Rn 12

Beim Schuldbeitritt tritt der Mitübernehmer zusätzlich neben den bisherigen Schuldner. Dies ist gesetzlich für eine Reihe von Fällen vorgesehen (§§ 546 II, 604 IV, 2382; §§ 25, 28, 130 HGB; Art 28 WG). Darüber hinaus ist aber auch ein rechtsgeschäftlicher Schuldbeitritt gem § 311 I möglich. Er kommt zustande durch Vertrag des Übernehmenden mit dem Gläubiger oder dem Schuldner. In letztgenanntem Fall bedarf es im Gegensatz zu § 415 keiner Genehmigung des Gläubigers, da lediglich ein weiterer Schuldner dazu kommt. Es handelt sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter iSd § 328 (BGHZ 42, 381, 384 f; 72, 246, 250).

 

Rn 13

Der Schuldbeitritt ist grds formfrei (st Rspr, RGZ 59, 232, 233; BGH BauR 01, 626), sofern nicht für das Verpflichtungsgeschäft eine spezielle Formvorschrift eingreift, die den Schutz des Schuldners bezweckt, wie etwa § 311b, § 492 (BGHZ 133, 71 ff; 134, 94, 97 ff), § 518, § 3a I RVG (BGH VersR 16, 1139), nicht aber § 781 (BGHZ 121, 1 ff). Der Beitritt als öffentlich-rechtlicher Vertrag bedarf der Schriftform (VGH München NJW 90, 1006 [VGH Bayern 23.11.1989 - 22 B 88/3677]). Notwendig ist stets eine eindeutige Verpflichtungserklärung. Für den Schuldbeitritt naher Angehöriger gelten die für Bürgschaften entwickelten Grundsätze (§ 138 Rn 8292, 136, § 765 Rn 2142) in gleicher Weise (BGHZ 134, 42 ff; 146, 37 ff). Klauseln in AGB, durch die der Beitretende die Haftung für alle bestehenden u künftigen Verbindlichkeiten übernimmt, verstoßen regelmäßig gg §§ 305c, 307 (BGH NJW 96, 249 [BGH 07.11.1995 - XI ZR 235/94]; zur Anlass-Rspr § 765 Rn 16 f, 20).

 

Rn 14

Die Rechtsfolgen des Beitritts ergeben sich aus den Regeln über die Gesamtschuldnerschaft (§§ 421 ff, RGZ 59, 232, 233; BGHZ 109, 314, 317). Der Beitretende hat alle Einwendungen, die zum Zeitpunkt des Beitritts begründet waren; § 417 I gilt entspr (BGHZ 85, 346, 349). Er kann Unwirksamkeit des Beitritts insb wg Widerrufs nach §§ 355, 495 geltend machen, das Widerrufsrecht als Verbraucher auch dann, wenn der Kreditnehmer selbst gewerblich tätig ist (BGHZ 133, 71 ff), für den Beginn der Widerrufsfrist ist der Zeitpunkt seiner Beitrittserklärung maßgeblich (BGHZ 133, 220 ff). Besteht die mit übernommene Verbindlichkeit nicht, so geht der Beitritt ins Leere (BGH NJW 87, 1698, 1699 [BGH 15.01.1987 - III ZR 222/85]). Nach dem Beitritt entwickeln sich die Schuldverhältnisse unabhängig voneinander, mit Ausn der gesamtwirkenden Tatsachen iSd §§ 422–424 (BGHZ 58, 251, 255; 205, 260; NJW 16, 2734, 2736). Beim Übereinkommen zwischen Beitretendem u Schuldner gilt entgegen § 417 II die Einwendungserstreckung des § 334 (BGH WM 59, 16, 22; 73, 1289, 1291). Ebensowenig wie durch die Schuldübernahme ändert sich durch den Schuldbeitritt die Rechtsnatur der Forderung des Gläubigers (BGHZ 205, 260; NJW 16, 2734, 2736).

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