Klimaschutz, Ressourcenknappheit und steigende Baukosten. Bauherren, Investoren und Projektentwickler müssen umdenken. Bislang macht Holzbau in Deutschland nur einen Bruchteil der Bauproduktion aus. Der Traditionsbaustoff gewinnt allerdings zunehmend an Bedeutung. Schon in den vergangenen Jahren ist der Anteil an genehmigten Wohngebäuden in Holzbauweise gewachsen.
Die Ampel-Regierung hat unter der damaligen Bauministerin Klara Geywitz eine Holzbauinitiative ins Leben gerufen, die Hemmnisse beim klimafreundlichen Bauen mit Holz abbauen und die Nutzung heimischer, nachwachsender Rohstoffe fördern sollte. Wie es unter der schwarz-roten Koalition mit der Initiative weitergeht, ist noch unklar.
Vorteile von Holz als Baumaterial
Holz bietet als Baumaterial eine Reihe von Vorteilen, unter anderem:
- Natürliche Kohlenstoffsenke: Der Baustoff trägt zum Klimaschutz bei, immerhin sind Bäume ein natürlicher CO2-Speicher. Der Kohlenstoff bleibt auch nach der Verarbeitung der Bäume zu Bauholz im Gebäude gebunden.
- Ressourcenschonend: Sofern Bauträger heimische Hölzer verwenden, reduziert das Transportwege und den damit verbundenen CO2-Ausstoß durch LKWs. Gleichzeitig stärkt es die regionale Wertschöpfung.
- Hoher Vorfertigungsgrad: Beim modularen Bauen spielt Holz eine wichtige Rolle. Hierfür werden einzelne Holzelemente in Werkhallen vorgefertigt und auf der Baustelle montiert. Dadurch gibt es seltener witterungsbedingte Verzögerungen und auch weniger Lärm und Schmutz auf der Baustelle, was für Arbeiter und Anwohner angenehmer ist.
- Geringes Eigengewicht: Im Vergleich zu Beton oder Stahl ist Holz deutlich leichter. Das bietet vor allem beim Aufstocken von Bestandsgebäuden viele Vorteile.
- Weiche Faktoren: Viele Menschen empfinden das Raumklima in Gebäuden mit sichtbaren Holzelementen als besonders angenehm. Der Komfort kann dazu führen, dass Mieter seltener die Wohnung wechseln, und spart somit Vermietern Zeit und Kosten für Mieterwechsel.
Um einen positiven Effekt zu erzielen, müssen Häuser nicht zwingend vollständig aus Holz sein.Das Material ist wegen seiner Leichtigkeit ein geeigneter Baustoff, um Quartiere zu verdichten und Gebäude aufzustocken. Auch im Neubau kann eine Hybridbauweise die optimale Lösung sein.
"Angenommen, im Erdgeschoss eines Hauses ist eine Sondernutzung vorgesehen wie zum Beispiel Kindergärten oder Läden – dann kann es eine gute Lösung sein, das Erdgeschoss in konventioneller Bauweise zu errichten und die anderen Etagen aus Holz", sagt Annette Hafner, Professorin und Leiterin des Lehrstuhls Ressourceneffizientes Bauen an der Ruhr-Universität Bochum. "Wir sollten die Holzbauweise immer dort einsetzen, wo sie sinnvoll ist."
Professor Alexander Rudolphi, Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), sieht den ausschließlichen Einsatz reiner Holzbauten eher kritisch. "Holz ist ein toller Baustoff, aber wir benötigen nach wie vor massive mineralische Baustoffe wie Beton, Ziegel oder Lehm zum Beispiel für den Schallschutz, Decken oder für die Wärmespeicherfähigkeit in Bauteilen." Bei jedem Bauprojekt müsse man individuell bilanzieren, ob ein reines Holzbauprojekt oder eher ein Holzhybridhaus die optimale Variante ist.
