
Die unmittelbare elektronische Erfassung der Fahrtwege durch ein technisches System reicht nicht aus. Vielmehr müssen neben dem Bewegungsprofil auch die Fahrtanlässe zeitnah erfasst werden.
Das Finanzgericht Niedersachsen hat in seinem Urteil elektronische Fahrtenbücher aus verschiedenen Gründen nicht anerkannt. Auch das Finanzgericht Münster hat zuletzt gleich aus mehreren Gründen eine Klage eines Selbstständigen, der elektronische Fahrtenbücher für mehrere Wohnmobile führte, in weiten Teilen als unbegründet abgewiesen.
Geldwerter Vorteil bei der Firmenwagenüberlassung
Mitarbeiter, denen von ihrem Arbeitgeber ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt wird, den sie auch für private Fahrten nutzen dürfen, müssen den damit verbundenen geldwerten Vorteil als Arbeitslohn versteuern. Hierfür sind in der Praxis verschiedene Methoden gängig. Grundsätzlich wird der Vorteil monatlich pauschal mit einem Prozent des Bruttolistenpreises bewertet.
Alternativ können auch die auf die Privatnutzung entfallenden anteiligen Kosten angesetzt werden, wenn der Betroffene das Verhältnis der dienstlichen Fahrten zur Privatnutzung durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachweisen kann. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss nach der Rechtsprechung unter anderem zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes müssen im Fahrtenbuch vollständig und fortlaufend wiedergegeben werden. Der Bundesfinanzhof hatte entschieden, dass (kleinere) Mängel nicht zur Verwerfung eines Fahrtenbuchs führen (BFH, Urteil v. 10. April 2008, VI R 38/06, BStBl 2008 II S. 768).
Elektronisches- und manuell geführtes Fahrtenbuch sind vergleichbar
Ein elektronisches Fahrtenbuch ist anzuerkennen, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen. Beim Ausdrucken von elektronischen Aufzeichnungen müssen nachträgliche Veränderungen der aufgezeichneten Angaben technisch ausgeschlossen, zumindest aber dokumentiert werden (BMF, Schreiben v. 4. April 2018, BStBl 2018 I S. 592).
In einem aktuellen Urteilsfall erwarb der Arbeitgeber einen Dienstwagen mit einer sogenannten Telematiklösung unter anderem mit der Funktion "elektronisches Fahrtenbuch" (FG Niedersachsen, Urteil v. 23. Januar 2019, 3 K 107/18). Die Hardware verfügt über einen GPS-Empfänger. Sie übermittelt über das Mobilfunknetz jeweils die aktuelle Position und zeichnet die Bewegungsdaten auf einem zentralen Server zur Erstellung eines elektronischen Fahrtenbuches auf. Der Anwender kann einer aufgezeichneten Fahrt in der Software einen vordefinierten Fahrtzweck zuordnen oder einen individuellen Fahrzweck eintragen. Diese Zuordnungen bleiben nach der Ersterfassung zunächst frei änderbar. Der Anwender kann aber auch eine sogenannte frei bestimmbare "Periode" (beispielsweise eine Woche oder einen Monat) final bearbeiten und dann in dem Programm "abschließen", sodass die Daten danach nicht mehr veränderbar sind.
Bei einer Prüfung verwarf die Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamts die Fahrtenbücher des Klägers unter anderem wegen Abweichungen bei den Kilometerständen im Rahmen von Werkstattaufenthalten der Fahrzeuge als nicht ordnungsgemäß.
Nichtanerkennung von elektronischen Fahrtenbüchern
Auch das Finanzgericht Niedersachen hat in seinem Urteil gleich aus mehreren Gründen die Fahrtenbücher nicht anerkannt. Der Kläger habe
- nicht nachgewiesen, das Fahrtenbuch überhaupt zeitnah und ordnungsgemäß geführt zu haben,
- die Kilometerstände zum Ende der privaten beziehungsweise dienstlichen Fahrten nicht nachgewiesen,
- den Anlass beziehungsweise den Zweck der Fahrten teilweise unzutreffend beschrieben und teilweise mögliche private Fahrtunterbrechungen nicht als solche kenntlich gemacht.
