Studie: 550.000 bezahlbare Wohnungen zu wenig

Alle Jahre wieder legt ein Verbändebündnis eine dramatische Studie zum Status Quo beim sozialen Wohnungsbau vor – demnach fehlen aktuell bundesweit eine halbe Million bezahlbare Wohnungen. Was ist dran an den Ergebnissen?

Seit Jahren kommen Bund, Länder und Kommunen beim Wohnungsbau kaum voran. Nach Berechnungen des Bündnisses "Soziales Wohnen" fehlen in Deutschland aktuell rund 550.000 Wohnungen. Die Verbände vermissen konkrete Ziele in den Parteiprogrammen. Konkrete Bauziele, um diese Lücke zu schließen, hätten die Parteien vor der anstehenden Bundestagswahl bisher nicht vorgelegt.

"Ebenso macht keine der Parteien klare Zusagen für die Finanzierung von neuem Wohnraum", sagte der Chef der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, bei Veröffentlichung der Zahlen am 5. Februar. Das werde der dramatischen "Wohnot" nicht gerecht.

Zu den Mitgliedern des Bündnisses gehören neben der IG BAU der Deutsche Mieterbund (DMB), die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB). Das Pestel-Institut hat die Wohnungslücke im Auftrag der Verbände auf Basis des Zensus 2022 errechnet.

Bündnis: Zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030 nötig

Während in Deutschland mehr als eine halbe Million Wohnungen fehlten, seien im vergangenen Jahr voraussichtlich nur 250.000 Einheiten fertiggestellt worden, heißt es in der Pestel-Studie. Insbesondere bezahlbare Wohnungen fehlten. Mindestens zwei Millionen neue Sozialwohnungen seien die notwendige Zielmarke für 2030, so IG Bau-Chef Feiger. "Das würde nahezu eine Verdopplung der Sozialwohnungen bedeuten, die es heute gibt." Es brauche daher ein Konjunkturprogramm für den Wohnungsbau der nächsten Bundesregierung.

Das Bündnis fordert unter anderem einen ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent auf alle Bauleistungen für neue Wohngebäude, in denen mehr als zwei Drittel der Wohnungen Sozialwohnungen sind und eine Absenkung der Baustandards.

Die Ampel hatte sich zum Ziel gesetzt, pro Jahr rund 400.000 neue Wohnungen zu bauen, hatte das aber nie erreicht. Hohe Baupreise und Kapazitätsengpässe der Baubranche verhinderten bisher einen zügigeren Hochlauf. Am Wohnungsdefizit in Deutschland habe sich seit 2021 kaum etwas geändert, schlussfolgern die Studienautoren.

Pestel-Studie "Das Bauen und Wohnen in Deutschland sozial neu justieren" (PDF)

GdW: Förderung beim Wohnungsbau in die Breite denken

"Es ist unbestreitbar: In Deutschland fehlt es massiv an Sozialwohnungen", reagierte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, auf die Zahlen. Seit Jahren schrumpfe der Bestand, auch weil die staatlichen Subventionen nicht sinnvoll eingesetzt würden.

Die nächste Regierung muss laut Gedaschko zusammen mit den Ländern einen Boost schaffen: "Baukosten runter, vergünstigte Grundstücke und die Förderbedingungen für den sozialen Wohnungsbau so anpassen, dass mehr Neubau möglich ist." Das könne etwa über niedrigere Baustandards für die Förderung erreicht werden. Außerdem könnten die Länder sich stärker für den Kauf von Belegungsbindungen engagieren.

Auch die Gesamtzahl neu genehmigter Wohnungen ist seit Anfang 2022 stark rückläufig, wie etwa Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. Das bedeutet dem GdW-Chef zufolge, dass nicht nur Haushalte mit niedrigen Einkommen, sondern große Teile der Gesellschaft mit dem Problem konfrontiert sind – "der Mangel an bezahlbarem Wohnraum betrifft die breite Mitte der Bevölkerung."

Der Verband fordert eine dritte Fördersäule für bezahlbaren Wohnraum. Das KfW-Programm "Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment" (KNN) reiche bei Weitem nicht aus. Nötig sei ein breiter angelegtes Programm mit einer Zinssenkung auf ein Prozent. In Kombination mit dem seriellen und modularen Wohnungsbau und den Kostenvorteilen aus der GdW-Rahmenvereinbarung wären laut Gedaschko bezahlbare Mieten von neun bis zwölf Euro pro Quadratmeter möglich. "Flexiblere Standards sind erforderlich – eine echte Baukostenbremse muss her."

GdW-Positionspapier "Die Forderungen der sozial orientierten Wohnungswirtschaft zur Bundestagswahl" (PDF)

Sozialwohnungen: Bundesregierung sucht positive Aspekte

Die stark rückläufigen Zahlen bei den Sozialmietwohnungen war auch Thema einer Anfrage der Linken. In der Antwort der Bundesregierung, die Ende Januar 2025 öffentlich wurde, gab es im Jahr 2014 noch rund 1,46 Millionen Sozialmietwohnungen, Ende 2023 waren es nur noch 1,07 Millionen.

In der der Antwort heißt es außerdem, dass der Bestand an Sozialmietwohnungen 2023 im Vergleich zum Jahr 2022 um 14.000 Einheiten geschrumpft sei: "Das ist der geringste Rückgang seit der Bundesregierung die Daten vorliegen (2006)."

Im Jahr 2023 sei es darüber hinaus in sieben Bundesländern zu einem Anstieg beim Bestand an Sozialmietwohnungen gekommen. Und auch die Ausgaben für Wohngeld seien in jüngster Zeit stark gestiegen: Wurden im Jahr 2022 noch 1,6 Milliarden Euro ausgegeben, so seien die Aufgaben im Jahr 2023 deutlich auf 3,9 Milliarden Euro gestiegen.

Nach der Freigabe der Mittel für den sozialen Wohnungsbau durch den Haushaltsausschuss des Bundestages im Januar 2025 erklärte Bauministerin Klara Geywitz (SPD): "In diesem Jahr werden dafür weitere 3,5 Milliarden Euro Bundesmittel bereitgestellt." Allein bis 2028 seien Ausgaben des Bundes in Höhe von 21,65 Milliarden Euro geplant, damit mehr preisgünstiger Wohnraum entstehen könne.


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