Solarpflicht für Wohngebäude: Was Bund und Länder planen

In Berlin sind Solaranlagen auf Dächern von Wohnhäusern Pflicht: Bei Neubauten und bei umfangreichen Dachsanierungen von Bestandsgebäuden ist die Installation von Photovoltaik vorgeschrieben. Die Umweltsenatorin prüft nun, das Gesetz aufzuweichen.

Die neue Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, Manja Schreiner, stellt das Berliner Solargesetz in Frage. Bei Neubauten unterstütze sie die Pflicht, Solaranlangen auf den Dächern von Wohnhäusern zu installieren, sagte die CDU-Politikerin im Interview mit dem rbb. Sie wolle aber klären, ob bei umfangreichen Dachsanierungen von Bestandsgebäuden die Installation von Photovoltaik verpflichtend vorgeschrieben sein müsse. Eigentümer älterer Häuser könnten abgeschreckt werden, Sanierungen vorzunehmen, so Schreiner.

Das Solargesetz sieht vor, dass bei Neubauten mindestens 30 Prozent der Dachfläche für Photovoltaikanlagen genutzt werden muss. Bei Bestandsbauten wird die Solardachpflicht ausgelöst, sobald umfangreichere Sanierungsarbeiten ausgeführt werden. Ausnahmen gelten beim Denkmalschutz, wenn Dachflächen nach Norden ausgerichtet sind oder wenn es im Einzelfall zu besonderen Härten kommen würde.

Die alte Berliner Landesregierung beschloss im März 2020 einen "Masterplan Solarcity", der die Installation von Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden verpflichtend machte. Mit dem "Solargesetz Berlin", dem das Abgeordnetenhaus am 17.6.2021 zustimmte und das am 1.1.2023 in Kraft trat, wurde die Solarpflicht auf private Eigentümer ausgeweitet.

Solargesetz Berlin: Gesetzestext, Praxisleitfaden und Formulare

Auch in anderen Bundesländern gelten bereits Regelungen zu Solarpflicht für Wohnhäuser. Vorreiter war Baden-Württemberg. Die Bundesregierung denkt über eine Lösung für ganz Deutschland nach.

Baden-Württemberg: Solarpflicht bei Dachsanierung gilt

In Baden-Württemberg ist am 1.1.2023 die finale Stufe des Klimaschutzgesetzes in Kraft getreten: Wer das Dach seines Wohngebäudes grundlegend saniert, muss mindestens 60 Prozent der solargeeigneten Fläche mit Photovoltaikmodulen belegen. Alternativ ist die Installation einer solarthermischen Anlage möglich. Vorher galt bereits die Solarpflicht bei Nicht-Wohngebäuden für Baugenehmigungen, die den Behörden ab dem 1.1.2022 vorliegen, sowie bei Parkplätzen: Seit Anfang 2022 müssen ab 35 Stellplätzen Sonnenkollektoren aufgebaut werden – vorher galt das für Parkplätze ab 75 Stellplätzen. Beim Neubau von Wohngebäuden greift die Regel seit dem 1.5.2022.

Das novellierte Klimaschutzgesetz wurde im Herbst 2021 verabschiedet und um Rechtsverordnungen ergänzt, in denen diese Bestimmungen konkretisiert werden. Auf eine Solarpflicht für gewerblich genutzte Gebäude hatten sich Grüne und CDU schon in der Legislaturperiode davor geeinigt.

Ein Praxisleitfaden soll Eigentümer den Umgang mit der Photovoltaikpflicht erleichtern.

Hamburg: Pflicht für Solaranlagen ab 2025

Der Hamburger Senat hat am 22.12.2020 die erste Rechtsverordnung zum Klimaschutzgesetz beschlossen: Die Solarpflicht bei Neubauten gilt seit Januar 2023. Für Bestandsgebäude, bei denen das Dach erneuert wird, greift die Pflicht ab 2025. Ausnahmen: Es ist ein Amortisationszeitraum von 20 Jahren für die Anlagen zugrunde gelegt. Falls im Einzelfall die Amortisation länger dauern sollte, entfällt die Solarpflicht. Ebenso, wenn die Installation der Solaranlage technisch unmöglich sein sollte. Eine Mindestgröße für die Photovoltaikanlagen wird in Hamburg nicht vorgeschrieben.

Bayern: Photovoltaikpflicht für neue Wohngebäude

Bayerns Regierung hat sich am 15.11.2021 auf einen Entwurf des "Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften" geeinigt. Am 13.12.2022 hat der Landtag die Novelle verabschiedet – das Gesetz trat am 1.1.2023 in Kraft und enthält eine Solardachpflicht für neue Gewerbe- und Industriegebäude seit März 2023 und für sonstige Nicht-Wohngebäude ab Juli 2023. Neue Wohngebäude sollen ab Januar 2025 dazukommen. Dann soll eine Solarpflicht auch bei umfassenden Sanierungen verpflichtend werden.

Bremen: Solarpflicht kommt mit Übergangsfristen

Der Bremer Senat hat ein Solargesetz am 21.3.2023 verabschiedet. Noch ist es nicht in Kraft getreten. Geplant ist eine generelle Pflicht zur Installation und zum Betrieb von Photovoltaikanlagen auf 50 Prozent der Bruttodachfläche bei Neubauten und eine Photovoltaikpflicht im Bestand, wenn das Dach grundlegend saniert wird oder die technischen Voraussetzungen geschaffen wurden. Es soll Übergangsfristen für Dachsanierungen (1.7.2024) und bei Neubauten (1.7.2025) geben. Ausgenommen werden Dachflächen, Gebäude oder bauliche Anlagen, die nicht geeinigt sind. Solarthermische Anlagen sind auch zugelassen.

