Wohnungspolitik in Hamburg: Zu Recht hochgepriesen?
Die SPD hat die Bürgerschaftswahl 2025 in Hamburg am 2. März trotz Stimmeneinbußen klar gewonnen. Die Grünen wurden von der CDU auf Platz drei verdrängt. Letztlich haben sich die Sozialdemokraten aber zum dritten Mal seit 2015 für Rot-Grün entschieden. Seit dem 28. April steht die Regierung.
Was hat Rot-Grün bisher geliefert? Und was ist geplant? Kritik aus der Wohnungswirtschaft gibt es inbesondere am Erbbaurecht und am Ziel der Klimaneutralität bis 2040.
Flächenkäufe gegen Bodenspekulation
Die Stadt Hamburg hat 2024 das vierte Jahr in Folge mehr Geld für Flächenkäufe ausgegeben. Eine Unterbehörde der Finanzbehörde – der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) – kaufte Flächen für 298,4 Millionen Euro, heißt es in einer Mittelung. Das sei gegenüber 2023 ein Plus von 13,1 Prozent. Über Ankäufe und ausgeübte Vorkaufsrechte gelangte die Behörde an 67,5 Hektar. Verkauft wurden 18,6 Hektar.
"Das städtische Grundeigentum wächst – eine gute Nachricht gegen Bodenspekulation", sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Es bleibe das erklärte Ziel, die Flächenbilanz auszubauen. Insgesamt sind mittlerweile 49,4 Prozent (37.305 Hektar) der gesamten Stadtfläche bei der Stadt. Geld verdient der LIG vor allem über Erträge über Miete und Pacht. Die Erträge von 107,3 Millionen Euro in dem Bereich entsprachen einem Zuwachs von 6,7 Prozent zum Vorjahr. Der Anstieg ist auf Mietsteigerungen zurückzuführen. Erträge aus Erbbaurechten stiegen um 8,6 Prozent auf 25,3 Millionen Euro.
Wohnungsverband kritisiert Erbbaurecht
Die Hamburger Verwaltung vergibt Grundstücke, die für den Wohnungsbau bestimmt sind, grundsätzlich über das Erbbaurecht, um die Flächen dauerhaft zu halten. Vertragspartner wie Baugesellschaften können auf Flächen für bestimmte Zeit Gebäude unterhalten. Dafür müssen sie zahlen. Aktuell erhebt die Hansestadt für Erbbaurechte an Wohnungsbaugrundstücken jährlich 1,3 Prozent des Bodenwerts zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Das heißt: Bei einem Grundstück mit einem Bodenwert von 300.000 Euro muss der Nutzer pro Jahr 3.900 Euro zahlen. Dazu können weitere Gebühren anfallen.
Finanzsenator Dressel sagte, er werde sich dafür einsetzen, dass der Senat 2026 den Erbpachtzins nicht erhöht. Ob es 2027 und 2028 zu einer Steigerung komme, sei von den Haushaltsberatungen abhängig. Derzeit unterhält Hamburg 4.384 Erbbaurechtsverträge.
Der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Andreas Breitner, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Viele VNW-Unternehmen lehnen das Erbbaurecht ab." Es behindere den Wohnungsbau und sei aus Sicht der Verbandsmitglieder ein Misstrauensvotum. Die sozialen Vermieter müssten jeden Cent umdrehen. Sie sollten weiter Grundstücke kaufen können.
Volksentscheid: Klimaneutraliät bis 2040
Hamburg muss nach dem erfolgreichen Volksentscheid im Oktober 2025 schon 2040 klimaneutral werden – fünf Jahre früher als vom Senat geplant. Das wird von der Wohnungswirtschaft abgelehnt, weil es unbezahlbare Kosten verursachen und am Ende zu deutlich höheren Mieten führen könnte.
Im rot-grünen Koalitionsvertrag heißt es zu dem ambitionierten Net-Zero-Ziel wörtlich: "Gleichwohl wollen die Koalitionspartner die vollständige Klimaneutralität möglichst noch vor dem gesetzlich festgelegten Jahr 2045 erreichen. Eine Erreichung der Klimaneutralität bereits 2040 ist an die Schaffung weitere grundlegender Voraussetzungen insbesondere auf Bundesebene geknüpft, die bisher noch nicht erfüllt sind."
Wohnen, Bauen, Mieten im Koalitionsvertrag
Das Hamburger Bündnis für das Wohnen hat nach Angaben der SPD seit 2011 mehr als 100.000 Wohnungen gebaut, 11.000 davon von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Saga. Rund ein Drittel sind geförderte Wohnungen.
