Digital Services Act

Am 5.7.2022 stimmte das Europäische Parlament dem Entwurf eines „Gesetzes über digitale Dienste“ zu. Nunmehr bleibt die Zustimmung des Rates der Europäischen Union abzuwarten. Das Gesetzesvorhaben ist Bestandteil eines umfassenden Regulierungspakets für Online-Plattformen, durch das die Verbreitung illegaler Inhalte und Desinformationen im digitalen Raum bekämpft werden soll.

Entstehung des Digital Services Act

Die Europäische Kommission fordert eine zielstrebige Reform des bestehenden EU-Rechtsrahmens für den elektronischen Geschäftsverkehr. Die bisherige Grundlage bildet die „Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr“, auch bekannt als „e-commerce-Richtlinie“. Die Richtlinie regelt seit 20 Jahren einen einheitlichen Rechtsrahmen und wird durch den Digital Services Act in einigen Aspekten ergänzt und auch aktualisiert. Seit Inkrafttreten der e-commerce-Richtlinie sind neue und innovative digitale Dienste entstanden, die das tägliche Leben der Nutzenden stark verändert haben. Insbesondere die Art und Weise der Kommunikation sowie die neuen Möglichkeiten Geschäfte zu tätigen, haben sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Die neuen digitalen Dienste haben zu einem umfassenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel geführt, wodurch jedoch neue Risiken und Herausforderungen entstanden sind. Insbesondere die COVID-19-Pandemie hat verdeutlicht, dass digitale Dienste in nahezu allen Bereichen des alltäglichen Lebens unabdingbar geworden sind. Dementsprechend ist es notwendig geworden, entsprechende Schutzmaßnahmen zu treffen und den bestehenden Rechtsrahmen anzupassen.  

Zielsetzung des neuen Gesetzes über digitale Dienste  

Grundlegendes Ziel der neuen Vorschriften ist es, das Internet zu einem sichereren Raum für die Nutzenden in Europa zu machen. Im Vordergrund steht dabei der Schutz der Grundrechte von Nutzenden sowie die Bekämpfung illegaler Inhalte und Falschinformationen im Rahmen von digitalen Diensten. Die Online-Plattformen sollen transparenter werden, was insbesondere durch die Schaffung neuer weitreichender Pflichten für Anbieter digitaler Dienste erreicht werden soll. Die Anbieter von digitalen Diensten fungieren als Bindeglied zwischen Nutzenden und den angebotenen Waren, Dienstleistungen und Inhalten im digitalen Raum. Deshalb sollen Dienstanbieter stärker in die Verantwortung genommen werden, wobei die Verpflichtungen in einem angemessenen Verhältnis zu der Art der betreffenden Dienste stehen und auf die Zahl der Nutzenden zugeschnitten sind. Dienstanbieter mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzenden im Monat werden daher als „sehr groß“ eingestuft und unterliegen strengeren Anforderungen als z.B. Start-ups oder KMU.  

Übersicht über wichtige Sorgfaltspflichten für Anbieter digitaler Dienste laut Digital Services Act 

Der Anwendungsbereich des neuen Gesetzes umfasst alle Online-Vermittler, die Dienstleistungen in der EU erbringen. Anbietende von solchen digitalen Plattformen und Diensten, die nach den o.g. Kriterien als „sehr groß“ eingestuft werden, müssen künftig eine Risikominderungsanalyse durchführen. Im Rahmen dieser Analyse müssen sie die von ihnen ausgehenden Risiken analysieren, wodurch bestehende Risiken verringert werden sollen. Im Fokus stehen dabei bestehende Gefahren wie die Verbreitung illegaler Inhalte sowie Handlungen, die nachteilige Auswirkungen auf die Grundrechte haben, insbesondere auch gegenüber Minderjährigen. Haben Minderjährige Zugriff auf einen Online-Dienst, müssen zusätzlich besondere Schutzmaßnahmen ergriffen werden, z.B. bestimmte Werbung darf nicht angezeigt werden. Zudem soll es durch neue Vorschriften für die Rückverfolgbarkeit gewerblicher Nutzer möglich sein, Verkäufer und Verkäuferinnen illegaler Waren ermitteln zu können. Den Nutzenden soll jedoch ein entsprechender Beschwerdemechanismus zur Verfügung stehen, durch den überprüft werden kann, ob der Inhalt einer digitalen Plattform zu entfernen ist.  

Wichtige Begriffsbestimmung: Vermittlungsdienst

Im Rahmen des Digital Services Act wird der Begriff „Vermittlungsdienst“ verwendet. Der Begriff umfasst eine der folgenden drei Dienstleistungen:

  • „reine Durchleitung“: Es handelt sich um eine Leistung, bei der von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in ein Kommunikationsnetz übermittelt werden oder der Zugang zu einem solchen Kommunikationsnetz vermittelt wird.
  • „Caching“: Dies beschreibt eine Leistung, bei der die vom Nutzer bereitgestellten Informationen in einem Kommunikationsnetz übermittelt werden, wobei eine automatische und zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung der Informationen erfolgt. Die Speicherung soll allein dem Zweck dienen, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten.
  • „Hosting“: Beschreibt eine Leistung, bei der von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag gespeichert werden.

Je nach Leistungsart sind im Digital Services Act verschiedene Haftungsmöglichkeiten für die betroffenen Dienstanbieter festgelegt. Beim Hosting z.B. haftet der Dienstanbieter nicht für die im Auftrag des Nutzers gespeicherten Informationen, sofern er

  • keine tatsächliche Kenntnis von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder illegalen Inhalten hat und in Bezug auf Schadensersatzansprüche auch sich solcher Tatsachen nicht bewusst ist, aus denen illegale Inhalte oder rechtswidrige Tätigkeiten resultieren können oder
  • sofern er eine solche Kenntnis illegaler Inhalte erlangt, zeitnah tätig wird, um den Zugang zu den illegalen Inhalten zu sperren oder diese sogar zu entfernen.

Digital Services Act: Verbot von „Dark Patterns“

Durch die neuen Vorschriften des Digital Services Act sollen künftig auch sogenannte „dark patterns“ verboten sein. Dabei handelt es sich um irreführende Benutzeroberflächen bzw. Schnittstellen, welche die Nutzenden zu ungewollten Handlungen verleiten.

Neue Empfehlungssysteme durch Gesetz über digitale Dienste 

Sehr große Online-Plattformen verwenden häufig Empfehlungssysteme, denen Algorithmen zugrunde liegen, die Nutzenden einen schnellen Zugriff auf relevante Inhalte ermöglichen. Solche Empfehlungssysteme müssen künftig transparenter gestaltet werden und unterliegen daher strengen Anforderungen, z.B. müssen auch Empfehlungen angeboten werden, die nicht auf Profiling der Nutzenden beruhen.

Aufsichtsbefugnis der Europäischen Kommission über sehr große Online-Plattformen 

Das Europäische Parlament und der Rat haben im Rahmen ihrer Übereinkunft beschlossen, dass der Europäischen Kommission die alleinige Aufsichtsbefugnis über Online-Plattformen zustehen soll, die als „sehr groß“ eingestuft werden. Dieser Regelungen liegt der Gedanke zugrunde, dass aufgrund der Komplexität des digitalen Raums nur auf diese Weise eine wirksame und einheitliche Umsetzung und Kontrolle der neuen Vorschriften erfolgen kann. Die Kommission soll dabei auf europäischer Ebene mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Digital Markets Act

Schlagworte zum Thema:  Compliance, Digitalisierung, EU-Recht