ESG und Denkmalschutz: Chancen für Eigentümer und Investoren
Gesetzliche Regelungen, die den Klimaschutz über den Denkmalschutz stellen, eröffnen Handlungsspielräume für Eigentümer und Investoren und bieten Chancen für eine wirtschaftliche und nachhaltige Bestandsentwicklung. Der Immobilienberater Colliers stellt in der ersten Ausgabe des neuen Formats "ESG Dialog" die Perspektiven für Baudenkmäler im Kontext von Nachhaltigkeit vor und bietet einen Überblick über regulatorische Rahmenbedingungen, Markteinschätzungen und Lösungsansätze.
Die Untersuchung enthält außerdem eine Umfrage unter Asset-, Fonds-, Portfolio- und Transaction-Managern und eine statistische Auswertung zum Anteil denkmalgeschützter Gewerbeimmobilien in deutschen Städten durch den Geomarketing-Anbieter Nexiga. Demnach ist Düsseldorf mit einem Baudenkmal-Anteil von mehr als 18 Prozent der Gebäude mit gewerblicher Nutzung Spitzenreiter, gefolgt von Leipzig mit acht Prozent.
Regulatorik: Neue Möglichkeiten für Eigentümer und Investoren
Klimaschutz gilt als übergeordnetes öffentliches Interesse, das zunehmend Vorrang vor den Belangen des Denkmalschutzes hat. Das regeln neue gesetzliche Entwicklungen und Gerichtsurteile, die Klimaschutzmaßnahmen wie Solaranlagen und energetische Sanierungen immer häufiger über den Denkmalschutz stellen.
"Zwar sehen viele Marktteilnehmer die Nachhaltigkeitsperformance und das Potenzial von Baudenkmälern kritisch, doch in der Praxis ist der Denkmalschutz kein Widerspruch zur Nachhaltigkeit", sagt Till Brühöfener-McCourt, Head of ESG Services bei Colliers Deutschland. So bestehen etwa im DGNB Zertifizierungssystem und dem Baudenkmalschutz zahlreiche Synergieeffekte, die das Papier aufzeigt.
Experten, unter anderem aus den Bereichen Bestandsentwicklung und Beratung, erklären darin, dass Denkmalschutz und Nachhaltigkeit bei interdisziplinärer Planung auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit keine Gegensätze sind.
Colliers-Paper "ESG Dialog Baudenkmal & Nachhaltigkeit" (Download)
Makler: Umdenken bei Zielkonflikten
Für die Mehrzahl der Gebäudeeigentümer ist es laut Aengevelt Immobilien zunächst ein Schock, wenn ein Objekt unter Denkmalschutz gestellt wird – was auch bei jüngeren Gebäuden der Fall sein kann. Zwar profitieren Denkmäler von einer Sonder-AfA und können unter bestimmten Bedingungen auch Fördermittel erhalten; die Mehrkosten für denkmalgerechte Sanierungen und Umbauten übersteigen aber in aller Regel die Fördersummen.
Besonders kritisch ist, dass der Denkmalschutz in vielen Fällen in den Konflikt mit dem Klimaschutz gerät: In vielen Fällen dürfen historische Fassaden nicht gedämmt werden, keine dreifachverglasten Fenster eingesetzt werden, Solarthermie oder Photovoltaik auf dem Dach ist nicht oder nur eingeschränkt zulässig, auch Wärmepumpen und Erdsonden werden abgelehnt. Das kann laut Aengevelt zu dem Effekt führen, dass Baudenkmäler nicht mehr genutzt werden können und Revitalisierungsmaßnahmen nicht im Spektrum des möglichen Ermessens genehmigt werden.Dabei sind energetisch ineffiziente historische Gebäude nicht von der periodisch anwachsenden CO2-Abgabe ausgenommen und werden sommit immer unwirtschaftlicher.
Einige Bundesländer haben die Denkmalschutzgesetze überarbeitet, um den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen besser gerecht werden zu können. "Aber Denkmaleigentümer und Denkmalinvestoren sind bislang noch weitgehend unverändert mit zu engen Ermessensentscheidungen oder auch umgekehrt mit der noch weiterhin unzureichenden Ermessenhandhabung und -ausübung der Genehmigungs- und Beraterbehörden konfrontiert", sagt Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien. Im Ergebnis müssten verträgliche Lösungen gefunden werden, um Abseitsstellungen, Leerstand, Verfall und Abriss zu vermeiden.
Grundsatzurteile: Klimaschutz steht über Denkmalschutz
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat Ende 2024 in zwei Grundsatzurteilen klargestellt: Das öffentliche Interesse am Klimaschutz und dem Ausbau von erneuerbaren Energien stehen bei Abwägung über dem Denkmalschutz.
"Nach einer im Juli 2022 in Kraft getretenen Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz sollen, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausneutral ist, die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Diese Vorgabe, für die dem Bund eine Gesetzgebungskompetenz zukommt, beeinflusst auch das nordrhein-westfälische Denkmalschutzrecht", sagte die Vorsitzende Richterin Gudrun Dahme in der Urteilsbegründung.
Weiterhin müsse abgewogen werden zwischen dem Denkmalschutz und dem Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien. Dem Klimaschutz sei Vorrang zu geben, so das OVG. Nur besondere Umstände des Denkmalschutzes könnten dem Bau von Solaranlagen entgegenstehen. Bei der Prüfung, ob solche besonderen Umstände vorliegen, komme es auf die Gründe an, aus denen die denkmalrechtliche Unterschutzstellung erfolgt ist.
(OVG NRW, Urteile v. 27.11.2024, 10 A 2281/23 und 10 A 1477/23)
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