Gewerbeimmobilien-Krise: Zahl notleidender Kredite steigt

Die Krise bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien spitzt sich zu. Der Unternehmensberater PwC erwartet eine "stürmische Entwicklung" bei notleidenden Krediten. Die Banken stehen auch unter regulatorischem Druck.

In der gewerblichen Immobilienfinanzierung ist das Volumen notleidender Kredite – Non Performing Loans (NPL) – im vergangenen Jahr in Deutschland um 56 Prozent gestiegen. Vor allem makroökonomische Einflussfaktoren machen eine weitere Zunahme wahrscheinlich. Das sind Erkenntnisse einer Analyse von PwC Germany.

Das erhöhte Leitzinsniveau und die durch ihn ausgelösten Wertverluste, stark rückläufige Transaktionsvolumina und regulatorische Vorgaben erhöhten das Kreditausfallrisiko signifikant, heißt es da. Zu einer Verkaufswelle von Kreditportfolios in den Ausmaßen, die nach der großen Finanzkrise erreicht wurden, wird es aber voraussichtlich nicht kommen. Institutionelle Investoren weichen zunehmend auf andere Anlageklassen aus.

Mezzanine-Finanzierungen stark ausfallgefährdet

Im Büroimmobilienmarkt ist die Bodenbildung laut PwC noch nicht vollzogen. Die zunehmend kritische Haltung der Bankenaufsicht, die für die gewerbliche Immobilienfinanzierung relevante Regulierung sowie die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung erhöhen den Handlungsdruck für alle Beteiligten zusätzlich.

"Die sinkenden Immobilienwerte erhöhen die Risiken bestehender Immobilienfinanzierungen deutlich. Noch warten viele Kreditgeber ab, um Wertverluste nicht realisieren zu müssen", so Rita Marie Roland, Partnerin Real Estate bei PwC Deutschland – aber das Zeitfenster für eine "Wait and See"-Strategie sei begrenzt.

Ausfallgefährdet sind laut Roland insbesondere variabel verzinste Kredite und auslaufende Zinsbindungen. Vor allem Projektentwickler und Bauträger stehen derzeit vor großen Herausforderungen, weil Einkünfte aus Verkäufen wegbrechen und zugleich die Finanzierungskosten steigen. Im Development sind nachrangige Finanzierungstranchen – sogenannte Mezzanine-Finanzierungen – üblich. Diese Forderungen sind stark ausfallgefährdet, heißt es in der Studie. Teilweise sind auch schon Vorrang-Tranchen nicht mehr werthaltig.

Aufsichtsrecht und Regulatorik: Druck auf Banken steigt

Unter den Assetklassen sind vor allem Büroimmobilien in Deutschland betroffen. Eine PwC-Studie legte im Jahr 2023 offen, dass rund 50 Prozent der angemieteten Büros nicht belegt sind und 78 Prozent der Flächen reduziert werden sollen. Eine wachsende Zahl an Non-Performing-Loans ist deshalb im Office-Segment zu befürchten – und zwar insbesondere nicht-energieeffiziente Büros in B- und C-Lagen. Die Finanzierung und Umsetzung dringend benötigter Investitionsmaßnahmen ist in vielen Fällen wirtschaftlich nicht abbildbar.

Die Richtlinien der EBA (European Banking Authority) für die Behandlung von notleidenden Krediten führen zu einer intensiveren Überprüfung von Kreditsicherheiten durch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesbank. Das hat nach Angaben von PwC teilweise erhebliche Einzelwertberichtigungen zur Folge. Banken müssen für Problemkredite nicht nur Lösungen finden, sondern auch mehr Eigenkapital unterlegen.

"Der Einfluss von Regulatorik und Aufsicht wird regelmäßig unterschätzt", erklärt Roland. "Mittelfristig werden diese Faktoren zu bankgetriebenen Kreditverkäufen führen." Wer die Finanzierung vor dem Status notleidend schützen wolle, sollte vorbeugende Maßnahmen ergreifen.

PwC-Whitepaper: "Distressed Real Estate": Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven für Kreditnehmer und Finanzierer


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