vorzunehmen. Die Beschäftigte bleibt durchgehend krankenversicherungsfrei.
Vorausschauende Berechnung des Jahresarbeitsentgelts
Die für die versicherungsrechtliche Beurteilung erforderliche Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts erfolgt durch eine vorausschauende Berechnung. Diese bleibt für die Vergangenheit auch maßgebend, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut Änderungen ergeben. Variable Arbeitsentgeltbestandteile in Form von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, deren Höhe an die Leistung des Arbeitnehmers geknüpft ist, bleiben dabei unberücksichtigt. Variable Arbeitsentgeltbestandteile, die individuell leistungsbezogen gewährt werden, sind allerdings dann dem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt zuzurechnen, wenn sie üblicherweise Bestandteil des monatlich zufließenden laufenden Arbeitsentgelts sind und dieses insoweit mitprägen.
Beispiel: Der 40-jährige krankenversicherungsfreie Arbeitnehmer ist privat krankenversichert. Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber ab 1. Juni 2021 eine befristete Arbeitszeitreduzierung bis zum 31. Juli 2021 (Variante 1) bzw. bis zum 30. September 2021 (Variante 2) wegen einer familiären Pflegesituation. Dadurch verringert sich das monatliche Arbeitsentgelt von 5.000 Euro auf 3.000 Euro.
Beurteilung: Bei der Variante 1 handelt es sich um eine Begrenzung der Reduzierung der Bezüge auf zwei Monate. Hier ergeben sich keine Auswirkungen auf die versicherungsrechtliche Beurteilung. Der Arbeitnehmer bleibt privat krankenversichert.
In der Variante 2 ist ab 1. Juni 2021 eine Neuberechnung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts erforderlich. Da die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr überschritten wird, tritt zum 1. Juni 2021 Krankenversicherungspflicht ein. Die neuerliche Veränderung zum 1. Oktober 2021 wirkt sich nur für die Zukunft aus. Sie führt zur neuerlichen Versicherungsfreiheit ab 1. Januar 2022. Der Arbeitnehmer muss zum 1. Januar 2022 aber nicht wieder in die PKV wechseln, sondern kann die Krankenversicherung in der GKV als freiwillige Krankenversicherung fortführen.
Handelt es sich in dem Beispiel um eine Freistellung nach § 3 PflegeZG, tritt in beiden Varianten zum 1. Juni 2021 Krankenversicherungspflicht ein.
Ältere Arbeitnehmende: Keine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung möglich
Ist der Arbeitnehmende zum Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht bereits 55 Jahre alt, gelten besondere Regelungen. Eine Rückkehr in die GKV ist ausgeschlossen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- keine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung in den vergangenen fünf Jahren und
- mindestens in der Hälfte dieses Zeitraums war der Arbeitnehmende oder dessen Ehegatte
- krankenversicherungsfrei (zum Beispiel als höherverdienender Arbeitnehmender oder als Beamter) oder
- von der Krankenversicherungspflicht befreit (zum Beispiel nach Eintritt von Versicherungspflicht wegen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze) oder
- hauptberuflich selbstständig erwerbstätig.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer, geboren am 12. März 1966, ist seit über 20 Jahren beim Arbeitgeber A beschäftigt. Seit dem 1. Januar 2015 ist er als höherverdienender Arbeitnehmer krankenversicherungsfrei und privat krankenversichert. Vom 1. April 2021 an verringert er seine wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 25 Stunden. Sein monatliches Arbeitsentgelt beträgt von diesem Zeitpunkt an 3.000 Euro monatlich.
Beurteilung: Durch die Minderung des Arbeitsentgelts ab 1. April 2021 würde grundsätzlich Krankenversicherungspflicht eintreten. Zu diesem Zeitpunkt ist der Arbeitnehmer bereits 55 Jahre alt. Außerdem bestand in den vergangenen fünf Jahren zuvor (1. April 2016 – 31. März 2021) keine Versicherung in der GKV. In dieser Zeit war der Arbeitnehmer als höherverdienender Arbeitnehmer durchgehend krankenversicherungsfrei.
Da alle Kriterien für den Ausschluss der Versicherungspflicht am 1. April 2021 erfüllt sind, verbleibt der Arbeitnehmer auch nach der Entgeltreduzierung in der PKV. Bei einer Arbeitszeitreduzierung bereits ab 1. März 2021 wäre der Arbeitnehmer wieder in die GKV zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet. Versicherungspflicht ab 1. April 2021 wäre auch eingetreten, wenn ein Wechsel aus der GKV zur PKV erst ab einem Zeitpunkt nach dem 1. April 2016 erfolgt wäre. Dann hätte in den vergangenen fünf Jahren zuvor noch ein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz bestanden.
Rückkehr in die GKV mit einer Entgeltumwandlung
Liegt das Entgelt nicht sehr weit über der JAEG, kann der Abschluss einer Betriebsrente per Entgeltumwandlung die Lösung sein. Denn damit kann sich das beitragspflichtige Entgelt vermindern. Dies hat – neben der Beitragsbemessung – gegebenenfalls auch Auswirkungen auf die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung.
Arbeitnehmende, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, haben einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung (bAV). Um eine Entgeltumwandlung handelt es sich, wenn vereinbarte künftige Entgelte für den Aufbau von Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung wertgleich umgewandelt werden. Diese Zuwendungen sind beitragsfrei bis zu einem Betrag von 4 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der Rentenversicherung. Das entspricht 2021 einem Jahresbetrag von 3.408 Euro (284 Euro monatlich).
Versicherungsfreiheit endet sofort
Beträgt das Jahresarbeitsentgelt eines Arbeitnehmenden 2021 bis zu 67.758 Euro, so führt die Nutzung des vollen beitragsfreien Betrages von 3.408 Euro jährlich zu einem Jahresarbeitsentgelt in Höhe von höchstens 64.350 Euro. Damit wird die JAEG (2021 = 64.350 Euro) nicht mehr überschritten und der Arbeitnehmende wird wieder krankenversicherungspflichtig. Wird die JAEG im Laufe eines Kalenderjahres nicht nur vorübergehend unterschritten, endet die Versicherungsfreiheit unmittelbar und nicht erst zum Ende des Kalenderjahres.
Das Rechenexempel funktioniert entsprechend auf abgesenktem Niveau für Arbeitnehmende, bei denen die "besondere JAEG" anzuwenden ist. Diese beträgt 58.050 Euro im Jahr 2021.
Zusatznutzen für Arbeitgeber
Die Entgeltumwandlung zugunsten einer bAV kann, wenn das Jahresentgelt nicht zu hoch ist, eine Rückkehr in die GKV ermöglichen - und das, ohne dass auf Entgeltansprüche tatsächlich verzichtet werden muss. Darüber hinaus hat die bAV sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgeber den zusätzlichen Anreiz der Ersparnis von Steuer- und Sozialabgaben.
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