100 Tage im Amt: Immobilienwirtschaft bewertet Merz-Regierung
Sie sind angetreten, um es besser zu machen als die gescheiterte Ampel-Koalition, die nach drei Jahren Regierungszeit im Streit zerfiel. Wie ist es nach 100 Tagen im Amt um die Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bestellt?
Die 100 Tage-Frist hat der frühere US-Präsident Franklin D. Roosevelt als Maßstab für gutes Regieren eingeführt. Wenn es nach Umfragen geht, fällt das Zeugnis für Schwarz-Rot schlecht aus. Das Kanzleramt wiederum verweist auf eine positive Bilanz. Und zumindest für die Immobilienbranche hat es auch gar nicht schlecht angefangen mit Wachstumsbooster und Bauturbo-Gesetz.
Bauturbo bis Förderstopp: 100 Tage Licht und Schatten
"Nach der Sommerpause wird es für viele Ministerien konkret", sagt Petra Müller, Head of Development beim Quartiersentwickler Periskop. Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) werde den mit viel Schwung angeworfenen Bauturbo durchs Parlament bringen und sich um die Fortsetzung der KfW-55-Förderung bemühen. "Das sind zwei erste Schritte hin zum effizienten Bauen."
"Wer eine Wohnung bauen und vermieten will, könnte durch die Verlängerung der Mietpreisbremse abgeschreckt werden. Die Pläne zur Verschärfung von Indexmietklauseln und der Vermietung von möblierten Wohnungen tun ihr Übriges", ergänzt Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG. Auch die Ankündigung der Regierung, die Mittel für energetische Sanierungen um ein Fünftel zu kürzen, trage zur Verunsicherung bei. "Dabei braucht der Immobilienmarkt Verlässlichkeit und Planbarkeit." Dazu Thomas Wirtz, Geschäftsführer der Industria Immobilien GmbH: "Die energetische Ertüchtigung des Bestands ist ein zentrales Element der Wohnungswirtschaft – auch im Sinne der Sozialverträglichkeit." Ein stabiler, verlässlicher Rahmen für Investitionen sei hier unabdingbar.
Pepijn Morshuis, CEO beim Immobilienunternehmen Trei Real Estate, begrüßt, dass die Bauministerin Nachverdichtung und die Umnutzung bestehender Gewerbeflächen – etwa Supermarkt-Dächer – als Teil der Lösung sieht. "Mein Fazit nach 100 Tagen: Die Bundesregierung hat die Dringlichkeit erkannt. Jetzt muss sie zeigen, dass aus guten Absichten auch praktikable Lösungen werden." Arnaud Ahlborn, Geschäftsführer der Industria Immobilien GmbH, stimmen die Ankündigungen vorsichtig optimistisch – "entscheidend wird sein, wie schnell und konsequent diese Maßnahmen umgesetzt werden."
Wirtschaft & Steuern: Blick auf die Immobilienmärkte
Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research & Strategy bei HIH Invest Real Estate, meint: "Der Anfang ist gemacht: Die Stimmungslage der deutschen Wirtschaft hat sich in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung aufgehellt." Allerdings fehle es bisher noch an der Umsetzung von konkreten Maßnahmen – auch mit Blick auf die Immobilienmärkte: zur Schaffung von mehr Wohnraum und zur Flexibilisierung, Entbürokratisierung, Digitalisierung und Beschleunigung von Bauprozessen und -vorhaben.
BF.Direkt-CEO Fedele sieht das ähnlich. Einige Ansätze seien vielversprechend, wie die steuerliche Entlastung von Unternehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Bei der Wohnungspolitik erkennt er widersprüchliche Signale. Viele Faktoren, die den gewerblichen und privaten Wohnungsbau hemmten, existierten weiterhin – unter anderem die hohen Grundstücks-, Material- und Arbeitskosten. Bei privaten Bauherren komme die Grunderwerbsteuer als Hürde hinzu.
Aus der Sicht von Steuerberater Ulrich Creydt, Geschäftsführer der Ypsilon GmbH, hat die neue Bundesregierung in ihren ersten 100 Tagen einige gute Dinge auf den Weg gebracht: "Mir fehlt aber der größere Wurf, der mehr Menschen ins Eigentum bringt, die Wirtschaft ankurbelt und das Steuerrecht vereinfacht." Die stufenweise Reduktion des Körperschaftsteuersatzes sei richtig, doch wäre es wünschenswert gewesen, den ersten Schritt rückwirkend ab 1.1.2025 zu starten. Dann läge der Steuersatz bereits für das laufende Jahr bei 14 Prozent. "So kommt die erste Absenkung erst Anfang 2028." Er plädiert außerdem auf einen Grunderwerbsteuerverzicht, damit privates Wohneigentum leistbarer wird.
Deutschlandsfonds: How it started, how it's going
CDU, CSU und SPD hatten bereits im Sondierungspapier, das am 8. März vorgestellt wurde, einen Investitionsfonds für den Wohnungsbau angekündigt, der im Gegensatz zum geplanten Deutschlandfonds der Vorgängerregierung den Gebäudebereich nicht ausnahm. Wörtlich:
"Bauwirtschaft ankurbeln: Wohnen wollen wir für alle Menschen bezahlbar, verfügbar und umweltverträglich gestalten. Dabei setzen wir auf Anreize und Innovationsoffenheit. Alle Wohnformen, ob Eigentum oder Mietwohnung, sehen wir als gleichwertig an. Hierfür ist die Ausweitung des Angebots von Wohnraum entscheidend."
Im Koalitionsvertrag 2025 heißt es zum Investitionsfonds für den Wohnungsbau:
"Dabei setzen wir Anreize für einfaches, klimafreundliches und kostenreduziertes Bauen. Zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital soll im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien (zum Beispiel der KfW) und privatem Kapital ein Investitionsfonds für den Wohnungsbau aufgelegt und auch kommunale Wohnungsbaugesellschaften durch eigenkapitalentlastende Maßnahmen unterstützt werden."
Wirtschaftsweise: Schwarz-Rot hat bisher nicht geliefert
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm zieht ein ernüchterndes Fazit nach 100 Tagen Regierung Merz. Zwar habe die Wirtschaft die Hoffnung auf Besserung und einige Stimmungsindikatoren gingen nach oben, "aber die Regierung hat bisher nicht geliefert."
"Schwarz-Rot senkt die Gaspreise, aber nicht die Stromsteuer für alle. Man hat das Gefühl, dass die Orientierung noch nicht da ist", sagt Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie forderte Steuersenkungen für Unternehmen sowie den Abbau von Regulierung – "von den Rahmenbedingungen am Arbeits- und Wohnungsmarkt über die Regelungen zum Klimaschutz bis zum Datenschutz".
Stattdessen werde neue Bürokratie aufgebaut wie bei der Verlängerung der Mietpreisbremse oder dem Tariftreuegesetz. "Deutsche Unternehmen werden von einem wahren Regulierungsdickicht ausgebremst", beklagte Grimm.
Wirtschaftsweise schlagen Abschaffung der Mietpreisbremse vor
ZIA: Was nach den 100 Tagen kommen muss
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) hat eine Bewertung der ersten 100 Tage schwarz-rote Bundesregierungen und Empfehlungen für diese Bereiche vorlegt:
- § 246e BauGB (Bauturbo)
- Gebäudetyp E
- KfW-Förderung
- Neugestaltung Förderrichtlinien
- Mixed-Use-Konzepte
- Vergabebeschleunigungsgesetz
Details gibt es im Überblick:
ZIA: 100 Tage später – Immobilienwirtschaftlicher Check (PDF)
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