Marktausblick

Immobilienkrise greift jetzt auf Bestandshalter über


Immobilienkrise greift jetzt auf Bestandshalter über

Die Immobilienkrise ist nicht vorbei. Nach den Projektentwicklern erreicht eine Insolvenzwelle jetzt die Bestandshalter. Finanzierer gehen davon aus, dass sich die Märkte frühestens in drei bis fünf Jahren erholen werden. Ein Ausblick.

Insgesamt hat die Immobilienwirtschaft das plötzliche Ende des Superzyklus gut verkraftet. Die Finanzierer haben sich hier als stabil erwiesen. Anders sieht es in der Immobilienwirtschaft selbst aus. Nach den Projektentwicklern werden nun auch die Bestandshalter von der Insolvenzwelle erfasst eine Marktbereinigung wird sich nicht vermeiden lassen.

Darauf weisen Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS an der Universität Regensburg, und Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, im BF.Marktradar hin. Bestätigt wird das durch eine Umfrage von EY-Parthenon.

Banken und alternative Finanzierer solide aufgestellt

Der Zinsanstieg 2022 hat die Immobilienwirtschaft in eine fundamentale Krise gestürzt, die den Experten zufolge bis heute andauert. Zwar stabilisieren sich die Wohnungsmärkte in den Schwarmstädten und es sind Preissteigerungen zu verzeichnen, bei den Gewerbeimmobilien, insbesondere Büro und Handel, ist die Lage jedoch weiterhin angespannt.

Die Stimmung unter den Immobilienfinanzierern ist entsprechend noch immer nicht rosig. Trotzdem sind Banken und alternative Finanzierer nach Beobachtung von Sebastian und Fedele solide aufgestellt und grundsätzlich bereit, neue Finanzierungen einzugehen oder bestehende Verträge zu verlängern. Die Immobilienwirtschaft müsse sich aber darauf einstellen, dass die gestiegenen Anforderungen an Eigenkapital und Kapitaldienstfähigkeit auf absehbare Zeit unverändert hoch bleiben werden.

Insolvenzwelle erreicht auch die Bestandhalter

"Wir hatten wiederholt empfohlen, die Prolongation einer Zinsfestschreibung sehr frühzeitig zu beantragen. Verlängerungen – vor allem bei komplexen oder kritischen Finanzierungen – bringen regelmäßig den gleichen Zeit- und Dokumentationsaufwand mit sich wie eine Neufinanzierung", schreiben die Marktradar-Autoren.

Nach einer Umfrage von EY-Parthenon schätzen die Immobilienfinanzierer den deutschen Immobilienmarkt weiterhin negativ ein. Frühestens in drei bis fünf Jahren wird wieder damit gerechnet, dass sich die Märkte erholen. Derzeit ist in den nächsten zwölf Monaten insbesondere bei Bestandshaltern mit Insolvenzen zu rechnen. Das liegt nach Angaben der Experten nicht daran, dass Bestandshaltung riskanter geworden ist als Projektentwicklung, nur haben bei den Entwicklern die Insolvenzen früher begonnen.

Umfrage: Kanzleien pessimistischer als Banken

Die Umfrage von EY-Parthenon im zweiten Quartal 2025 unter 36 immobilienfinanzierenden Kreditinstituten gibt einen überwiegend pessimistischen Blick auf den deutschen Immobilienmarkt: 75 Prozent der Banken bezeichnen die Lage als negativ, nur 25 Prozent als stabil. Eine positive Entwicklung erwarten viele Finanzierer frühstens in drei (50 Prozent) bis fünf Jahren (85 Prozent).

Die Mehrheit der Institute (ebenfalls 75 Prozent) geht bei Bestandsimmobilien von mehr Insolvenzen innerhalb der nächsten zwölf Monate aus. Nur acht Prozent erwarten, dass sich die Zahl der Insolvenzen im kommenden Jahr verringern wird.

Unter den Befragten befinden sich neben großen Privatbanken auch Landesbanken und größere Sparkassen. Erstmals wurden auch 20 Kanzleien befragt, die sich schwerpunktmäßig mit immobilienwirtschaftlichen Restrukturierungen befassen. Ihr Blick auf die Problemstellungen der Branche ist unter dem Strich noch einmal pessimistischer als der der Immobilienfinanzierer.

Keine weitere Verschärfung bei Wohnimmobilien

Bei Büroimmobilien wird die stärkste Verschärfung der Krise erwartet. Bei Wohnimmobilien von Privatkunden wird das Refinanzierungsrisiko hingegen von 90 Prozent als (sehr) niedrig eingeschätzt; bei solchen von institutionellen Kunden sehen 35 Prozent der Institute ein hohes Risiko. Bei Wohn-, Hotel- und Logistikimmobilien sehen die Befragten mehrheitlich aber keine weitere Verschärfung der Krise, was sich auch in der Einschätzung eher steigender Preise – insbesondere von Wohnimmobilien – widerspiegelt.

Als größte Herausforderung für die Immobilienbranche werden von rund einem Viertel der von EY-Parthenon befragten Institute die Finanzierungskosten und Refinanzierungen genannt. Das durch die Krise gestiegene Risiko am Markt hat zu einer Neubewertung und Anpassung der Kreditvergabekriterien durch die Kapitalgeber geführt: Während in der Umfrage 2024 noch alle befragten Institute angaben, dass die Kreditvergabe (sehr viel) restriktiver sei als vor der Krise, sind es nun rund 90 Prozent. Allerdings haben sich bei 42 Prozent der Kreditinstitute die Kreditvergabekriterien in den vergangenen sechs Monaten nochmals verschärft.


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