vdp: Bafin-Kapitalpuffer hemmt Immobilienfinanzierung

Die wichtigsten Finanzierer im Land berichten von einem rückläufigen Neugeschäft – trotz fallender Wohnimmobilienpreise. Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) fordert, dass die Finanzaufsicht Bafin ihre verschärften Kapitalanforderungen überprüft.

"Wir erleben gerade die lange erwartete Phase der Preiskorrektur", sagte Georg Reutter, Präsident des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) auf der Jahrespressekonferenz am 24. April in Frankfurt am Main. Für das laufende Jahr rechnet der Verband, in dem die bedeutendsten deutschen Immobilienfinanzierer zusammengeschlossen sind, mit weiter rückläufigen Preisen – bei Gewerbe und beim Wohnen – um bis zu 20 Prozent. Die Nachfrage nach Immobilien und Finanzierungen werde dennoch verhalten bleiben, meint Reutter.

Wohnimmobilien: Nachfrage nach Finanzierungen bricht ein

Die Zurückhaltung der Marktakteure schlug sich auf das Neugeschäft der Pfandbriefbanken nieder: Sie sagten von Januar bis Dezember 2022 Immobiliendarlehen in Höhe von 158,5 Milliarden Euro zu (Vorjahr: 178 Milliarden Euro).

Angesichts der kräftig gestiegenen Zinsen brach die Nachfrage nach Finanzierungen für Wohnimmobilien laut vdp-Mitteilung im Jahr 2022 regelrecht ein. Die Pfandbriefbanken sagten Darlehen in Höhe von 98,2 Milliarden Euro zu, das sind knapp ein Fünftel (17 Prozent) weniger als im Vorjahr (118,4 Milliarden Euro) Das Neugeschäft mit Finanzierungen für Gewerbeimmobilien blieb demnach mit einem Volumen von rund 60 Milliarden Euro stabil.

Der Immobilienmarkt könne sich den vielen Belastungen – wie etwa den deutlichen gestiegene Energie- und Materialkosten, schwierigen Förderbedingungen für Bauherren und die hohe Inflation – nicht entziehen, so Reutter.

vdp-Chef Tolckmitt: Bafin muss Kapitalanforderungen lockern

"Jetzt ist nicht der Moment, um den gesamten Bankensektor reflexartig und pauschal mit noch mehr Regulierung zu überziehen", ergänzte vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. Er forderte von der Finanzaufsicht Bafin, die vor Kurzem verschärften Kapitalanforderungen für Immobilienfinanzierungen zu lockern.

Seit dem 1.2.2023 gelten der sogenannte Antizyklische Kapitalpuffer und der Systemrisikopuffer für Finanzierungen von Wohnimmobilien. Das heißt: Kreditinstitute müssen die ausgereichten Finanzierungen nun mit 0,75 Prozent beziehungsweise zwei Prozent mehr Kapital unterlegen. Nach Berechnungen der Bundesbank belaufen sich die zusätzlichen Belastungen auf rund 22 Milliarden Euro. "Diese Summe an gebundenem Eigenkapital steht den Instituten somit nicht zur Kreditvergabe zur Verfügung", schreibt vdp-Chef Tolckmitt.

Beide Kapitalpuffer seien kontraproduktiv, insbesondere der sektorspezifische. Überzeugende Argumente hätten schon bei der Ankündigung der Puffer am Jahresbeginn 2022 gefehlt. Die dringend erforderliche Finanzierung von Wohneigentum und von Mietwohnungen werde nicht nur merklich erschwert, sondern auch verteuert, sagte Tolckmitt.

Zinsanstieg und Inflation haben dem Verband zufolge dem langen Immobilienboom ein Ende gesetzt. Viele Menschen könnten sich den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses nicht mehr leisten. Im vierten Quartal 2022 verbilligten sich Wohnimmobilien laut Statistischem Bundesamt im Schnitt um 3,6 Prozent zum Vorjahresquartal – es war der erste Preisrückgang binnen Jahresfrist seit Ende 2010.

Interhyp: Zeichen für Stabilisierung der Immobilienpreise

Nach einer Analyse des Finanzierungsvermittlers Interhyp sind die Immobilienpreise in Deutschland im ersten Quartal 2023 weiter leicht gesunken. Der bundesweite Durchschnittspreis für eine finanzierte Immobilie inklusive Nebenkosten lag laut Interhyp bei rund 464.000 Euro. Im vierten Quartal 2022 waren es 472.000 Euro. In der zweiten Hälfte 2022 waren die Preise für Wohnungen und Häuser nach früheren Angaben des Unternehmens im Schnitt um etwa sechs Prozent gesunken – Interhyp-Vorstandschef Jörg Utecht sieht Anhaltspunkte für eine Stabilisierung der Preise und geht davon aus, "dass der Markt ein neues Gleichgewicht findet". Die Prognose sei aber mit großer Unsicherheit behaftet.

Hohe Energiepreise und die von der Bundesregierung in die Wege geleitete Verschärfung der Umweltvorschriften für Heizungen haben nach Ansicht von Interhyp bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes Folgen für den Immobilienmarkt: "Die Preise sinken weiter bei Objekten, die vor 1990 gebaut wurden und weniger energieeffizient sind", sagte Utecht. Bei nach 2010 gebauten Immobilien seien die Preisrückgänge geringer: Zwischen dem vierten Quartal 2022 und dem ersten Quartal 2023 habe es sogar eine leichte Steigerung gegeben.

Die Kreditzinsen für Immobilien sind im Laufe des vergangenen Jahres stark gestiegen und liegen laut Interhyp für zehnjährige Darlehen bei durchschnittlich 3,75 Prozent. Utecht rechnet im Verlauf des Jahres mit schwankenden Zinsen zwischen drei und vier Prozent, kurzfristige Ausschläge über die Marke von vier Prozent seien möglich.


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dpa
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