[1] Amtlicher Hinweis: Diese Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 3 der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 200 S. 35).

Gesetzestext

 

(1) 1Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. 2Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. 3Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der Basiszinssatz nach § 247 ist die zentrale Bezugsgröße für Zinsen (S 1. u 2. VO zur Ersetzung von Zinssätzen v 5.4. u 13.5.02, BGBl I 1250 und 1582; Petershagen NJW 02, 1455); im Gegensatz zu § 246 (starre 4 %; s § 246 Rn 9) handelt es sich um einen dynamisierten Zinssatz, der nur dann anzuwenden ist, wenn eine gesetzliche Vorschrift, eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung oder ein Vollstreckungstitel (zu deren Auslegung durch den Gerichtsvollzieher vgl BGH NJW-RR 13, 511 [BGH 07.02.2013 - VII ZB 2/12] Rz 12) ausdrücklich auf ihn als Referenzgröße verweisen. Durch Regelung im DÜG v 9.6.98 sowie in der Basiszinssatz-Bezugsgrößen-Verordnung (BazBV) v 10.2.99 war der Basiszinssatz zunächst lediglich als Übergangslösung für den mit der Euro-Einführung nicht fortgeführten Diskontsatz der Deutschen Bundesbank gedacht. Nach erheblichen Modifizierungen zwecks Anpassung an die RL 2000/35/EG zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABlEG Nr L 200 v 8.8.00, 35), wurde die Regelung schließlich durch das SchRModG mit Wirkung zum 1.1.02 als (neuer) § 247 in das BGB eingefügt (zu den unionsrechtlichen Vorgaben Gebauer/Wiedmann/Schmidt-Kessel Verzug Rz 26; Überleitungsvorschrift: Art 229 § 7 EGBGB). Das DÜG und die BazBV wurden durch Art 4 § 1 Nr 1 VersKapAG (BGBl I, 1219) erst mit Wirkung zum 4.4.02 aufgehoben; in der Zeit vom 1.1.02 bis zum 3.4.02 existierten damit zwei unterschiedliche Basiszinssätze – nach DÜG und nach § 247 – nebeneinander (zu den sich hieraus ergebenden Anwendungsproblemen s Petershagen NJW 02, 1455). Fragwürdig bleibt, warum der Gesetzgeber nicht jeweils unmittelbar auf die EZB-Zinssätze Bezug nimmt.

 

Rn 2

Insbes für die Bemessung der Verzugs- und Prozesszinsen nach §§ 288 I, II, 291 S 2 (fünf bzw neun [seit 29.7.14] Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) sowie für prozessuale und zwangsvollstreckungsrechtliche Kostenerstattungsansprüche nach §§ 104 I, 788 II ZPO (fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) kommt dem Basiszinssatz große Bedeutung zu. Daneben verweisen etwa § 497 IV, § 688 II ZPO, § 28 I EGZPO, §§ 305 III, 320b I, 327b II AktG, §§ 45 II, 46 Nr 2 ScheckG, §§ 28, 48 I, 49 WG, § 49a III VwVfG, §§ 44 III, 64 II, 99 III BauGB, § 28r II, III SGB IV, § 50 II (a) SGB X sowie die in der VO zur Ersetzung von Zinssätzen v 5.4.02 (BGBl I 1250) aufgezählten Vorschriften auf den Basiszinssatz. Liegt eine vertragliche Bezugnahme auf den Basiszinssatz vor, so ist auch diese als auf den jeweiligen Basiszinssatz Bezug nehmend zu verstehen (Grüneberg/Grüneberg § 247 Rz 2).

B. Höhe und Anpassung des Basiszinssatzes.

 

Rn 3

§ 247 I 1 bestimmt den Prozentsatz des Basiszinssatzes, der bei Inkrafttreten des SchRModG galt; da die erste Veränderung nach Art 229 § 7 III EGBGB bereits gleichzeitig mit dem Inkrafttreten von § 247 zum 1.1.02 erfolgte (Jauernig/Mansel § 247 Rz 2 [nach einer logischen Sekunde]), handelt es sich allerdings lediglich um eine Ausgangsgröße, an der sich die künftigen Veränderungen des Satzes zu orientieren haben. Aus I 2 geht hervor, dass der Basiszinssatz zweimal im Jahr – am 1.1. und am 1.7. – angepasst wird. Die Anpassung ist von der in II vorgeschriebenen Bekanntgabe im Bundesanzeiger unabhängig; letztere hat rein deklaratorische Bedeutung (NK/Bergdolt § 247 Rz 6, 8). Die Bezugsgröße für den Basiszinssatz ergibt sich aus I 3 der Vorschrift: Dem Basiszinssatz nach Art 2 Nr 4 der RL 2000/35/EG zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABlEG Nr L 200 v 8.8.00, 35) liegt der Marginale Zinssatz (nicht: die minimum bid rate, vgl jurisPK-BGB/Toussaint § 247 Rz 8) für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank zugrunde (maßgebend ist der letzte Stand vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres). Er betrug am 27.12.22 2,5 %; hieraus errechnet sich ein Basiszinssatz von zuletzt 1,62 % (s die jüngste Bekanntmachung BAnz AT 28.12.22 B5). Davor galten –0,88 % (1.7.16–31.12.22), –0,83 % (1.1.15–30.6.16), –0,73 % (1.7.14–31.12.14) –0,63 % (1.1.14–30.6.14), –0,38 % (1.7.13–31.12.13), –0,13 % (1.1.13–30.6.13), 0,12 % (1.1.12–31.12.12), 0,37 % (1.7.11–31.12.11), 0,12 % (1.7.09–30.6.11), 1,62 % (1.1.–30.6.09), 3,19 % (1.7.–31.12.08), 3,32 % (1.1.–30.6.08), 3,19 % (1.7.–31.12.07), 2,70 % (1.1.–30.6.07), 1,95 % ...

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