Expo Real: Logistik wird zum Liebling der Investoren

Noch vor wenigen Jahren taten sich viele Investoren schwer mit der Logistikimmobilienbranche: Es gab wenig belastbares Research, die Hallen erzielten nur niedrige Mieten und sie wirkten in Prospekten zu geerdet, um Begeisterung zu wecken. Doch das war einmal – inzwischen sieht die Lage anders aus.

Der lang anhaltende Konjunkturaufschwung – vielleicht nennen wir es später einmal die „Goldenen 10er“ – sorgte für Nachfragewachstum in fast allen Immobiliensegmenten, und der Anlagedruck eigenkapitalstarker Investoren führte auch neues Kapital zu Logistikimmobilien. Zu Recht, denn die Branche profitierte nicht nur vom Konjunkturaufschwung, sondern auch von mehreren Strukturfaktoren: Der Wandel in der Handelswelt erforderte mehr Flächen für Onlinehändler, und die zunehmende internationale Arbeitsteilung kann ebenfalls nur funktionieren, wenn die Güter reibungsarm bewegt werden können.

Logistikbauten gelten inzwischen als Core-Immobilien

Doch die Corona-Pandemie stellte viele lieb gewonnene Immobilienweisheiten ins Abseits und könnte neue prägen: Zu diesen neuen Immobilienweisheiten gehört, dass Logistikimmobilien nun als risikoarm gelten, sozusagen Core-Immobilien darstellen. Im German Debt Project der IREBS, bei dem die Immobilienakademie die Konditionen und Strategien der gewerbeimmobilienfinanzierenden Banken analysiert, zeigte sich, dass Banken aktuell Wohn- und Logistikimmobilien als besonders risikoarm bewerten.

Tatsächlich sprechen viele fundamentale Daten für die Stabilität der Logistikbranche. Der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex lag im September 2020 fast auf den Indexpunkt genau auf demselben Wert wie vor einem Jahr. Der Deutsche Hypo-Immobilienklima-Index, der von Bulwiengesa auch für das Logistiksegment erhoben wird, erzielte seit dem Lockdown fast durchgehend höhere Werte als der Stabilitätsanker Wohnen und natürlich viel höhere Indexwerte als die anderen Gewerbeimmobiliensegmente. Und für jene, die fürchten, dass die Logistik aktuell doch nur von der Stärke des Onlinehandels profitiert und aufgrund der andauernden Industrieschwäche an anderer Stelle verliert, sei gesagt, dass der Baltic Dry-Preisindex für Hauptfrachten im September zwar spürbar unterhalb des Vorjahreswertes lag, aber gleichzeitig mehr als doppelt so hoch wie in der dunkelsten Lockdown-Phase im Frühjahr 2020. Der internationale Warenhandel hat wieder etwas Fuß gefasst.

Corona zeigt Schwachstellen der Just-in-Time-Wirtschaft

Doch damit sind die Anpassungen an die Corona-Pandemie für die Logistikbranche wohl noch nicht abgeschlossen, denn die Pandemie legte die Schwachstellen einer auf Reibungslosigkeit vertrauenden internationalen Just-in-time-Wirtschaft bloß. Bereits vor Corona gab es Kritik an der aktuellen Arbeitsteilung, zum Beispiel wegen unzureichend berücksichtigter Externalitäten des Transports, wegen ungeklärter ethischer Fragen, falls die Produktion nicht hinreichend kontrolliert werden kann, und weil fein ziselierte Systeme eben nur im Labor oder im Lehrbuch dauerhaft gut funktionieren. Das hat etwas mit diesen Schmetterlingsflügelschlägen in Brasilien zu tun, die anderswo zu Stürmen führen können. Wichtige Prozesse dürfen eben nicht fragil sein.

Auch hier könnte die Pandemie katalytisch für eine zuvor geführte Diskussion wirken und Nearshoring von Produktionsstufen bewirken.

Zusätzliche Lagerkapazitäten sind nötig

Dies könnte dann der Binnenlogistik weiteren Aufschwung bringen, gleichzeitig aber die großen Verteilzentren an Häfen und Flughäfen schwächen. Zusätzlich wird es mehr Sicherheitspuffer für kritische Zwischenprodukte geben, sprich zusätzliche Lagerkapazitäten. All dies dürfte dazu führen, dass die Produktionskosten eher steigen, denn die Optimierungswellen verfolgten ja das Ziel der Kosteneinsparung. Der intensive weltweite Wettbewerb auf vielen Industrie- und Konsumgütermärkten dürfte daher wohl über kurz oder lang verhindern, dass Nearshoring zur neuen Standardantwort wird. Corona veränderte die internationale Arbeitsteilung, das Virus wird sie nicht beenden. Mittelfristig dürfte die Entwicklung jedoch zusätzlich eher stärkend als schwächend auf die deutsche Logistiknachfrage wirken.


Veranstaltungshinweis für die Expo Real:

„Warum in die Ferne schweifen...?" Nearshoring für die Industrie, Konsequenzen für Logistik

14. Oktober 2020, 15 bis 15.50 Uhr, ICM, Stand Saal 13, Investment Topics Forum

Moderation: Prof. Dr. Tobias Just, IREBS Immobilienakademie, Universiät Regensburg  Teilnehmer:  Thomas Glatte (BASF SE), Umut Ertan (Schweizer Kapital Holding AG) und Malte-Maria Münchow (Deka Immobilien GmbH)