Bauministerkonferenz: Position zum Bauen und Sanieren

Sanieren, Aufstocken, Umbauen – das müsse sich lohnen: Die Bauminister der Länder haben das Bauen von Wohnungen im Bestand zum Schwerpunkt der diesjährigen Konferenz gemacht und eine Strategie beschlossen. Zudem soll es in den kommenden Jahren keine neuen Bauvorschriften geben.

Die Bauministerkonferenz (BMK) der Länder hat beschlossen, dass die Regeln in der Musterbauordnung des Bundes für den Um- und Ausbau bestehender Gebäude gelockert werden und es fünf Jahre lang bei technischen Bauvorschriften keinen Veränderungen geben soll, die das Bauen unnötig verteuern und erschweren. Erleichterungen sind in diesem Zeitraum weiterhin möglich.

Nicole Razavi (CDU), Baden-Württembergs Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen und Vorsitzende der Konferenz 2022 und 2023, sagte zum Abschluss der zweitägigen Treffens am 24. November in Baden-Baden: "Sanieren, Aufstocken, Umbauen muss sich unbedingt lohnen." Die Länder forderten hier staatliche Anreize von Bundesbauminsterin Klara Geywitz (SPD), die ebenfalls anwesend war: Obwohl der Neubau benötigt werde – Sanierung sei immer klimafreundlicher.

Neuer DIN-Vertrag ab Januar 2024

Außerdem hat die BMK einen neuen Vertrag mit dem Deutschen Institut für Normung (DIN) geschlossen, der zum 1.1.2024 in Kraft treten soll.

Darin werden die Leitlinien für die künftige Erarbeitung von bauaufsichtlichen Normen durch das DIN konkretisiert. Das geschieht insbesondere durch eine Trennung bauaufsichtlicher Mindestanforderungen von weitergehenden Anforderungen in den Normen, teilten die Bauminister mit. Ein Online-Portal wird der Öffentlichkeit den Zugang zu den Normen ermöglicht, die in der Bauleitplanung sowie in der Bauaufsicht zur Anwendung kommen.

Geywitz betonte, dass die wichtigen Hebel beim Bau bezahlbarer Wohnungen neben der Förderung durch den Staat sowohl die Bauvorschriften wie auch Schnelligkeit durch Vorproduktion und Digitalisierung seien.

Die Lage der Branche sei so schwierig wie seit Jahrzehnten nicht mehr, betonte Razavi. Bauen rechne sich nicht mehr. Mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds fordern die Länder vom Bund auch eine Priorisierung der sozialen Wohnraumförderung und der Städtebauförderung. Der Wohnungsbau vertrage keine Einsparungen, sagte Razavi. Insgesamt brauche die Branche Verlässlichkeit.

Nachtrag: Alle 16 Bundesländer haben den neuen DIN-Länder-Vertrag unterzeichnet. Damit konnte der Vertrag zum 1.1.2024 in Kraft treten, wie das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr – das zu Jahresbeginn den BMK-Vorsitz 2024 und 2025 übernommen hat – auf Nachfrage am 9.1.2024 mitteilte.

Strategiepapier der Bauminister zum Bestand

In einem Strategiepapier zum Bauen im Bestand hat die BMK folgende Punkte im Wortlaut beschlossen:

  • Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung zu prüfen, wie der ökologische Bonus des Bestands auch wirtschaftlich wirksam werden kann. Es muss dabei um positive Anreize gehen für die Pflege, die Erhaltung und die Weiterentwicklung bereits bestehender Wohngebäude. Bislang wird in der Gebäudeenergiepolitik nicht genug getan, um die Kostenrisiken eines Sanierens, Ertüchtigens und Erweiterns im Bestand gegenüber dem Neubau hinreichend auszugleichen.
  • Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung, ein einfaches, anwenderfreundliches Werkzeug für Ökobilanzen für Gebäude zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen, das auch die im Bestand gebundene Graue Energie berücksichtigt. Mit einem solchen Werkzeug soll die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass die Erstellung von Ökobilanzen bei Baumaßnahmen zu Selbstverständlichkeit und zum zentralen Steuerungsinstrument für die Erfüllung der Klimaschutzziele wird.
  • Für die Sanierung des Gebäudebestands in den Städten bedarf es besonderer Strategien, die auf ganze Quartiere und nicht auf einzelne Gebäude zugeschnitten sind. Erforderlich ist dafür eine vollständige Bilanzierbarkeit der Maßnahmen in einem Quartier unter Einbeziehung der Erzeugung erneuerbarer Energien. Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung, diese Erkenntnisse bei der Setzung von Standards künftig zu berücksichtigen.
  • Um den Um- und Ausbau des Bestands zu erleichtern, sollen auch bauordnungsrechtliche Hemmnisse reduziert werden. Die Bauministerkonferenz hat hierfür auf ihrer Sitzung in Baden-Baden Paragraph 67 der Musterbauordnung entsprechend geändert: So sollen künftig etwa Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen auch dann zugelassen werden, wenn es sich um Vorhaben der Weiternutzung bestehender Gebäude handelt. Den zuständigen Baurechtsbehörden wird damit ein wirkungsvolles Instrument an die Hand gegeben, im Einzelfall Erleichterungen für Baumaßnahmen im Bestand zuzulassen und somit das Bauen im Bestand zu vereinfachen. Die Bundesregierung wird von der Bauministerkonferenz aufgefordert, für die von ihr zu verantwortenden fachrechtlichen Regelungsbereich ebenfalls entsprechende Schritte zu prüfen – und dies auch unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Umsetzbarkeit.
  • Was mögliche Erleichterungen für den Um- und Ausbau des Bestands im Bauplanungsrecht angeht, erinnert die Bauministerkonferenz an von ihr bereits früher formulierte Forderungen an Anregungen. Dabei geht es zum einen darum, dass Gemeinden zugunsten des Schaffens von Wohnraum im Bestand leichter Abweichungen vom Bebauungsplan zulassen können. Zum anderen braucht es zumindest eine Experimentierklausel für die Vorgaben der Technischen Anleitung (TA) Lärm, um insbesondere im Innenstadtbereich, aber auch in Gewerbegebieten mehr Wohnraum zuzulassen.
  • Die Bauministerkonferenz stellt fest, dass mit der Städtebauförderung von Bund und Ländern ein hochwirksames Instrument zur Verfügung steht, um die gebauten Gemeinden und Städte in Deutschland zukunftsgerecht fortzuentwickeln. Dafür braucht es einen langen Atem. Daher fordert die Bauministerkonferenz den Bund auf, die Mittel auf hohem Niveau zu verstetigen und jegliche Zweifel an einer dauerhaft verlässlichen Mittelausstattung zu beseitigen.
  • Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung, weitergehende steuerliche Anreize insbesondere auch für Bestandsmaßnahmen zu entwickeln. Dabei sollten alle Arten von Wohnungseigentümern, auch selbstnutzende Haushalte, einbezogen werden.
  • Die BMK wird sich gemeinsam mit den maßgeblichen Akteuren für mehr Wissen über einfaches und nachhaltiges Umbauen einsetzen und seine Verbreitung fördern. Die BMK regt an, dass auch die Stiftung Baukultur des Bundes sowie die Bundesstiftung Bauakademie sich in diesem Bereich stärker engagiert. Sie bittet auch darum, den Aufbau einer entsprechenden Beratungskompetenz für Planungsträger zu prüfen. Städte und Gemeinden sollten Konzepte für den Erhalt und die Weiterentwicklung ihrer erhaltenswerten Bausubstand erstellen. An vielen Orten, zum Teil von den Ländern gefördert, bestehend Gestaltungsbeiräte, die für Qualität und eine breite öffentliche Akzeptanz sorgen können.

Bauministerkonferenz 2022: Stuttgarter Erklärung

Auf der Konferenz 2022 kritisierten die Bauminister der Länder in der sogenannten Stuttgarter Erklärung ebenfalls unklare bundespolitische Förderkulissen und energetischen Vorgaben im Segment Wohngebäude.

In dem Papier werden kurz- und langfristige Handlungsbedarfe genannt, mehrere Forderungen formuliert und vor allem verlässliche und stimulierende staatliche Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau angemahnt.

Auch ein konkreter Beschluss wurde gefasst: Die Bauministerkonferenz hat sich vor einem Jahr einstimmig dafür ausgesprochen, die Regelungen für Solaranlagen auf Dächern zu erleichtern, um den Weg für Änderungen der landesgesetzlichen Regelungen freizumachen.

Bauministerkonferenz 2022: "Stuttgarter Erklärung"


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