Rn 3

§ 246 setzt eine zu verzinsende Schuld voraus. Als solche kommt praktisch zwar nur eine Geldschuld in Betracht (s hierzu §§ 244, 245 Rn 8–11), theoretisch können aber kraft rechtsgeschäftlicher Vereinbarung auch andere, auf die Leistung vertretbarer Sachen gerichtete Schulden verzinslich sein; der Wortlaut des § 246 ist zumindest nicht auf Geldschulden beschränkt (Schmidt Geldrecht, § 246 Rz 10).

I. Zinsschuld.

 

Rn 4

Eine Zinsschuld liegt vor, wenn das betreffende Schuldverhältnis ausdrücklich durch Gesetz oder Rechtsgeschäft auf die Leistung von Zinsen gerichtet ist (Jauernig/Mansel § 246 Rz 5). Sie ist eine sich ständig erneuernde Nebenschuld (BGH LM Nr 2 zu § 248), da sie immer neben eine (verzinsliche) Hauptschuld tritt; zwar kann auch die Zahlung von ›Zinsen‹ ohne bestehende Hauptschuld vereinbart werden, allerdings handelt es sich dann nicht um eine Zinsschuld im von § 246 gemeinten Sinne, sondern um eine Rentenschuld (s Rn 6). Die Zinsschuld ist insoweit akzessorisch, als sie in ihrer Entstehung von der Hauptschuld abhängig ist (Ausnahme für Zinsscheine in § 803). Auch erfassen Sicherheiten der Hauptschuld die Zinsschuld mit (s §§ 1118, 1192, 1210, 1289; Jauernig/Mansel § 246 Rz 5; zur Bürgschaft s § 767 Rn 3). Hinsichtlich ihres Fortbestandes jedoch ist die Zinsschuld selbstständig: Sie kann isoliert und damit ohne die Hauptforderung abgetreten, ge- und verpfändet sowie gesondert eingeklagt werden und unterliegt einer eigenständigen Verjährung (vgl einschr hierzu § 217; RGZ 94, 137 f; jurisPK-BGB/Toussaint § 246 Rz 28 [Formelle Selbstständigkeit]). Für die Zinsen eines entgeltlichen Darlehens ergibt sich hingegen aus § 488, dass diese im Gegenseitigkeitsverhältnis (§§ 320 ff) zur Kapitalüberlassung stehen (Jauernig/Mansel § 488 Rz 18), weshalb für sie weder der Grundsatz der Akzessorietät noch § 217 gilt (Müller WM 02, 465, 469 f).

II. Zinsbegriff.

 

Rn 5

Das BGB selbst definiert den Begriff des Zinses nicht. Heute gebräuchlich (grundl Canaris NJW 78, 1891, 1892; ihm folgend etwa BGH NJW 79, 540, 541; 805, 806 [BGH 09.11.1978 - III ZR 21/77]; Jauernig/Mansel § 246 Rz 2; Staud/Blaschczok [1997] § 246 Rz 6) ist folgende Definition: Danach sind Zinsen eine gewinn- und umsatzunabhängige, laufzeitabhängige, in Geld oder anderen vertretbaren Sachen zu entrichtende Vergütung für die Möglichkeit des Gebrauchs von Kapital. Die Voraussetzung der ›wiederkehrenden Entrichtung‹ findet sich in dieser Definition zu Recht nicht mehr – die hierauf bedachte frühere Rspr bedingte eine zu starke Verengung des Zinsbegriffs (zB RGZ 168, 284, 285; s Jauernig/Mansel § 246 Rz 2). Auch ist es nicht erforderlich, dass die Zinsen einen ›im Voraus bestimmten Bruchteil‹ des Kapitals ausmachen; vielmehr kann die Zinshöhe von wechselnden Umständen, wie etwa dem Basiszinssatz (s § 247) abhängen (BGH LM § 247 Nr 2; Grüneberg/Grüneberg § 246 Rz 2). Obwohl als Kapital zumeist lediglich Geld angesehen wird, kommen hierfür auch sonstige vertretbare Sachen in Betracht (s.o. Rn 3; NK/Bergdolt § 246 Rz 8).

 

Rn 6

Entscheidend für die Charakterisierung einer Leistung als Zins ist ihr wahrer wirtschaftlicher Zweck; die Bezeichnung (zB ›Gebühr‹, ›Provision‹, ›Spesen‹ etc) ist ohne Bedeutung. Zwingende Zinsvorschriften, wie etwa §§ 248, 289 S 1, 489, können nicht durch eine abweichende Bezeichnung umgangen werden (Jauernig/Mansel § 246 Rz 2); die Qualifikation als Zins unterliegt nicht der Parteidisposition (vgl jurisPK-BGB/Toussaint § 246 Rz 10). Keine Zinsen sind zB: wiederkehrende Leistungen, die allein geschuldet werden, ohne dass daneben ein Kapital als solches geschuldet wird, wie zB Renten (BGH LM Nr 2 zu § 248; s Rn 4); Vergütungen für andere Vorteile als den Gebrauch eines Kapitals wie zB Miet-, Pacht- und Erbbau›zinsen‹ (s jedoch § 9 I ErbbauRG iVm § 1107); die Verzinsung einer Enteignungsentschädigung, da diese kein Entgelt für die Überlassung eines in Geld oder anderen vertretbaren Sachen bestehenden Kapitals ist (BGH NJW 64, 294 [BGH 14.11.1963 - III ZR 141/62]). Zinsen sind hingegen zB: Kreditgebühren beim Teilzahlungskredit (BGH NJW 79, 805, 806 [BGH 09.11.1978 - III ZR 21/77]; 89, 222, 223 [BGH 24.11.1988 - III ZR 188/87]; Canaris NJW 78, 1891, 1893 [Einbeziehung in den Darlehensbetrag stellt nur besondere Zahlungsabrede dar]); Überziehungsentgelte (BGHZ 118, 126) sowie einmalige Sonderleistungen (Jauernig/Mansel § 246 Rz 4 [verschleierte Zinsen]), wenn es sich hierbei in Wahrheit um eine Kapitalüberlassungsvergütung handelt (Canaris NJW 78, 1891, 1892). In letzterem Zusammenhang ist im Wege der Auslegung zumeist auch das idR zu einer Senkung des Nominalzinses führende Disagio einzuordnen (BGHZ 133, 358; NJW 00, 352 [wirtschaftliche Funktion von Zinsen]; Jauernig/Mansel § 246 Rz 4).

III. Keine anderweitige Bestimmung.

 

Rn 7

§ 246 findet nur dann Anwendung, wenn keine andere gesetzliche oder vertragliche Bestimmung eingreift (s.o. Rn 1). Von § 246 abweichende gesetzliche Regelungen finden sich va in §§ 288 I, II, 291 S 2 (fünf bzw acht Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz aus § 247) sowie in

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