Prognose: Kreditvergabe sinkt, Zahl notleidender Kredite nimmt zu

Immobiliendarlehen sind in Deutschland derzeit noch nachgefragter als sonst in der Eurozone – wegen der Zinswende ist damit aber bald Schluss, prognostiziert die Beratungsfirma EY für das kommende Jahr. Die Analysten gehen zudem davon aus, dass es mehr Kreditausfälle geben wird als bisher.

Rezession, hohe Energiepreise und eine nachlassende Nachfrage – das ist ein Teil der Faktoren, die im kommenden Jahr zu einer deutlich gebremsten Kreditvergabe in Deutschland führen werden. Betroffen sein werden auch Immobiliendarlehen, wie die Beratungsfirma EY in der Analyse "European Bank Lending Forecast" ausführt, die auf Konjunkturprognosen und Daten der Europäischen Zentralbank beruht.

Immobilienmarkt – weniger Kredite im Jahr 2023

Laut Prognose wird die Zahl der Immobilienkredite in diesem Jahr zwar noch um 6,2 Prozent steigen – während es in der Eurozone nur 4,9 Prozent sind, im kommenden Jahr wird der Bestand an Darlehen aber um 0,1 Prozent zurückgehen, während er in der Eurozone noch einmal um 0,5 Prozent wachsen soll. Für potenzielle Bauherren werde es immer schwieriger, eine tragfähige Finanzierung auf die Beine zu stellen, sagt Robert Melnyk, Leiter des Bereichs Banken und Kapitalmärkte bei EY Financial Services. "Und die Banken werden ganz genau hinschauen, ob der Finanzierungsplan auch in Zeiten rekordhoher Energiepreise realistisch ist", so Melnyk.

Kapitalpuffer für (überbewertete) Wohnimmobilien

"Auf dem Immobilienmarkt hat sich das Blatt gewendet: Die stark gestiegenen Zinsen bremsen die Nachfrage nach Immobilienkrediten, zudem erscheinen Immobilien, deren Preise zwischen dem ersten Quartal 2019 und Mitte 2022 um 35 Prozent gestiegen sind, in vielen Regionen inzwischen überbewertet", sagt Melnyk. Außerdem dürften dem EY-Experten zufolge in Kürze regulatorische Maßnahmen zur Abkühlung des Immobilienmarktes in Kraft treten.

Ab Februar 2023 wird der antizyklische Kapitalpuffer für alle inländischen Risikopositionen von null auf 0,75 Prozent steigen, speziell für mit Wohnimmobilien besicherte Vermögenswerte wird ein Puffer von zwei Prozent eingeführt. Zudem hat die Finanzaufsicht Bafin die Kreditinstitute davor gewarnt, bei Hypothekenkrediten übermäßige Risiken einzugehen.

Mehr notleidende Kredite erwartet

Immer mehr Privatleute und Unternehmen werden laut EY im kommenden Jahr ihre Kredite nicht mehr bedienen können – der Anteil notleidender Kredite am gesamten Kreditvolumen in Deutschland wird 2023 voraussichtlich von aktuell 1,2 Prozent auf 2,3 Prozent ansteigen, heißt es in der Studie. Für die Eurozone wird ein Anstieg von 2,6 Prozent für 2022 auf 3,3 Prozent im kommenden Jahr prognostiziert.

"Zuletzt gab es sehr wenige Kreditausfälle", ergänzt Thomas Griess, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY. Mit der erwarteten Wirtschaftsflaute – für 2023 rechnen die Berater mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von derzeit 1,5 Prozent um 1,1 Prozent – dürfte sich die Lage verändern. Die Banken müssten sich auf mehr Unternehmensinsolvenzen einstellen, so Griess.


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