Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert des Verfahrens der Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Streitwert in einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung beträgt - entgegen der ständigen BFH-Rechtsprechung statt 10 v.H. - 25 v.H. des Streitwerts der Hauptsache. Dabei lässt der Senat offen, ob eine präjudizielle Wirkung der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Bemessung des Streitwerts zu berücksichtigen ist oder als bloße Reflexwirkung, als nur mittelbare Auswirkung unbeachtet bleiben muss.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3; GKG § 13 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 3

 

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 17. Januar 2001 hob das Thüringer Finanzgericht die Vollziehung eines Haftungsbescheides (Az.: III 425/99 V) gegen Sicherheitsleistung bis zum Ergehen der Rechtsbehelfsentscheidung in der Hauptsache auf. Die Kosten fielen dem Antragsgegner zur Last. Bei Eingang des AdV-Antrages war ein Betrag von insgesamt 13.249.000 DM streitig.

Das Finanzamt beantragte mit Schreiben vom 13. Februar 2001 gem. § 25 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), den Streitwert durch das Gericht entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) auf 10 v.H. des Hauptsachestreitwertes festzusetzen. Es ist der Auffassung, 10 v.H. und damit 1.324.900 DM seien ermessensgerecht. Es bestünden keine Gründe, von der langjährigen, der Rechtsvereinheitlichung dienenden BFH-Rechtsprechung abzuweichen. Die hiergegen vereinzelt vorgebrachten Einwände, z.B. der Beschluss des Thüringer Finanzgerichts (Az.: II 691/00 Ko vom 1. Sept. 2000, EFG 2001, 106) wie das Interesse des Antragstellers an einer schnellen und kostengünstigen Vorabentscheidung für die Hauptsache träfen nicht zu. Die Entscheidung über den noch anhängigen Einspruch hinge maßgeblich vom Fortgang des beim Landgericht X-Stadt anhängigen Strafverfahrens ab. Im Hinblick auf dieses Verfahren sei das Einspruchsverfahren gegen den Haftungsbescheid nunmehr gem. § 363 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ausgesetzt worden. Auch die Anlehnung an den Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit greife als Argument nicht durch. Zum einen handele es sich nur um unverbindliche, nicht bindende Festsetzungen. Zum anderen seien dies speziell für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgearbeitete Empfehlungen.

II.

Der Streitwert beträgt, entgegen der bisherigen Rechtsprechung und entgegen den Beschlüssen des Bundesfinanzhofes (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 27. März 2000, VII B 223/99, BFH/NV 2000, 1120; so auch Eberl, DStZ 1999, 602) 25 v.H. des Streitwertes der Hauptsache. Der Senat schließt sich damit im Ergebnis der Meinung des zweiten Senates des FG Berlin (Beschluss vom 10. Dez. 1998, 2 B 2507/98, EFG 1999, 312) sowie des zweiten Senates des Thüringer Finanzgerichtes (vgl. Beschluss vom 1. Sept. 2000, II 691/00 Ko, EFG 2001, 106, im Ergebnis ebenso FG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Mai 1995, 11 V 1650/95 A (H), EFG 1995, 854; früher schon FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. Dez. 1966, II 313/a/66, EFG 1967, 141) an.

Gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG), der gem. § 20 Abs. 3 GKG für AdV-Verfahren gilt, ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit vorbehaltlich der folgenden Vorschriften nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Der Antrag des Klägers zielt in einem Aussetzungsverfahren grundsätzlich darauf ab, die aufschiebende Wirkung des Einspruchs bzw. der Klage, deren Einlegung die Vollziehung gem. § 361 Abs. 1 AO und § 69 Abs. 1 FGO nicht hemmen, wieder herzustellen, d.h. die umstrittene Steuerschuld vorläufig nicht entrichten zu müssen bzw. die Vollziehung aufzuheben. Das unmittelbare Interesse am Ausgang einer Aussetzungsentscheidung liegt in dem finanziellen Interesse an der späteren Zahlung. Dies bedeutet entweder die Möglichkeit den streitigen Betrag, soweit er zur Verfügung steht, zu nutzen, d.h. damit Erträge zu erwirtschaften oder, wenn das Geld erst mittels Krediten beschafft werden muss, die Kosten, um den Betrag verfügbar zu machen, d.h. die Zinsersparnis. Eine genaue Quantifizierung dieses Vorteils in jedem Einzelfall ist kaum möglich, denn entscheidend sind neben der Verfahrensdauer der jeweilige – möglicherweise während des Verfahrens schwankende – Marktzins, dessen Höhe nicht nur von den allgemeinen Konditionen des Kreditinstitutes, sondern auch von der Kreditwürdigkeit des Klägers im Einzelfall und dessen Sicherheiten abhängt und daher um mehrere Prozentpunkte differieren kann. Auch wäre zu unterscheiden, ob ein Kläger den streitigen Betrag in der Regel teuer fremdfinanzieren muss oder ob er das Geld zur freien Verfügung hat und damit lediglich auf Habenzinsen verzichtet. Daher ist eine konkrete Berechnung für jeden Einzelfall auch nach Meinung des BFH nicht angebracht. Es bedarf also einer Pauschalierung.

Der BFH beziffert das unmittelbare Interesse am Hinausschieben der Leistungspflicht mit e...

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