Die ersten beiden Fehler erfordern bereits – jeder für sich – nach Auffassung des Finanzgerichts das Verwerfen der vorgelegten Fahrtenbücher. Es reicht nach Auffassung der Richter nicht aus, dass nur die Fahrten mit den per GPS ermittelten Geo-Daten selbst zeitnah aufgezeichnet worden sind. Vielmehr müssen alle Angaben, die für ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erforderlich sind, zeitnah in das Fahrtenbuch eingetragen werden.
Als weiteren Verwerfungsgrund hat es das Finanzgericht angesehen, dass der Kläger die tatsächlichen Kilometerstände nach den Tachos der Fahrzeuge niemals den rechnerisch ermittelten Tachoständen in den Daten des elektronischen Fahrtenbuches gegenübergestellt hatte.
Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde VI B 25/19 ist vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 2. September 2019 als unzulässig verworfen worden. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.
Eignet sich eine Telematiklösung generell als Fahrtenbuch?
Das Finanzgericht hat in seinem Urteil offen gelassen, ob eine Telematiklösung mit der Funktion "elektronisches Fahrtenbuch", die eine nachträgliche Bearbeitung der Daten nach mehreren Jahren zulässt, die Nacherfassung oder Änderung von Fahrzeugdaten zulässt und die Bildung von sogenannten "Perioden" zur Sicherung der Daten vor Veränderungen für Zeiträume von bis zu einem Jahr ermöglicht, sich überhaupt als elektronisches Fahrtenbuch eignen kann.
Daran bestehen erhebliche Zweifel. Die Verwaltung legt großen Wert darauf, dass nachträgliche Änderungen ausgeschlossen sind. Hinsichtlich der Fahrtanlässe gibt es jedoch eine Vereinfachungsregelung: Es bestehen keine Bedenken, ein elektronisches Fahrtenbuch jedenfalls dann als zeitnah geführt anzusehen, wenn der Fahrer den dienstlichen Fahrtanlass (Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner) innerhalb eines Zeitraums von bis zu sieben Kalendertagen nach Abschluss der jeweiligen Fahrt in einem Webportal einträgt und die übrigen Fahrten dem privaten Bereich zugeordnet werden (BMF, Schreiben v. 4. April 2018, BStBl 2018 I S. 592).
Finanzgericht Münster bestätigt Notwendigkeit zeitnaher Erfassung
Mit elektronischen Fahrtenbüchern hat sich zuletzt auch das Finanzgericht Münster beschäftigt (FG Münster, Urteil v. 18. Februar 2020, 6 K 46/17 E, G). Dort ging es zwar um einen Selbstständigen und Wohnmobile; die Ausführungen hinsichtlich der Fahrtenbücher sind jedoch ohne weiteres auf Arbeitnehmer und Pkw übertragbar.
Im Urteilsfall führte der Kläger elektronische Fahrtenbücher für mehrere Wohnmobile. Das Finanzamt stellte bei einer Prüfung fest, dass für die elektronischen Fahrtenbücher keine den Verwaltungsgrundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDpdU) konformen Datenexporte vorlagen, sondern nur Zusammenfassungen im Excel-Format. Darüber hinaus lagen inhaltliche Mängel vor, die zur Verwerfung der Fahrtenbücher führten. Das Finanzamt wendete daraufhin die 1-%-Regelung an.
Das Finanzgericht hat die Klage in weiten Teilen als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt habe die Bewertung des geldwerten Vorteils zutreffend mit der sogenannten 1-%-Regelung vorgenommen. Die von dem Kläger vorgelegten Fahrtenbücher waren im Sinne der Rechtsprechung weder formell noch materiell ordnungsgemäß.
Die für die Jahre 2010 (im Einspruchsverfahren) und für die Jahre 2011 bis 2014 (im Klageverfahren) eingereichten Ausdrucke aus dem Programm erfüllen nach dem Urteil bereits nicht die formellen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Zwar wird die Reichweite nachträglicher Änderungen dokumentiert, allerdings geht aus den eingereichten Ausdrucken unmissverständlich hervor, dass der Kläger die Eintragungen für sämtliche Fahrten jeweils für einen länger zurück liegenden Zeitraum immer nur an bestimmten Tagen - und damit nicht zeitnah - eingetragen hat.
Die Revision zum Bundesfinanzhof hat das Finanzgericht nicht zugelassen.
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