Kreditfonds geraten ins Visier der Projektentwickler
Kaum scheint für den Markt die Coronakrise halbwegs ausgestanden zu sein, sorgen immer höher steigende Teuerungsraten, anziehende Zinsen und der Krieg in der Ukraine für eine wachsende Verunsicherung in der Immobilienbranche. Während Energie- und Rohstoffpreise geradezu explodieren, trüben sich die Konjunkturprognosen zusehends ein.
Projektentwickler: Baukosten drastisch gestiegen
"Vor allem Projektentwickler bekommen das massiv zu spüren", stellt Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden der Hamburg Commercial Bank (HCOB), fest. Ob Bauholz, Stahlbeton oder Dämmstoffe – Baumaterialien seien nach wie vor extrem knapp und hätten sich drastisch verteuert. Laut Axmann erwarten etwa 70 Prozent der Projektentwickler, dass sich im laufenden Jahr Bauvorhaben mindestens um 20 Prozent verteuern werden. Bauunternehmen lehnen zurzeit Aufträge lieber ab, als bei deren Annahme, wie vor der Pandmie üblich, einen Festpreis zu garantieren.
Banken: Vertrauen in Projektentwicklungen schwindet
Für Geldhäuser, denen ohnehin eine sich ständig verschärfende Regulatorik das Geschäft vermiest, ein unglücklicher Umstand. So müssen sie auf Anordnung der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin seit Anfang April 2022 Wohnimmobilienkredite mit mehr Eigenkapital unterlegen. Manche Kreditinstitute hatten kürzlich an private Bauherren sogar noch Kredite vergeben, die den Kaufpreis der Objekte überstiegen.
Bei gewerblichen Finanzierungen ist das schon lange nicht mehr möglich. Im Schnitt betragen die Beleihungsausläufe maximal 60 Prozent des Immobilienwertes (LTV). Bei Top-Wohnobjekten seien bis zu 70 Prozent akzeptabel, ergänzt Axmann. Branchenbeobachter prognostizieren, dass die Ausläufe bald auf 50 bis 55 Prozent sinken. Projektentwicklungen beäugen viele Kreditgeber aktuell besonders kritisch. Sie würden "darauf pochen, dass Projektentwickler Mehrkosten durch ein dickeres Finanzpolster abfedern könne", meint Axmann. Er hält eine Kostenreserve von 20 Prozent für das Minimum, um weitere Preisschübe bei Bauvorhaben halbwegs gut zu verkraften.
Kreditfonds: Flexiblere Finanzierung für Projektentwickler
Projektentwickler müssen nun also tiefer ins eigene Portemonnaie greifen oder andere Geldquellen anzapfen – zum Beispiel Kreditfonds (Debt Funds). "Wir erhalten gehäuft Anfragen von Entwicklern", sagt Maximilian Könen, Managing Director Investment bei Linus Digital Finance.
Viele Baumaßnahmen stünden auf dem Prüfstand, da Businesspläne und Kostenkalkulationen nicht mehr realitätskonform seien. Auch müssen Kredite oft aufgestockt und ihre Laufzeit verlängert werden. Gewerbliche Immobilienfinanzierer aus dem Bankensektor stellt das mitunter vor Probleme. "Debt Funds können bei der Kreditvergabe wesentlich flexibler agieren, weil sie nicht der strengen Bankenregulatorik unterliegen", argumentiert Jan Ohligs, Partner bei EY Real Estate.
Kein Wunder, dass beide Welten enger zusammenrücken. "Kreditfonds können sowohl Wettbewerber als auch Partner von Banken bei Immobilienfinanzierungen sein", sagt Jörg Schürmann, Immobilienexperte bei Deloitte Corporate Finance. Diese Einschätzung teilt Curth-C. Flatow, Geschäftsführer der FAP-Group, einem Finanzdienstleister, der auch Debt Funds auflegt. Bei Investoren wie Pensions- und Versorgungskassen und Versicherungen sicherte sich FAP Kapitalzusagen von über 300 Millionen Euro.
Zielrenditen sind attraktiv
Das große Anlegerinteresse ist nachvollziehbar. Je nach Risikoprofil der Finanzierungen bewegen sich die Zielrenditen der Fonds zwischen fünf (Whole-Loan-Bereich) und neun Prozent (Mezzanine-Bereich). Sogar die Domäne großer Pfandbriefbanken, die Kreditvergabe auf Basis erstrangig im Grundbuch besicherter Immobilien in Core-Lagen mit niedrigen Beleihungsausläufen, nehmen Kreditfonds ins Visier. Selbst Versicherungen sind dabei, sich verstärkt im Kreditfonds-Segment für gewerbliche Immobilienfinanzierungen zu tummeln – nicht zuletzt Branchenprimus Allianz.
Der Beitrag erschien im Fachmagazin "Immobilienwirtschaft", Ausgabe 06/2022.
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