Gesetzestext

 

(1) 1Eine aufschiebend bedingte Forderung wird bei einer Abschlagsverteilung mit ihrem vollen Betrag berücksichtigt. 2Der auf die Forderung entfallende Anteil wird bei der Verteilung zurückbehalten.

(2) 1Bei der Schlußverteilung wird eine aufschiebend bedingte Forderung nicht berücksichtigt, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung so fernliegt, daß die Forderung zur Zeit der Verteilung keinen Vermögenswert hat. 2In diesem Fall wird ein gemäß Absatz 1 Satz 2 zurückbehaltener Anteil für die Schlußverteilung frei.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Vor Einführung der InsO wurde die Berücksichtigung aufschiebend bedingter Forderungen in den §§ 154, 156 und 168 KO geregelt.

Die Vorschrift regelt, in welchem Umfang aufschiebend bedingte Insolvenzforderungen (§ 38) an einer Verteilung teilnehmen können. Während Abs. 1 die Berücksichtigung im Rahmen einer Abschlagsverteilung (§ 187 Abs. 2) regelt, befasst sich Abs. 2 mit der Berücksichtigung im Rahmen der Schlussverteilung (§ 196). Ergänzende Vorschriften hinsichtlich der Behandlung aufschiebend bedingter Forderungen finden sich in

2. Anwendungsbereich

 

Rn 2

Umfasst werden ausschließlich Insolvenzforderungen nach § 38. Forderungen, die nach § 189 oder § 190 nicht zu berücksichtigen sind, sind auch nach § 191 nicht zu berücksichtigen. Sofern die Voraussetzungen des § 189 oder § 190 vorliegen, gehen diese § 191 vor.[1]

 

Rn 3

Aufschiebend bedingte Forderungen sind nicht nur solche gemäß § 158 Abs. 1 BGB. Während die zivilrechtliche Regelung nur rechtsgeschäftliche Bedingungen umfasst, sind aufschiebend bedingte Forderungen gemäß § 191 auch solche, die einer gesetzlichen Bedingung oder einer Rechtsbindung unterstehen.[2]

Auch befristete Forderungen mit ungewissem Fälligkeitstermin[3] und Ansprüche aus Hinterbliebenenrente, Altersruhegeld und Berufsunfähigkeitsrente, sofern der Versorgungsfall nicht eingetreten ist, sind mithin aufschiebend bedingt gemäß § 191.[4]

Umfasst werden auch Rückgriffsansprüche unter Gesamtschuldnern (§ 426 BGB) sowie des Bürgen (§ 774 BGB), soweit die Hauptforderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens übergegangen ist. Ansonsten ist der Rückgriffsanspruch gemäß § 44 uneingeschränkt geltend zu machen.[5]

Auch Steuerforderungen, die vor Verfahrenseröffnung insolvenzrechtlich (§ 38) begründet wurden, aber erst nach Eröffnung mit Ablauf des Besteuerungszeitraums entstehen, fallen unter § 191.

[1] MünchKomm-Füchsl/Weishäupl/Kebekus/Schwarzer, § 191 Rn. 2.
[2] Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 191 Rn. 2; HambKomm-Herchen, § 191 Rn. 6.
[3] So auch BGH ZInsO 2005, 535, 536; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 191 Rn. 3; a.A. Münch-Komm-Bitter, § 41 Rn. 10.
[4] Jaeger-Meller-Hannich, § 191 Rn. 4.
[5] Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 191 Rn. 3.

3. Allgemeine Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer aufschiebend bedingten Forderung im Verteilungsverfahren

 

Rn 4

Zunächst kommt auch bei aufschiebend bedingten Forderungen eine Berücksichtigung im Rahmen einer Verteilung überhaupt nur dann in Betracht, wenn

  • es sich um eine in Anwendung des § 178 Abs. 1 oder des § 183 Abs. 1 festgestellte Forderung handelt oder
  • es sich eine titulierte Forderung i. S. d. § 179 Abs. 2 handelt, die geprüft, aber bestritten wurde und bei der der Titel bei der Prüfung vorgelegen hat, oder
  • eine sonstige geprüfte und bestrittene Forderung vorliegt, hinsichtlich derer dem Verwalter nachgewiesen wurde, dass die Forderung nach § 189 Abs. 1 und 2 rechtzeitig klagweise geltend gemacht wurde.[6]
[6] Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 191 Rn. 1; Nerlich/Römermann-Westphal § 191, Rn. 4.

4. Besondere Modalitäten für die Berücksichtigung aufschiebend bedingter Forderungen im Verteilungsverfahren (§ 191)

 

Rn 5

Handelt es sich bei der aufschiebend bedingten Forderung um eine solche nach § 191 Abs. 2, so kommt eine Berücksichtigung wie folgt in Betracht:

4.1 Berücksichtigung durch Zurückbehaltung bei Abschlagsverteilungen (§ 191 Abs. 1)

 

Rn 6

§ 191 Abs. 1 bestimmt, dass eine aufschiebend bedingte Forderung bei einer Abschlagsverteilung zwar mit ihrem vollen Betrag berücksichtigt, der auf die Forderung entfallende Anteil jedoch zurückbehalten wird.

Tritt die Bedingung vor der Schlussverteilung ein, so ist der zurückbehaltene Betrag an den Gläubiger auszuzahlen. Der Nachweis des Eintritts der Bedingung obliegt dem Gläubiger. Sofern die Bedingung ausbleibt, wird der zurückbehaltene Betrag für die Masse frei.[7]

[7] MünchKomm-Füchsl/Weishäupl/Kebekus/Schwarzer, § 191 Rn. 8.

4.2 Berücksichtigung durch Auszahlung bei Schlussverteilungen (§ 191 Abs. 2 Satz 1)

 

Rn 7

In Abs. 2 Satz 1 wird festgelegt, dass eine aufschiebend bedingte Forderung bei der Schlussverteilung dann nicht berücksichtigt wird, wenn die Forderung aufgrund der Unwahrscheinlichkeit des Eintritts der Bedingung keinen Vermögenswert darstellt. Die Wertlosigkeit einer Forderung i. S. d. Abs. 2 Satz 1 hat der Insolvenzverwalter zu beweisen.[8] Über Streitigkeiten hinsichtlich der Wertigkeit der Forderung entscheidet nach § 194 aufgrund von Einwendungen gegen das Verteilungsverzeichnis das Insolvenzgericht.

[8] Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 191 Rn. 10.

4.3 Berücksichtigung zurückbehaltener Anteile in der Schlussverteilung (§ 191 Abs. 2 Satz 2)

 

Rn 8

Des Weiteren wird nach § 191 Abs. 2 Satz 2 ein im Rahmen einer Abschlagsverteilung zurückbehaltener Anteil für die Schlussverteilung frei, wenn zum Zeitpunkt der Schlussverteilung die aufschiebend bedingte Forderung ...

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