0,03 %-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte

Kann das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt werden, erhöht sich grundsätzlich der (nach der 1 %-Methode ermittelte) Wert für jeden Kalendermonat um 0,03 % des obigen Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Die 0,03 %-Regelung ist unabhängig von der 1 %-Regelung selbstständig anzuwenden, wenn das Kraftfahrzeug ausschließlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen wird.

Wird dem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug dauerhaft zur Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen, so findet die 0,03 %-Regelung auch Anwendung für volle Kalendermonate, in denen das Fahrzeug tatsächlich nicht für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird.

Die Finanzverwaltung hat ihre Regeln unter dem Eindruck der Corona bedingten Pandemiesituation hier nochmals deutlich klargestellt bzw. verschärft: Der pauschale Nutzungswert ist auch dann anzusetzen, wenn aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder anderer Umstände Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nicht arbeitstäglich anfallen (z. B. aufgrund Teilzeitvereinbarung, Homeoffice, Dienstreisen, Kurzarbeit, Auslandsaufenthalt). Ein durch Urlaub oder Krankheit bedingter Nutzungsausfall ist im pauschalen Nutzungswert ebenfalls berücksichtigt.

Hinweis: Ein geringerer Nutzungsvorteil kann nur angesetzt werden, wenn die Einzeltage ermittelt und die Versteuerung tageweise mit 0,002 % angesetzt wird, dazu mehr unter der Überschrift "Die Alternative: Tage mit Fahrten zum Arbeitsplatz zählen".

Pauschalierung der Lohnsteuer 

Die geldwerten Vorteile können mit 15 % Lohnsteuer pauschaliert werden (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG). Dabei ist die Pauschalierung auf die Höhe der als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale beschränkt. Bei einer 5-Tage-Woche mit Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte kann davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfolgen.

Beispiel: Eine Mitarbeiterin (Vollzeit) nutzt für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen vom Arbeitgeber unentgeltlich überlassenen Firmenwagen (kein E-Auto, Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung 40.000 EUR). Die einfache Entfernung beträgt 20 km. 

Der monatliche geldwerte Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt 240 EUR (20 km x 0,03 Prozent x 40.000 EUR).

Die Entfernungspauschale beträgt im Jahr 2022: 90 EUR (0,30 EUR x 20 km x 15 Tage). 

Der Arbeitgeber kann den geldwerten Vorteil in dieser Höhe mit 15 Prozent pauschal besteuern. Der Differenzbetrag von 150 EUR ist dem (mit dem individuellen Steuersatz zu versteuernden) Bruttoarbeitslohn hinzuzurechnen. Die pauschal besteuerten Bezüge sind im Lohnkonto aufzuzeichnen und in der Zeile 18 der Lohnsteuerbescheinigung ausweisen.

Achtung: Die Anzahl der Fahrten mindert sich jedoch ab 2022 verhältnismäßig, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin bei einer in die Zukunft gerichteten Prognose an der ersten Tätigkeitsstätte typischerweise an weniger als 5 Arbeitstagen in der Kalenderwoche nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen beruflich tätig werden soll. Als Anwendungsfälle nennt die Verwaltung hier Teilzeitmodelle sowie Homeoffice, Telearbeit und mobiles Arbeiten (BMF, Schreiben v. 18.11.2021, IV C 5 - S 2351/20/10001 :002).

Bei einer 3-Tage-Woche kann damit beispielsweise nur noch davon ausgegangen werden, dass monatlich an 9 Arbeitstagen (3/5 von 15 Tagen) Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfolgen.

Wichtig: Ab dem 21. Entfernungskilometer gilt für 2021 eine Entfernungspauschale von 0,35 EUR. Ab dem Jahr 2022 ist nach dem Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022 eine Erhöhung von 0,38 EUR ab dem 21. Entfernungskilometer geplant. Die Verabschiedung des Gesetzes bleibt abzuwarten. Die erhöhten Pauschalen für weitere Entfernungen sind auch bei der Pauschalierung zu berücksichtigen.

Einzel- und Besonderheiten zur 0,03%-Regelung 

Dem pauschalen Nutzungswert ist die einfache Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zugrunde zu legen; diese ist auf den nächsten vollen Kilometer abzurunden. Maßgebend ist die kürzeste benutzbare Straßenverbindung. Der pauschale Nutzungswert ist nicht zu erhöhen, wenn das Kraftfahrzeug an einem Arbeitstag mehrmals zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.

