Wirksame Wettbewerbsverbote in der Anwaltskanzlei, was muss rein?

Wenn in großen Anwaltskanzleien einzelne Teams gehen, ist das schmerzlich, aber verkraftbar. Die Finanzkraft erlaubt es, den Verlust durch Einkauf neuer Rechtsexperten zu ersetzt. In kleinen Kanzleieinheiten klappt das mangels entsprechender Kapitalstöcke nicht so leicht. Wettbewerbsverbote und Mandantenschutzklauseln können helfen, sollten aber wirksam formuliert sein.

Scheiden tut weh - besonders wenn ein hoffnungsvoller und gut eingearbeiteter junger Rechtsanwalt die Kanzlei verlässt und schlimmstenfalls tüchtige Kollegen und gute Mandanten mitnimmt. Wer hier vertraglich vorbeugen will, dem sollten keine Fehler unterlaufen.

Wettbewerbsverbote neigen dazu, unwirksam zu sein 

Meistens ist selbst ein eingeschränktes Wettbewerbsverbot unwirksam, wenn nicht parallel auch eine angemessene Kompensation der Ausscheidenden für den von ihnen mit erarbeiteten und den Wert ihrer Beteiligungen prägenden immateriellen Wert der Partnerschaft vorgesehen ist.  Das hat das Oberlandesgericht Celle entschieden ( 19.03.2007, I-9 U 46/079 U 46/07). In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatten zwei Anwälte, von denen einer über 90 Jahre alt ist, vier jüngere Kollegen als Junior-Partner in die Kanzlei aufgenommen.

Von Aussteiger bearbeitete Mandate nicht mitnehmen?

Im Sozietätsvertrag hatten sie unter anderem vereinbart, dass die Junior-Partner, falls sie die Kanzlei wieder verlassen, die von ihnen bearbeiteten Mandate nicht mitnehmen dürfen. Da dafür im Vertrag keine Entschädigung vorgesehen war, hielt das OLG Celle die Regelung für unwirksam. Damit folgte das Gericht zwar dem Standpunkt der beiden verbliebenen Partner, sie hätten den Ruf der Sozietät entscheidend begründet und bräuchten jüngeren Partnern, die zudem kein Eintrittsgeld gezahlt haben, daran nicht durch einen Ausgleich zu beteiligen. Andererseits dürfte der Kanzlei aber durch den Weggang der vier Partner und die zu erwartende Mitnahme der Mandanten ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstanden sein. 

Good Will muss abgefunden werden

Ein Wettbewerbsverbot, so die Ausführungen des Gerichts, sei nur gerechtfertigt, um die Partner des aus einer Gesellschaft Ausgeschiedenen vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Missbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen.

Gehe das Verbot über dieses erforderliche Maß hinaus, „so ist es nach § 138 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG sittenwidrig und (sofern das erforderliche Maß nicht nur in zeitlicher Hinsicht überschritten wird, was hier nicht der Fall ist) insgesamt nichtig“. Der Partnerschaftsvertrag belaste den infolge einer ordentlichen Kündigung ausscheidenden Partner demzufolge in doppelter Hinsicht:

  • Einerseits solle der Mandantenstamm vollständig bei der Partnerschaft verbleiben,
  • andererseits eine finanzielle Kompensation in Form einer Ausgleichszahlung entgegen der Regel gem. § 738 Abs. 1 BGB hierfür nicht erfolgen.

Mandatsschutz und Beteiligung am Good Will in ein Gleichgewicht bringen

Bei einer Partnerschaft von Freiberuflern stelle gerade dieser Good Will regelmäßig den entscheidenden Wert der Gesellschaft dar. „Bei einer Auseinandersetzung ist dem im Sinne eines Ausgleichs der vorhandenen Werte der Partnerschaft Rechnung zu tragen, denn Mandatsschutz und Beteiligung am Good Will hängen voneinander ab und sind in ein Gleichgewicht zu bringen“, fordern die Celler Richter.

Wer bei neu in eine Kanzlei einsteigenden Anwälten also auf Nummer sicher gehen will, der muss ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit Abfindungsregel in den Vertrag hineinschreiben oder gleich zu Beginn der Zusammenarbeit eine Kapitaleinlage fordern. 

Irgendwann ist Schluss: 2 Jahre Maximum

Ein über zwei Jahre hinausgehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot für einen aus einer Freiberuflersozietät ausgeschiedenen Gesellschafter verstößt nach der Rechtsprechung des BGH in zeitlicher Hinsicht gegen § 138 BGB, weil sich nach einem Zeitraum von zwei Jahren die während der Zugehörigkeit zur Gesellschaft geknüpften Mandantenverbindungen typischerweise so gelöst haben, dass der ausgeschiedene Partner wie jeder andere Wettbewerber behandelt werden kann (v. 29.09.2003, II ZR 59/02). Wird das Wettbewerbsverbot über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre vereinbart, führt dies allerdings nicht gleich zur Nichtigkeit der Abrede, sondern hat nach Ansicht der Karlsruher Richter lediglich die zeitliche Begrenzung des Mandantenschutzes auf längstens zwei Jahre zur Folge (BGH v. BGH, 08.05.2000, II ZR 308/98).

Auch räumlich und gegenständlich Maß halten

Daneben hat der BGH in einer neueren Entscheidung betont, dass Wettbewerbsklauseln in Sozietätsverträgen keinen Sanktionscharakter haben dürfen. Das nahmen die Bundesrichter in dem konkreten Fall allerdings an. Dort war ein Anwalt mit Schwerpunkt Medizinrecht laut Gesellschaftsvertrag auf die Dauer von fünf Jahren gleich für den gesamten Regierungsbezirk mit einer Einwohnerzahl von mehreren Millionen Menschen jegliche Konkurrenztätigkeit verboten worden.

Nestflüchter praktisch lahm gelegt

Ein Verstoß hiergegen sollte schon darin liegen, dass der ausgeschlossene Partner „als Rechtsanwalt oder wie ein solcher tätig” wird, „oder sich an einer Anwaltssozietät” beteiligt „oder in ähnlicher Weise (z.B. Rechtsbeistandskanzlei, Steuerberatungsgesellschaft oder ähnliche Büros bzw. Unternehmen) sich betätigt oder beteiligt“. Das Wettbewerbsverbot beschränkte sich zudem nicht, wie dies bei einer Mandantenschutzklausel der Fall ist, auf die bisher von der Kanzlei betreuten Mandanten, sondern erfasste alle im Bezirk O. wohnenden potentiellen Mandanten. Auch diese Klausel kassierte der BGH ein (18.07.2005, II ZR 159/03).