Was von der Expo bleibt

Die Besucher sind recht gut drauf. Digital- und ESG-Themen werden wichtiger. Man versucht immer wieder sich zu transformieren. Es werden verschiedene Innovationen vorgestellt und prämiert. Trotzdem: Der Lösungs-Wumms zur Beseitigung der Baukrise ist ausgeblieben.

Die Expo Real 2023 ist Geschichte. Ich war da und flog als Hubschrauber (was bisweilen gut war, denn zur Halle A3 war es weit) über das Terrain, stieg oft aus und diskutierte mit vielen Menschen, holte Stimmungen ein und sollte die jetzt eigentlich gut beschreiben können. Aber Verallgemeinerungen sind schwierig, und das Individuelle würde den Rahmen sprengen. "Gedämpft prächtig" kommt dem allgemeinen Tenor noch am nächsten.

Die Macht der Worte, ähm ... Zahlen

Ich nahm teil an einer Diskussion auf dem Stand der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V.. Es ging um die Macht der Worte. Ich weiß aber, die Branche interessiert sich mehr für Zahlen. Und so bitte: Die Teilnehmerzahl lag in etwa auf Vorjahresniveau. Was beachtlich ist, aber natürlich noch kein Zeichen für eine Trendwende. Nicht wenige machen sich Sorgen. Viele fragen sich, woher gerade bei der Wohnungsbaumisere die Lösungen kommen sollen.  

Die vielen gut Gelaunten, die vielen Partys, die paar eigenkapitalstarken risikoaffinen Krisengewinner und die vielen Selfies können nicht darüber hinwegtäuschen: Die meisten denken nach und stehen staunend vor dem Neuen, das die Zeit mit sich bringt. Sie sind zumeist nicht Teil der Veränderungen, gehen nicht voran. Andere konsolidieren sich. In der Hoffnung, rechtzeitig zu sein. Konsolidierung unter Druck ist allerdings immer schwierig. Am Bauen im Bestand herrschte auf vielen Foren großes Interesse. Es ist etwas Neues, nicht viele haben Ahnung davon, und doch – so sagen sie – es hat das Zeug zur Königsdisziplin der Immobilienbranche.

Vor Büroimmobilien kriegen manche Investoren Angst

Banken sind wieder beliebt und mehr denn je unverzichtbar. Bestimmte Assetklassen boomen. Andere weniger. Vor Büroimmobilien scheinen immer mehr Investoren Angst zu haben. Berufsbilder verändern sich. Verena Rock, Dozentin an der TH Aschaffenburg, meint in unserem Messe-Podcast, den klassischen Asset Manager, so, wie er mal war, werde es bald nicht mehr geben. Und über den "Purpose", die "Economics of Emotion", die Sinnfrage für Mitarbeitende in der Immobilienbranche, wird viel gesprochen.

Rufe nach dem Staat werden lauter. Welt-Redakteur Michel Fabricius monierte im L'Immo-Podcast, dass Teile der Branche, die lange den Rückzug des Staates forderten, jetzt plötzlich doch nach zinsverbilligten Krediten mit Staatshilfe rufen. Doch der Staat wird nicht liefern können. Die Bundesbauministerin, die die Messe besuchte, machte keine Versprechungen mehr. Zu gelähmt ist man auf Seiten der Politik. Es wird auch nicht noch mehr Fördergelder geben.

Trotz vieler Transformationen: Es droht Stillstand

Eigentlich ist es paradox. Es gibt viele Innovationen, viele Transformationen. Trotzdem droht in dieser Zeit, in der der Staat nicht will und die Branche in vielen Fällen nicht kann, der große Stillstand. Darüber können auch die vielen Innovationen – sichtbar beim Innovationsradar des ZIA – nicht hinwegtäuschen. Denn für die Ankurbelungen im Wohnungsbau fehlen die großen Würfe.

Serielles Sanieren führt so mancher im Mund. Hat sich aber noch längst nicht als Standard etabliert. Es sind tatsächlich kleinere Lösungen, die, wenn es gut läuft, Schule machen könnten. Städte, die mit neuen Konzepten aufwarten, Erbbaurecht-Lösungen schaffen und künftigen Vermietern vorschreiben, dass sie an systemrelevante Berufsgruppen vermieten müssten, sind ein Versuch, sinnvoll tätig zu werden.

All das und noch viel mehr erfuhr ich auf der diesjährigen Expo Real. Sie bot die Bühne. Die Verantwortlichen erledigten ihren Job gut, kreierten neue Formate, gaben auch mit jener entfernteren Halle A3, genannt Nova 3, Themen einen Raum, die die Branche interessieren müssen.

Nachhaltigkeit und die Jungen sollten ins Zentrum

Mit wichtigen Innovationsbereichen, in denen junge Technologie-Startups ihre neuesten Ideen und Lösungen präsentierten. Da gab es eine Sonderschau zum Thema Dekarbonisierung. Manche kritisierten, dort am Rande zu sein. Nicht jeder kann in B2. Trotzdem könnte die Messe künftig versuchen, die Jüngeren und die Nachhaltigkeitsthemen stärker ins Zentrum zu rücken.

Die Expo Real bleibt eine Messe für Investoren und Projektentwickler. Das ist ihr Kern. Muss sich in einer Zeit, in der sich so vieles ändert, einer Zeit der wachsenden Bedeutung energetischer Themen nicht auch der Messe-Kern ändern? Die Messeverantwortlichen denken immerhin darüber nach.

Wir hatten eine gute Zeit und können mit unseren gesammelten Themen wohl die kommenden 13 Jahre der IMMOBILIENWIRTSCHAFT bestücken. Holten Stimmen ein, produzierten an drei Tagen den EXPO REAL by L'Immo-Podcast. Krisen können einiges verändern, Themen, vielleicht Messe-Kerne. Ich bin gespannt aufs nächste Jahr.


Das könnte Sie auch interessieren:

Den Stier bei den Hörnern packen: Krise versus Zweckoptimismus

Kunst im Untergrund: Stachus Passagen holen ersten Preis

Schlagworte zum Thema:  Expo Real, Immobilienwirtschaft