
Angesichts der anhaltend expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) wollen Anleger ihr Geld loswerden – Investments in Wohnimmobilien sind ein beliebtes Vehikel. Doch die werden knapp: So steigen der Pandemie zum Trotz die Preise und bedingt auch die Mieten weiter, wie Studien zeigen.
Sogar die Europäische Zentralbank (EZB) selbst hatte in einem ihrer jüngsten Finanzmarkt-Berichte im November 2020 Sorgen über ungebremst steigende Preise bei Immobilien im Euro-Raum geäußert. Mit verantwortlich ist die Niedrigzinspolitik des Instituts: EZB-Präsidentin Christine Lagarde erklärte bei ihrem Amtsantritt im November 2019 auf Fragen des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlaments, sie sei "offen für eine Fortsetzung der extrem lockeren Geldpolitik" – und dabei ist es vorläufig geblieben. Zuletzt hatte die EZB im Dezember 2020 in der Krisenpolitik nachgelegt und die Geldpolitik erneut gelockert.
Ob es auch so weiter gehen wird, könnte sich in den kommenden Monaten zeigen: Offenbar will die EZB die Auswirkungen des "Billiggeldes "auf die Märkte genauer untersuchen lassen, wie die Nachrichtenagentur dpa am 21. Januar unter Berufung auf Bloomberg berichtete.
Bis dahin bleiben wegen der "ultraexpansiven Ausrichtung der Europäischen Zentralbank und des Wettbewerbsdrucks von Investoren im Niedrigzinsumfeld" unter anderem Wohnimmobilien für Profianleger – und private Haushalte – attraktiv, erklärt Sebastian Grimm, Lead Director Residential Valuation JLL in Frankfurt am Main. Das Angebot an Eigentumswohnungen sei zum knappen Gut geworden, "während die Nachfrage nach Eigentumswohnungen mittelfristig nicht abreißen und entsprechend den Preisanstieg weiter befeuern wird", so Grimm. Bei der Mietpreisentwicklung erwartet JLL eine deutlich gedämpfte Entwicklung, aber weiterhin mittlere Mietpreissteigerungen über Inflationsniveau mit regionalen Unterschieden.
Wohnungspreise und Mieten: Umland läuft Metropolen den Rang ab
Trotz anhaltender Corona-Pandemie haben die Angebotsmieten auf den Wohnungsmärkten in den von JLL untersuchten sogenannten Big-8-Städten (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart, Düsseldorf und Leipzig) im zweiten Halbjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt noch einmal um 3,5 Prozent zugelegt. Die Kaufpreise stiegen in diesem Zeitraum noch einmal um durchschnittlich 9,3 Prozent. Das Auseinanderdriften von Miet- und Kaufpreisen hat sich demnach noch einmal beschleunigt.
Interessant ist: Im Umland der acht Immobilienhochburgen lagen die Zuwächse durchschnittlich um fast 50 Prozent höher als in den Kernstädten. Auch der Mietpreiszuwachs in den Big 8 lag deutlich unter den mittleren Preisanstiegen in den Landkreisen (plus 4,7 Prozent). JLL führt diese Entwicklung darauf zurück, dass die Nachfrage nach dem Wohnen im Umland mit der Pandemie deutlich zugenommen hat: Ist das Umland mit einer PKW-Fahrzeit von 45 bis 60 Minuten zu erreichen, sind die Kosten für eine Wohnung durchschnittlich um 5,5 Prozent gestiegen. Bei Erreichbarkeit zwischen 30 und 45 Minuten um 4,6 Prozent und unter 30 Minuten lag der Mietpreisanstieg bei 3,3 Prozent.
Aufholeffekt im Osten Deutschlands: Dresden und Leipzig stechen heraus
Ein Ende der Preisspirale ist bestenfalls bei Luxusimmobilien absehbar, beobachtet Ekkehard Enkelmann, Spezialist für Baufinanzierung von Dr. Klein etwa in Berlin: "Im hochpreisigen Segment wird die Schicht der Käufer dünner." Jenseits der Edelkategorie ist die Nachfrage nach Wohnimmobilien in der Hauptstadt weiterhin größer als das Angebot – und der Preisanstieg ungebrochen, wie der Dr. Klein Trendindikator Immobilienpreise (DTI) für das Schlussquartal 2020 zeigt. Vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser sind in Berlin seit den Lockdowns gefragt: Der Indexwert, der die tatsächliche Preisentwicklung anzeigt und Parameter wie Lage und Alter der Immobilie berücksichtigt, steigt um knapp vier Prozent im Vergleich zum Vorquartal.
In Hamburg wiederum ist laut Dr. Klein besonders die Nachfrage nach Eigentumswohnungen gestiegen: Der Indexwert springt um mehr als drei Prozent gegenüber dem Vorquartal. JLL macht in der Hansestadt m Jahresvergleich ein Plus von 17,6 Prozent in diesem Segment aus. Erhebliche Steigerungen bei den Immobilienpreisen erkennt Dr. Klein allgemein in Dresden – und hier vor allem im Apartmentbereich: Im Schnitt kostet der Quadratmeter mittlerweile 3.000 Euro, das ist ein neuer Rekord, vor fünf Jahren waren es noch 1.000 Euro weniger. Im JLL-Report fällt im Osten Deutschlands auch Leipzig auf mit einem Plus von Leipzig 14,2 Prozent bei den Preisen für Eigentumswohnungen.
CBRE: Auch niedrig rentierliche Immobilien lassen sich jetzt gut finanzieren
Während die Mietpreise hauptsächlich von realwirtschaftlichen und lokalen Faktoren bestimmt werden, ist das Finanzierungs- und Finanzmarktumfeld ein wichtiger Einflussfaktor für die Kaufpreise, schreibt JLL-Experte Grimm. Eine Veränderung der Fremdkapitalkosten wirke sich umso stärker auf den Kaufpreis aus, je geringer dieser bereits sei. Zudem habe "die große Menge an zusätzlicher Liquidität, die dem Markt im Rahmen der Notfallprogramme von Regierungen und Zentralbanken im Zuge der Corona-Krise zur Verfügung gestellt wurden, dafür gesorgt, dass die Nachfrage nach Anlagealternativen nicht abreißt", so Grimm weiter. Und trotz anhaltender Kompression bleibe der Renditeunterschied zu Anlagealternativen mit ähnlichem strukturiertem Profil, wie etwa Staatsanleihen, signifikant.
Was die Finanzierung unter anderem von Wohnimmobilien angeht, erwartet das Maklerhaus CBRE gute Rahmenbedingungen. Die historisch niedrigen Zinsen – etwa für Forward Swaps – "deuten auf eine gute Finanzier- und Refinanzierbarkeit von selbst niedrig rentierlichen Immobilien hin und bedeuten, dass Immobilieninvestitionen weiterhin attraktiv sind", erklärt Dirk Richolt, Head of Real Estate Finance bei CBRE in Deutschland. CBRE geht davon aus, dass die Notenbanken Zinserhöhungen erst einmal für längere Zeit vertagen.
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