Hessen lockert Vorgaben für Photovoltaik auf Dächern

Der hessische Landtag hat am 16.11.2022 die Novelle des Energiegesetzes verabschiedet. Künftig soll auf neuen Parkplätzen mit mehr als 50 Stellplätzen und landeseigenen Gebäuden verpflichtend eine Photovoltaikanlage errichtet werden. Die Vorgaben für Photovoltaik auf (Wohnhaus-)Dächern werden gelockert. Es gelten geringere Mindestabstände zu den Nachbardächern, wenn zwischen den Gebäuden eine Brandschutzmauer steht, sonst bleibt es beim Mindestabstand von 1,25 Metern.

Niedersachsen: Solarpflicht vorerst nur für Gewerbedächer

Die niedersächsische Regierung hatte sich am 8.3.2022 sich auf Eckpunkte für eine Novelle des Klimagesetzes verständigt. Das Gesetz wurde am 28.6.2022 verabschiedet – mit einer Solarpflicht für Gewerbedächer. Sie müssen seit Januar 2023 mindestens zur Hälfte mit Photovoltaikmodulen bestückt werden. Betroffen davon Neubauten ab 75 Quadratmetern Dachfläche. Im ursprünglichen Entwurf wären auch neue Wohnhäuser betroffen gewesen. Die sollen jetzt zumindest ein Tragwerk vorweisen müssen, das später mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden kann.

Brandenburg: Gesetz für Solarpflicht in der Pipeline

Solardächer auf neuen öffentlichen Gebäuden und Supermärkten sollen in Brandenburg zur Pflicht werden. Ein Gesetzentwurf für eine Neufassung der Bauordnung hat die Regierung am 21.2.2023 vorgestellt, der umfasst auch Dachsanierungen dieser Gebäude und Parkplätze mit mehr als 35 Stellplätzen. Für Privatgebäude ist die Solarpflicht bisher nicht geplant.

Schleswig-Holstein: Solarpflicht für Nicht-Wohngebäude

In Schleswig-Holstein regelt ein Klimaschutzgesetz seit Anfang 2022 eine Solarpflicht für neue Parkplätze mit mehr als 100 Stellplätzen, Landesliegenschaften sowie beim Neubau und der Renovierung von Nicht-Wohngebäuden ist eine Überdachung mit Solaranlagen Standard. Eine Solaranlagenpflicht auf Dächern von Wohngebäuden war in der Diskussion – davon war seitdem nicht mehr die Rede.

Rheinland-Pfalz: Reform des Solargesetzes geplant

Bis zum Sommer 2023 will die Regierung von Rheinland-Pfalz ein novelliertes Solargesetz in den Landtag einbringen. Das geltende Gesetz ist von 2021. Mit der Reform kommt eine Solarpflicht bei Neubauten oder größeren Dachsanierungen von Land und Kommunen. Private Haushalte müssen künftig Vorrichtungen für Photovoltaikanlagen schaffen, eine Solarpflicht kommt hier wohl nicht.

In Thüringen ist laut Energieministerium ein Solargesetz in Planung: Mehr Dachflächen sollen dann für Photovoltaik oder Solarthermie genutzt werden. Ein Zeitplan steht aber nicht fest.

Solarpflicht für Wohngebäude bald für ganz Deutschland?

Die Länderenergieminister haben sich bei einem Treffen am 14.9.2022 in Hannover geschlossen für eine Pflicht zur Installation von Photovoltaik ausgesprochen. Wörtlich heißt es in einem Beschluss der Minister: "Eine Photovoltaik-Pflicht für alle Neubauten sollte diskutiert werden. Beim Sozialwohnungsbau und der Sanierung in diesem Bereich sollte eine komplette Belegung von Dächern mit Solarmodulen vorgesehen werden."

Im Europaparlament wird eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen ab 2032 diskutiert, wenn Eigentümer Wohngebäude umfassend sanieren – spätestens dann müsste auch Deutschland gesetzliche Vorgaben regeln. Die Ampel-Regierung will eine bundesweite Solarpflicht für gewerbliche Neubauten, für private Häuser sollen sie zur Regel werden. Das Ob und Wie ist unklar, ebenso wie die Frage nach einer verpflichtenden nachträglichen Installation auf bestehenden Gebäuden.

Bundesweite Solarpflicht: Hintergrund

Im Juli 2021 hatte der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erstmals eine Pflicht zur Installation von Solaranlagen auf öffentlichen und privaten Gebäuden in ganz Deutschland angeregt. Anschließend legte die Grünen-Fraktion im August 2021 einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf Gebäuden vor.

Ausnahmen sollen nach Vorstellung der Grünen möglich sein, wenn der Denkmalschutz oder eine Dachbegrünung nicht mit den Solarpanels vereinbar wären oder generell eine Installation von Photovoltaikanlagen mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre. Eigentümer sollen außerdem von der Vorschrift befreit werden, wenn auf den angrenzenden Außenanlagen des Gebäudes bereits Solaranlagen oder Solarthermie zur Stromerzeugung eingesetzt werden.

Die Ampel-Regierung hat eine bundesweite Solarpflicht im Koalitionsvertrag folgendermaßen vereinbart: "Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden."


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