Wie jede Bauform bringt auch die Holzbauweise eine Reihe an Herausforderungen mit. Der Zustand der Wälder verschlechtert sich zunehmend und die geltende Holzeinfuhrverordnung stellt nicht sicher, dass unser Holz aus ökologisch verantwortungsvollen Quellen stammt. Falsch angewandt kann Holzbau außerdem zum Nachteil im Recycling werden, etwa durch problematische Bindemittel und Beschichtungen oder Holzkomposite mit 30 Prozent thermoplastischem PVC-Anteil, die zu gesundheitsschädlichen Abfällen werden. Feuchteschäden durch Baufehler sind ein Risiko, wenn der Holzbau nicht fachgerecht geplant und ausgeführt wird.
"Der Holzbau ist ein Baustein des nötigen Wandels im Bausektor. Er bedarf jedoch einer differenzierten Betrachtung", fasst die DGNB in einem Positionspapier zusammen. Wichtig sei eine faire, faktenorientierte und materialgerechte Betrachtung der Bauaufgabe. Jeder Bauauftrag bedarf einer individuellen Lösung. Ingenieure, Bauherren und Projektleiter, die auf Holzbau spezialisiert sind, können dabei helfen, sie zu finden. Sie sind in Deutschland allerdings bislang selten.
Holzbau – Nachhaltige Alternative für Immobilien
Eines der wichtigsten Argumente pro Holzbau ist Nachhaltigkeit. Gebäude sind für rund 17 Prozent der in Deutschland verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Holzbasierte Arten der Baukonstruktion erzeugen im direkten Vergleich in der Produktion rund 40 Prozent weniger Kohlenstoffemissionen als mineralbasierte Arten mit Baustoffen wie Kalkstein, Stahlbeton und Ziegeln. Das hat das "Tegelprojekt" ergeben, eine Studie der TU Berlin auf Grundlage des Schumacher Quartiers auf dem ehemaligen Gelände des Flughafens Berlin Tegel.
Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der bei nachhaltiger Forstwirtschaft in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Einige Experten sehen daher Holzbau als einen entscheidenden Hebel für den Weg zur Klimaneutralität, darunter der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber: "Holzbau kann nicht nur klimaneutral sein, sondern klimapositiv." Bäume entziehen der Atmosphäre Kohlenstoffdioxid und speichern sie. Wird der Baum zu Holz verarbeitet und in einem Gebäude verbaut, bleibt das extrahierte CO2 aus der Atmosphäre über die Lebensdauer dieses Hauses darin gespeichert. Jeder Kubikmeter Holz hat der Atmosphäre etwa eine Tonne Kohlenstoffdioxid entzogen und speichert sie. Zum Vergleich: Die Produktion von ein bis zwei Tonnen Zement verursacht etwa eine Tonne Kohlenstoffdioxid.
Die gemeinnützige Denkfabrik Agora Energiewende hat in der Studie "Klimaneutrales Deutschland – Von der Zielsetzung zur Umsetzung" exemplarisch vorgerechnet, wie groß der Holzbauanteil bei Neubauten auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 sein muss: Bei Einfamilienhäusern müsste er von 23 Prozent 2025 auf 35 Prozent im Jahr 2045 steigen. Bei Mehrfamilienhäusern müsste der Anteil von derzeit fünf Prozent bis auf 16 Prozent steigen, bei Nichtwohngebäuden von neun Prozent auf 20 Prozent.
"Ich bin vom Holzbau absolut überzeugt, glaube jedoch nicht, dass er den entscheidenden Beitrag zur Erreichung unserer Klimaschutzziele in der Bauwirtschaft leisten kann", sagt Rudolphi. Ob der Baustoff seine klimaeffiziente Wirkung voll entfaltet, hängt nicht nur von der Herkunft des Holzes oder der Langlebigkeit und Wärmeisolierung des Gebäudes ab. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollte das Gebäude zudem wieder in die einzelnen Bestandteile auseinandernehmbar und diese wiederverwertbar sein.