"Um unsere Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu versorgen, benötigen wir weiterhin ein konstant hohes Neubaugeschehen. Auch wenn das ambitionierte Ziel von 10.000 genehmigten Wohnungen pro Jahr bei anhaltenden Belastungen für die Bauwirtschaft in den kommenden Jahren nur schwer zu erreichen ist, halten wir grundsätzlich an diesem Ziel fest, stellen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung und ergreifen dafür zusätzliche Maßnahmen", heißt es im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen.
Ein Überblick zu den wichtigsten Maßnahmen:
Wohnungsneubau
Für schnellere und effizientere Baugenehmigungsverfahren hat der Senat die Novelle der Hamburgischen Bauordnung auf den Weg gebracht: von Vereinfachungen bis hin zur Genehmigungsfreistellung von kleineren Wohnungsbauvorhaben.
Hamburg-Standard
Um die Baukosten für mehr Wohnungsbau zu reduzieren, ist der neue Hamburg-Standard entwickelt worden, der Wohnqualität und bezahlbare Mieten vereinen soll.
Bündnis für das Wohnen
Das Bündnis für das Wohnen soll erneuert werden und die Partner wollen sich darauf verständigen, das Mietniveau im Bestand zu halten und den Wohnungsneubau auf hohem Niveau fortsetzen.
Soziale Wohnraumförderung
Im sozialen Wohnungsbau wurde 2024 ein dritter Förderweg für Haushalte mit mittlerem Einkommen eingeführt. Investoren erhalten dafür zinsvergünstigte Darlehen und Zuschüsse von der Investitions- und Förderbank (IFB). Bis zu 65 Prozent aller Hamburger sollen Wohnungen mit günstigen Mieten beziehen können.
"Hamburg ist bei der sozialen Wohnraumförderung bundesweit mit Abstand spitze", steht im Koalitionsvertrag. Mit vier Förderwegen könnten mehr als 60 Prozent der Haushalte an geförderten Angeboten teilhaben. Die Wohnraumförderung soll auf hohem Niveau fortgeführt und die Förderkulisse stetig verbessert werden.
Wohnungsbau: Top-Thema im Wahlkampf
Den Wahlkampf hat in diesem Jahr noch mehr als in den vergangenen Jahren der Wohnungsbau beherrscht. Laut einer Umfrage der Tagesschau spielte das Thema die zweitgrößte Rolle bei der Wahlentscheidung der Hamburger. Bei der Wahl 2020 standen die Themen Wohnen und Mieten noch an fünfter Stelle – die Sorge, keinen bezahlbaren Wohnraum mehr zu finden, ist demnach innerhalb einer Legislaturperiode größer geworden.
Für 30 Prozent der Befragten im "NDR Hamburg Trend" sind die Themen Wohnen, Bauen und Mieten das wichtigste Problem in der Stadt. Die Forderung nach bezahlbaren Wohnungen fand sich deshalb in den Wahl- beziehungsweise Regierungsprogrammen von CDU, SPD und den Grünen. Dabei sind die Ideen zum Teil sehr kontrovers angegangen worden – vor allem bei der Mietenpolitik.
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Bernd Michalski
Wed Oct 29 13:19:26 CET 2025 Wed Oct 29 13:19:26 CET 2025
Die Hamburger Initiative kostenreduziertes Bauen hat in den drei Handlungsfeldern; Kostenreduzierende Baustandards, Optimierte Planung und Prozesse sowie Beschleunigte Verfahren Kosteneinsparpotenziale ermittelt.
Aber die Verbesserung bzw. Veränderung der Prozesse wird schon seit Jahren eingefordert.
Geringe operative Leistungsfähigkeit und Produktivität. (McKinsey)
https://www.mckinsey.de/news/presse/infrastruktur-und-wohnen-deutsche-ausbauziele-in-gefahr
Geringer Wertschöpfungsgrad von ca.30% (Roland Berger)
file:///C:/Users/Win10%20Pro%20x64/Documents/B.M/Eigene%20Bilder/dokumente/roland_berger_digitalisierung_bauwirtschaft_final.pdf
Exorbitante Fehlerquote (BauInfoConsult),
https://bauinfoconsult.de/presse-fehlerkosten-am-bau-in-2021-mit-rund-165-milliarden-immer-noch-zu-hoch/
also verbauter Schaden der wieder korrigiert werden muss.