
Erkrankte Arbeitnehmer sind während einer Arbeitsunfähigkeit weder an das Bett gefesselt, noch verpflichtet in ihrer Wohnung zu verharren. Vielfach verschwimmen jedoch die Grenzen zwischen dem was man während einer Krankschreibung machen darf und was nicht.
Darf ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer seinen Lebensmitteleinkauf trotz bestehender Krankheit selbst tätigen? Ist er nicht bettlägerig, wenn er einen gelben Schein hat? Eine weit verbreitete Annahme geht davon aus, dass krankgeschriebene Arbeitnehmer quasi vom normalen sozialen Leben ausgeschlossen sind. Und so manchen Arbeitnehmer plagt schon das schlechte Gewissen, wenn er sich auf den Weg zum Hausarzt macht oder einen Spaziergang in der Sonne macht.
Keine Gefährdung des Heilungserfolgs
Grundsätzlich muss ein erkrankter Arbeitnehmer alles unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. So darf er den Heilungserfolg nicht durch genesungswidriges Verhalten gefährden. Je nach Erkrankung muss er dafür aber nicht in jedem Fall strenge Bettruhe einhalten.
Konkret bedeutet das, dass selbst sportliche Aktivitäten, wie z. B. laufen, bei einer Fingerverletzung für einen Tischler nicht ausgeschlossen sind. Diese sportlichen Aktivitäten während einer Arbeitsunfähigkeit stellen in diesem Fall kein genesungswidriges Verhalten dar, das eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen würde. Bestehen bei Arbeitnehmern hierbei Unsicherheiten, ob etwas erlaubt sein könnte, sollte zuvor der behandelnde Arzt konsultiert werden. Dieser schätzt ein, ob eine Gefährdung und damit eine konkrete Verzögerung des Genesungsverlaufs aus medizinischer ausgeschlossen werden kann.
Freizeitaktivitäten und Vertrauensverhältnis
Passivität ist manchmal sogar der falsche Weg, um schnell wieder gesund zu werden. So ist grundsätzlich davon auszugehen – natürlich nicht bei notwendiger Bettruhe – das Einkaufen und ein Spaziergang kein schädliches Verhalten darstellen. Selbst Freizeitaktivitäten wie Kino- und Restaurantbesuche können erlaubt sein. Gerade solche Aktivitäten können jedoch das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und den Kollegen belasten. Wird der Arbeitnehmer hierbei gesehen, stellt sich für den Arbeitgeber – oder die Kollegen – natürlich die Frage, ob der Arbeitnehmer denn tatsächlich krank ist. Und diese Frage ist durchaus berechtigt, denn die Einschränkungen sind je nach Art der Erkrankung unterschiedlich. Dem Arbeitgeber (und ggf. den Kollegen) ist jedoch in der Regel nicht bekannt, weshalb der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist. Von daher sollte jeweils individuell entschieden werden, ob bestimmte Aktivitäten im Einzelfall notwendig sind und eventuell entstehende Missverständnisse rechtfertigen.
Nebenjob: Arbeiten trotz Krankmeldung?
Entsprechend sind diese Kriterien auch auf einen grundsätzlich erlaubten Nebenjob des Arbeitnehmers zu übertragen. Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer darf einen Nebenjob theoretisch solange ausüben, wie dadurch der Heilungsprozess nicht verzögert wird. Eine andere Frage ist hierbei jedoch, wie gut ein Arbeitgeber nachvollziehen kann und will, dass nur die Nebentätigkeit bei der vorliegenden Erkrankung fortgeführt werden kann. Hierbei sollte der Arbeitnehmer sich auch bewusst machen, dass eine aufgrund einer ausgeübten Nebentätigkeit eingetretene Verzögerung des Heilprozesses ein Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtspflicht darstellt.