Minijob: Überschreiten der Verdienstgrenze ab Oktober 2022

Zum 1. Oktober 2022 ändert sich die Entgeltgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigungen. Ein Minijob liegt dann vor, wenn die zu erwartenden Entgeltansprüche des oder der Arbeitnehmenden pro Jahr 6.240 Euro nicht überschreiten. Erhalten Minijobber ein höheres Entgelt, muss der Arbeitgeber reagieren. Doch nicht jede Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze führt zur Beendigung des Minijobs.

Minijobber dürfen die Jahresverdienstgrenze nur bedingt überschreiten. Welche Regeln dabei gelten, haben wir hier zusammengefasst.

Überschreiten der 520-Euro-Grenze im Minijob

Bei der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze im Minijob von 520 Euro ab 1. Oktober 2022 handelt es sich um einen Durchschnittswert. Ein Überschreiten der 520-Euro-Grenze ist also möglich, solange der tatsächliche Verdienst im Monatsdurchschnitt nicht über 520 Euro liegt, das heißt wenn der Minijobber im Jahr maximal 6.240 Euro verdient.

Geringfügigkeitsgrenze im Minijob: Überschreiten der Höchstgrenze von 6.240 Euro im Jahr

Was aber passiert, wenn die Jahresverdienstgrenze von 6.240 Euro überschritten wird? Dabei kommt es darauf an, ob das Überschreiten für den Arbeitgeber vorhersehbar dauerhaft und regelmäßig oder unvorhersehbar für einzelne Kalendermonate und unregelmäßig eintritt.

Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber muss das regelmäßige Arbeitsentgelt zu Beginn der Beschäftigung und bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen bestimmen. Dauerhaft ist in der Regel zum Beispiel eine Lohnerhöhung. Zu berücksichtigen sind alle Arbeitsentgelte, die der Arbeitnehmer mit hinreichender Sicherheit erhalten wird. Dazu gehören also auch einmalige Sonderzahlungen, wie das Weihnachtsgeld.

Zulässiges Überschreiten der Minijob-Grenze

Ein nur gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der jährlichen Entgeltgrenze von 6.240 Euro ist unschädlich und führt nicht zur Beendigung des Minijobs. Ein unvorhersehbares Ereignis liegt zum Beispiel vor, wenn der Minijobber oder die Minijobberin einen anderen wegen Krankheit ausgefallenen Arbeitnehmenden vertritt. Gleiches gilt beispielsweise auch, wenn der Minijobber Mehrarbeit leistet, weil ein anderer Arbeitnehmer während einer Pandemie wegen der Betreuung seiner Kinder oder wegen Quarantäne ausfällt. Aber auch eine leistungsorientierte oder vom Geschäftsergebnis abhängige Prämie ist unvorhersehbar.

Als gelegentlich ist ein Zeitraum von bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres anzusehen. Der Zwölf-Monats-Zeitraum endet immer mit dem Ende des Entgeltabrechnungsmonats, in dem ein unvorhersehbares Überschreiten vorliegt und beginnt zwölf Monate vorher.

Gesamtverdienst für Kalendermonat des Überschreitens ist begrenzt

Ein Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze ist maximal bis zum Doppelten der Geringfügigkeitsgrenze möglich. Das entspricht einem Wert von 1.040 Euro. Die Höhe des tatsächlich vereinbarten Verdienstes spielt dabei keine Rolle. Das bedeutet, dass bei einem unvorhersehbaren Anlass immer die Differenz zwischen dem tatsächlich vereinbarten laufenden Arbeitsentgelt und 1.040 Euro gezahlt werden darf. Damit ist unter Berücksichtigung des unvorhersehbaren Überschreitens pro Kalenderjahr im Minijob maximal ein Gesamtverdienst von 7.280 Euro (14 x 520 Euro) möglich.

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Beispiel

  • Beschäftigung seit 1. Januar 2022, monatliches Arbeitsentgelt 440 Euro.
  • Krankheitsvertretung vom 1. Februar 2023 bis 28. Februar 2023,  monatliches Arbeitsentgelt 1.000 Euro.
  • Bereits im November 2022 Krankheitsvertretung, monatliches Arbeitsentgelt 1.020 Euro.

Ergebnis: Die Jahresfrist zur Beurteilung für Februar 2023 verläuft vom 1. März 2022 bis 28. Februar 2023. Innerhalb dieses Zeitjahres hat der Beschäftigte in zwei Kalendermonaten unvorhersehbar mehr verdient (November 2022 sowie Februar 2023). Damit liegt ein gelegentliches Überschreiten der Verdienstgrenze vor und das Arbeitsentgelt im Februar 2023 überschreitet das Doppelte der Geringfügigkeitsgrenze nicht. Somit handelt es sich weiterhin um einen Minijob und die Beschäftigung bleibt auch für die Zeit vom 1. Februar bis zum 28. Februar 2023 ein Minijob.

Dokumentationspflicht in den Entgeltunterlagen für Minijobber

Der Grund für das gelegentliche unvorhersehbare Überschreiten ist in den Entgeltunterlagen des Minijobbers oder der Minijobberin für den Betriebsprüfdienst der Rentenversicherung nachvollziehbar zu dokumentieren. Dies kann zum Beispiel eine Kopie des Krankenscheines des Arbeitnehmers sein, der wegen Krankheit vertreten wird.