Fahren Mitarbeiter abwechselnd von der ersten Tätigkeitsstätte zu verschiedenen Wohnungen, ist bei Anwendung der 0,03 %-Regelung der pauschale Monatswert unter Zugrundelegung der Entfernung zur näher gelegenen Wohnung anzusetzen. Für jede Fahrt von und zu der weiter entfernt liegenden Wohnung ist zusätzlich ein pauschaler Nutzungswert von 0,002 % des Listenpreises für jeden zusätzlichen Kilometer dem Arbeitslohn zuzurechnen.

Ein geldwerter Vorteil ist für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht zu erfassen, wenn dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin ein betriebliches Kraftfahrzeug ausschließlich an den Tagen für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen wird, an denen es erforderlich werden kann, dass er dienstliche Fahrten von der Wohnung aus antritt oder an der Wohnung beendet, z. B. beim Bereitschaftsdienst in Versorgungsunternehmen. Die Überlassung eines Einsatzfahrzeugs (Kommandowagen) an den Leiter der Freiwilligen Feuerwehr während seiner – ggf. auch „ständigen“ – Bereitschaftszeiten führt nicht zu Arbeitslohn (vgl. BFH Beschluss vom 19.04.2021 - VI R 43/18, vgl. Kommentierung). In diesem (Sonder-)Fall unterbleibt also auch der Ansatz der 1%-Regelung für die Privatnutzung.

Der pauschale Nutzungswert ist beim Fahrzeugpool grundsätzlich mit 0,03 % der Listenpreise aller Kraftfahrzeuge zu ermitteln und die Summe durch die Zahl der Nutzungsberechtigten zu teilen. Dieser Wert ist beim einzelnen Arbeitnehmer mit der Zahl seiner Entfernungskilometer zu multiplizieren.

Bei Anwendung der 0,03 %-Regelung und mehreren Fahrzeugen ist dem pauschalen Nutzungswert für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte stets der Listenpreis des überwiegend für diese Fahrten genutzten Kraftfahrzeugs zugrunde zu legen.

Setzt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin beim Park and Ride ein ihm oder ihr überlassenes Kraftfahrzeug bei den Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nur für eine Teilstrecke ein, weil er oder sie regelmäßig die andere Teilstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, so ist der Ermittlung des pauschalen Nutzungswerts grundsätzlich dennoch die gesamte Entfernung zugrunde zu legen. Die Finanzverwaltung will es jedoch nicht beanstanden, den Nutzungswert auf der Grundlage der Teilstrecke zu ermitteln, die mit dem betrieblichen Kraftfahrzeug tatsächlich zurückgelegt wird, wenn

  • der Arbeitgeber das Kraftfahrzeug nur für diese Teilstrecke zur Verfügung stellt oder
  • wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin für die restliche Teilstrecke einen Nachweis über die Benutzung eines anderen Verkehrsmittels erbringt, z. B. eine auf ihn oder sie ausgestellte Jahres-Bahnfahrkarte vorlegt.

Stehen Mitarbeitern gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zur Verfügung, so ist grundsätzlich für jedes Kraftfahrzeug der pauschale Nutzungswert mit monatlich 1 % des Listenpreises anzusetzen. Dem pauschalen Nutzungswert kann jedoch der Listenpreis des überwiegend genutzten Kraftfahrzeugs zugrunde gelegt werden, wenn die Nutzung der Kraftfahrzeuge durch andere zur Privatsphäre gehörende Personen so gut wie ausgeschlossen ist. 

Die Alternative: Tage mit Fahrten zum Arbeitsplatz zählen

Unter folgenden Voraussetzungen ist eine auf das Kalenderjahr bezogene Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer für höchstens 180 Tage zulässig:

  • Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin hat gegenüber dem Arbeitgeber monatlich fahrzeugbezogen schriftlich zu erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er oder sie das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat; die bloße Angabe der Anzahl der Tage reicht nicht aus. Diese Erklärungen hat der Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren. Es ist aus Vereinfachungsgründen nicht zu beanstanden, wenn für den Lohnsteuer­abzug jeweils die Erklärung des Vormonats zugrunde gelegt wird.
  • Der Arbeitgeber hat aufgrund der Erklärungen den Lohnsteuerabzug durchzuführen, sofern die betroffenen Mitarbeiter nicht erkennbar unrichtige Angaben machen. Ermittlungspflichten des Arbeitgebers ergeben sich hierdurch nicht.
  • Wird eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten vorgenommen, so hat der Arbeitgeber eine jahresbezogene Begrenzung auf insgesamt 180 Fahrten vorzunehmen. Eine monatliche Begrenzung auf 15 Fahrten ist ausgeschlossen.
  • Im Falle der Einzelbewertung ist eine evtl. Lohnsteuerpauschalierung anhand der erklärten Anzahl der Tage vorzunehmen. Die Vereinfachungsregelung, dass an 15 Arbeitstagen von Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ausgegangen werden kann, ist hier nicht anzuwenden (vgl. BMF, Schreiben v. 18.11.2021, IV C 5 - S 2351/20/10001 :002).
  • Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist der Arbeitgeber auf Verlangen der Mitarbeiter zur Einzelbewertung verpflichtet, wenn sich aus der arbeits­vertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nichts anderes ergibt. Allerdings sind dann die Angaben zu den tatsächlichen Fahrten zusätzliche Voraussetzung.
  • Der Arbeitgeber muss die Anwendung der 0,03 %-Regelung oder der Einzelbewertung für jedes Kalenderjahr einheitlich festlegen. Die Methode darf während des Kalenderjahres nicht gewechselt werden.
  • Neuerdings erlaubt die Finanzverwaltung jedoch beim Lohnsteuerabzug einen rückwirkenden Wechsel für das gesamte Kalenderjahr. Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs (Wechsel von der 0,03 %-Regelung zur Einzelbewertung oder umgekehrt) ist im laufenden Kalenderjahr und vor Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung grundsätzlich möglich. Somit kann auch am Jahresende noch eine Entscheidung zur Einzelbewertung für das abgelaufene Jahr getroffen werden.
  • Im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung sind die Mitarbeiter ohnehin nicht an die im Lohnsteuerabzugsverfahren angewandte 0,03 %-Regelung gebunden und können für das gesamte Kalenderjahr zur Einzelbewertung wechseln.

Beispiel:

Arbeitnehmer S hat seit Jahren einen Firmenwagen mit einem Listenpreis von 50.000 EUR. Sein Arbeitsweg beträgt 20 km. Die Privatnutzung wird mit der 1 %-Regelung versteuert, die Fahrten zur Arbeit pauschal mit 0,03 %.

Aufgrund der anhaltenden Pandemiesituation ist S Anfang 2022 fast durchgängig im Homeoffice tätig gewesen und im Januar/Februar nur an wenigen Tagen in der Firma. Aufgrund Resturlaubs hat S im März 2022 gar keine beruflichen Fahrten absolviert. Im Juli 2022 hat S traditionell einen ganzen Monat Urlaub, den er 2022 erstmalig wieder im Ausland verbringt. Am Jahresende stellt S fest, dass der zu versteuernde geldwerte Vorteil für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte ganz schön hoch ist.

Nach seinen Arbeitszeitaufzeichnungen war er insgesamt im Jahr 2022 nur an 80 Arbeitstagen in der Firma. Er hat gehört, dass bei der 0,03 %-Regelung eigentlich immer 180 Tage versteuert werden.

Der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung beträgt monatlich 500 EUR. Werden die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte monatlich pauschal erfasst kommen hinzu:          

0,03 % x 20 km x 50.000 EUR = 300 EUR.

Auf das Jahr ergibt das einen geldwerten Vorteil von 3.600 EUR.

Ein Aussetzen der Versteuerung für einzelne Monate kommt nicht in Betracht.

Steuerlich günstiger wäre jedoch eine Versteuerung der Einzelfahrten:

0,002 % x 80 Tage x 20 km x 50.000 EUR = 1.600 EUR.

Das Wahlrecht sollte spätestens Ende 2022 beim Lohnsteuerabzug ausgeübt werden. Falls der Arbeitgeber das ablehnt, könnte S auch die Einzelversteuerung im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2022 beantragen.

Schlagworte zum Thema:  Firmenwagen, Arbeitnehmer, 1%-Regelung, Fahrtenbuch