Gründe

Streitig ist, ob der Haftungsbescheid rechtmäßig ist. Die Antragstellerin gründete mit Vertrag vom 3. März 1989 gemeinsam mit „X” die „ GmbH”. Sowohl die Antragstellerin als auch „X” waren zu je 50 % an der GmbH beteiligt. Gegenstand des Unternehmens war ….

… Sowohl die Antragstellerin als auch „X” waren Geschäftsführer der GmbH. Aufgrund von Investitionensvorhaben, die sich nicht erwartungsgemäß entwickelten, geriet die GmbH Ende des Jahres 1993 in eine finanzielle Krise. Für die Monate November 1993 bis Ende April 1994 führte die GmbH die angemeldeten und einbehaltenen Lohnsteuerabzugsbeträge nebst Kirchensteuern nicht an den Antragsgegner ab. Mit Vertrag vom 30. Mai 1994 übertrug die Antragstellerin ihre GmbH-Anteile auf „X”. Mit Beschluß vom gleichen Tage wurde sie als Geschäftsführerin abberufen. Am 15. August stellte der Antragsgegner Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens. Der Antrag wurde vom Amtsgericht mit Beschluß vom 12. September 1994 mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse abgewiesen. Mit Haftungsbescheid vom 16. Februar 1995 hat der Antragsgegner die Antragstellerin auf Zahlung von Lohn- und Kirchensteuer von November 1993 bis April 1994 nebst Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 32.746,69 DM in Anspruch genommen. Über den Einspruch vom 24. Februar 1995 gegen diesen Haftungsbescheid hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Der mit dem Einspruch verbundene Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde vom Antragsgegner mit Schreiben vom 3. März 1995 abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt vor, sie sei trotz der ihr formal eingeräumten … Geschäftsführerposition faktisch nicht an der Leitung der Gesellschaft beteiligt gewesen. Diese habe vielmehr allein „X” oblegen. Ihre Mitwirkung habe sich auf die gelegentliche Durchführung von Verkaufsgesprächen mit Kunden beschränkt. Sie, die Antragstellerin, habe weder bei der Erstellung der Steuererklärung noch bei der Überweisung der Steuern an die Finanzkasse mitgewirkt. Insbesondere die Berechnung und Auszahlung der Löhne und die Berechnung sowie Abführung der Abzugsbeträge sei allein Angelegenheit von „X” gewesen, der auch die Steuererklärung und Steueranmeldungen stets unterzeichnet habe. Bei ordnungsgemäßer Ausübung des Ermessens seitens des Antragsgegners wäre die Antragstellerin nicht als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen worden. Es liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Da die Antragstellerin faktisch in keiner Weise als Geschäftsführerin tätig gewesen sei und der BFH die Haftung eines faktischen Geschäftsführers annehme (BFH-Urteil vom 7. April 1992 VII R 104/90 BFH/NV 1993, 213), müsse im Umkehrschluß die Haftung des nominellen Geschäftsführers, der in keiner Weise an der Geschäftsführung beteiligt gewesen sei, ausgeschlossen werden. Weder der Haftungsbescheid noch der Bescheid über die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung seien hinsichtlich der angestellten Ermessenserwägungen ausreichend begründet.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Haftungsbescheid vom 16. Februar 1995 bis einen Monat nach abschließender Entscheidung im Vorverfahren von der Vollziehung auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Gründe, die die Anspruchnahme der Antragstellerin als Haftende ermessensfehlerhaft erscheinen lassen könnten, lägen nicht vor (Schriftsatz vom 5. April 1995). Der Antragsgegner habe sein Auswahlermessen hinsichtlich der Antragstellerin schon deshalb nicht fehlerhaft ausgeübt, weil er nicht nur sie sondern auch den Mitgeschäftsführer der GmbH, „X” und somit alle potentiellen Haftungsschuldner, in Anspruch genommen habe und diese Entscheidung im Haftungsbescheid auch ausreichend kundgetan habe. Selbst wenn man mit der Antragstellerin davon ausginge, daß die in dem Haftungsbescheid enthaltene Begründung der Ermessensentscheidung Mängel aufweise, würde dies zu keiner anderen rechtlichen Würdigung führen. Begründungsmängel für die Inanspruchnahme im Haftungsbescheid berührten nicht die Rechtmäßigkeit des Haftungbescheides. Die Begründung könne bis zum Abschluß des außergerichtlichen Vorverfahrens nachgeholt werden, was spätestens mit Schriftsatz vom 5. April 1995 erfolgt sei.

Der Antrag ist unbegründet.

Die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes soll nur dann erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Ernstliche Zweifel bestehen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, daß neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (Tipke-Kruse, AO und FGO Kommentar, § 69 FGO Tz. 10 mit Nachweisen aus der stä...

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