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Vorhersehbares Überschreiten der Minijob-Grenze

Die Gründe für ein Überschreiten der Entgeltgrenze können unterschiedlich sein. Arbeitgeber müssen bei ihren Jahresplanungen zum Beispiel auch immer berücksichtigen, dass Urlaubzeiten anfallen. In diesen Zeiten steht weniger Personal zur Verfügung. Die Arbeit muss dann durch andere Arbeitnehmer erledigt werden. Ein diesbezügliches Überschreiten der Entgeltgrenze ist vorhersehbar und führt gegebenenfalls zur Beendigung des Minijobs.

Wichtig: Urlaubsvertretungen sind planbar und gelten nicht als "gelegentlich und unvorhersehbar."

Überschreitung der Minijob-Grenze: Wann muss der Arbeitgeber reagieren?

Der Arbeitgeber muss unmittelbar reagieren, wenn er erkennt, dass die zulässige Entgeltgrenze für den Jahreszeitraum von 6.240 Euro überschritten wird. Die Umstellung von einer geringfügig entlohnten zu einer mehr als geringfügigen Beschäftigung muss spätestens ab dem Tag des Überschreitens erfolgen, sofern es sich nicht bloß um ein gelegentliches unvorhersehbares Überschreiten handelt. Eine Umstellung für die Vergangenheit erfolgt nicht. Dies setzt aber auch voraus, dass der Arbeitgeber keinen früheren Zeitpunkt für die Umstellung hätte erkennen müssen.

Beispiel: Ab 1. Januar 2023 Beschäftigung mit schwankenden Bezügen. Der Arbeitgeber unterstellt aufgrund gewissenhafter Schätzung für zwölf Monate ein SV-Entgelt bis maximal 6.240 Euro. Mit der Abrechnung für Oktober 2023 stellt er fest, dass die Jahresrechnung nicht mehr aufgeht und die Grenze von 6.240 Euro bald erreicht wird. Weil es sich nicht bloß um ein gelegentliches unvorhersehbares Überschreiten handelt, meldet er den Minijob zum 31. Oktober 2023 ab und die SV-pflichtige Beschäftigung ab 1. November 2022 bei der Krankenkasse an.

Überschreiten der Minijob-Grenze durch rückwirkende Lohnerhöhung

Rückwirkende Erhöhungen des Arbeitsentgelts wirken sich erst ab dem Zeitpunkt aus, von dem an der Anspruch auf das höhere Arbeitsentgelt entstanden ist. Das kann zum Beispiel der Tag des Abschlusses eines Tarifvertrages sein.

Wann wird der Minijob wieder geringfügig entlohnt?

Der Übergang von einer mehr als geringfügigen in eine geringfügig entlohnte Beschäftigung ist jederzeit ab dem Zeitpunkt (wieder) möglich, von dem an mit an "hinreichender Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" für die kommenden zwölf Monate ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt bis 520 Euro zu erwarten ist. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Arbeitszeit reduziert wird.

Nachträglicher Lohnabzug beim Minijobber

Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass ein Minijob für abgelaufene Beschäftigungszeiträume wegen Überschreitens der Entgeltgrenze nicht vorlag (was der Arbeitgeber aber hätte erkennen müssen), ist rückwirkend eine mehr als geringfügige Beschäftigung bei der zuständigen Krankenkasse zu melden. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge ist zu beachten, dass ein unterbliebener Abzug der Arbeitnehmeranteile grundsätzlich nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden darf. Hat der Arbeitgeber diesen Zeitpunkt versäumt, muss er diese Beitragsanteile selbst tragen.

Beispiel: Ab 1. Januar 2023 Beschäftigung mit schwankenden Bezügen. Der Betriebsprüfdienst der Rentenversicherung stellt bei der Betriebsprüfung im Juni 2024 fest, dass der Arbeitnehmer für 2023 ein SV-Entgelt in Höhe von 7.200 Euro erzielt hat. Ein unvorhersehbares Überschreiten lag nicht vor. Die Entgeltgrenze von 6.240 Euro wurde bereits im Oktober 2023 überschritten und das regelmäßige monatliche SV-Entgelt belief sich ab diesem Zeitpunkt dauerhaft auf mehr als 520 Euro, sodass ab diesem Zeitpunkt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorlag. 

Ergebnis: Im Juli 2024 meldet der Arbeitgeber den Minijob rückwirkend zum 30. September 2023 bei der Minijob-Zentrale ab und die SV-pflichtige Beschäftigung zum 1. Oktober 2023 bei der Krankenkasse an. Zum nächsten Fälligkeitstermin werden die überzahlten Abgaben mit der Minijob-Zentrale verrechnet und die SV-Beiträge sowie Umlagen an die Krankenkasse gezahlt. Sofern die Korrektur mit der Entgeltabrechnung für Juli 2024 erfolgt, darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer frühestens ab dem Beschäftigungsmonat April 2024 mit Beiträgen belasten. Den Beitragsanteil des Arbeitnehmers für die Zeit vom 1. Oktober 2023 bis 31. März 2024 muss der Arbeitgeber übernehmen.

Erhebliches schwankendes Arbeitsentgelt im Minijob

Schwankende Arbeitsentgelte im Minijob sind normal und in der Regel unkritisch. Arbeitsentgelte, die jedoch bewusst in wenigen Monaten sehr hoch und sonst sehr niedrig sind, können die versicherungsrechtliche Beurteilung beeinflussen.


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