
Sichere Förderung, bessere Bodenpolitik und Digitalisierung will die Bauministerkonferenz – damit der krisengebeutelte Wohnungsbau nicht zum "Hochrisikogeschäft" werde, hieß es bei einer Sondersitzung in Berlin. Die Bundesbauministerin klang entspannter, die Immobilienbranche zeigte sich ernüchtert.
Bezahlbare Wohnungen werden dringend gebraucht. Wenn es nach der Bundesregierung geht, sollen pro Jahr 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. Nur wie genau das gelingen soll, ist unklar.
Am 25. November trafen sich die Bauministerinnen und Bauminister der Länder bei einer Sondersitzung in Berlin im Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt), um das weitere Vorgehen in der Wohnungskrise zu besprechen. Zu Gast bei der außerordentlichen 141. Bauministerkonferenz war Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Im Fokus stand die bisherigen Ergebnisse des "Bündnisses bezahlbarer Wohnraum" der Bundesregierung.
Bauministerkonferenz: Entlasten, Beschleunigen und Fördern
"Die aktuell sehr schwierigen Bedingungen für den Wohnungsbau können Bund und Länder nur gemeinsam verbessern", sagte Nicole Razavi (CDU), Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen in Baden-Württemberg und Vorsitzende der diesjährigen Bauministerkonferenz. Es ginge um einen Dreiklang aus Entlasten, die Planung beschleunigen und verlässlich Fördern, egal ob Bestand oder Neubau – "wir müssen tatkräftig und verlässlich fördern – und das auch deutlich über den klassischen sozialen Wohnungsbau hinaus", so Razavi.
Es müsse eine Balance zwischen frei finanziertem und sozial gefördertem Wohnungsbau gefunden werden, forderte die Ministerin, um den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu decken. Und für den Klimaschutz brauche es neue Standards, ohne dass das Bauen immer teurer werde. Die Inflation, die Preissteigerungen der Baustoffe, die Zinssprünge machten den Wohnungsbau derzeit zum "Hochrisikogeschäft".
Bundesministerin Geywitz gab sich indes optimistisch. Die Sonderbauministerkonferenz zeige, wie eng und gut sich Bund und Länder miteinander abstimmten. "Trotz widriger Umstände durch einen Krieg in Europa und den Nachwehen der Corona-Pandemie, stellt der Bund mit einem Haushalt von elf Milliarden Euro für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen und vielen Verbesserungen im Baugesetzbuch gute Bedingungen für das Gelingen der Bündnis-Ziele zur Verfügung", so Geywitz.
Beschluss: Neue Standards, Förderung, Bodenpolitik
Laut dem gemeinsamen Beschluss vom 25.11.2022 sieht die Bauministersonderkonferenz, was die Ergebnisse des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum angeht, folgende übergreifenden Themenschwerpunkte:
- Es braucht eine neue Balance von frei finanziertem und sozial gefördertem Wohnungsbau. Der sozial geförderte Wohnungsbau allein kann bei allen Anstrengungen des Bundes und der Länder die Bedarfe nach bezahlbarem Wohnraum für breite Bevölkerungsgruppen nicht decken. Daher erneuert die Bauministerkonferenz ihre Forderung nach einer ausreichenden und planbaren Förderung auch für den Neubau, der keinen weiteren Belegungs- oder Mietbindungen unterliegt.
- Angesichts der enormen Anforderungen an den Klimaschutz und den hohen Beitrag, den der Immobiliensektor beitragen kann, sind neue Impulse erforderlich, die schnell gesetzt werden und dauerhaft gültige und planbare Rahmenbedingungen schaffen. Voraussetzung ist eine Standardsetzung, die sich im Gebäudeenergiegesetz an der Treibhausgasemission orientiert und die Vorteile der energetischen Quartiersentwicklung, der kombinierten Entwicklung von Neubau und des Bestands sowie der Energieversorgung sinnvoller als bisher nutzt und unterstützt. Voraussetzung ist auch, dass diese Standards kurzfristig und planbar erlassen werden müssen.
- Als weitere Grundlage für den Wohnungsbau hat die Bauministerkonferenz eine langfristig angelegte, aktivierende und nachhaltige Bodenpolitik identifiziert. Nur durch eine verstärkte Baulandmobilisierung, insbesondere bei den innerörtlichen Baulandreserven und Nachverdichtungspotenzialen kann die Steigerung des verfügbaren Wohnraums insbesondere im bezahlbaren Segment und damit die dringend benötigten Entlastungen auf dem Wohnungsmarkt erreicht werden. Die Länder begrüßen die neuen Reformansätze im Baugesetzbuch und werden sich hierbei aktiv einbringen.
ZIA: Bündnis-Pläne "bezahlbarer Wohnraum" umsetzen
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) reagiert ernüchtert auf die Signale der Sonderkonferenz. "Der Bedarf an neuen Wohnungen ist unverändert hoch, die aktuellen Rahmenbedingungen für Sanierungs- und Neubauprojekte sind jedoch wesentlich schlechter als in den vergangenen Jahren", kommentierte ZIA-Vizepräsident Jan-Hendrik Goldbeck das Treffen. Die Immobilienwirtschaft habe sich ein klares Bekenntnis für einheitliche Regelungen in den Bauordnungen – beispielsweise zum seriellen und modularen Bauen – gewünscht. Es gehe jetzt darum, die gemeinsam vereinbarten Pläne des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum ohne Verzögerungen anzugehen. "Wir brauchen schleunigst den Umstieg vom Ankündigungs- in den Umsetzungsmodus", forderte Goldbeck.
Die Länder hätten es nun in der Hand, durch zügige Vereinheitlichung der Bauordnungen und flächendeckende Typengenehmigungen schnellere Baugenehmigungsverfahren zu ermöglichen.
Mitte Oktober 2022 hatte das "Bündnis für bezahlbares Wohnen" ein Maßnahmenpaket vorgestellt, wie der Wohnungsbau beschleunigt und das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr erreicht werden kann.
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