Gesetzestext

 

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

A. Funktion.

 

Rn 1

§§ 328 ff regeln die Einbeziehung Dritter, die am Vertragsschluss nicht beteiligt sind, in das Leistungsgefüge von Verträgen (aller Art, vgl Vor §§ 328–335 Rn 1). Dabei werden dem Dritten, soweit an ihn zu leisten ist, idR die Schutzpflichten nach § 241 II zugute kommen. Dagegen liegt ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte vor (vgl Vor §§ 328–335 Rn 2 ff), wenn ggü dem Dritten nur Schutzpflichten bestehen, also bloß sein Integritätsinteresse geschützt werden soll.

 

Rn 2

Die §§ 328 ff führen also zu einem Drei-Personen-Verhältnis. Die Beteiligten heißen Versprechender (= Schuldner), Versprechensempfänger und Dritter (vgl § 332). Dabei kann der Versprechensempfänger im Zweifel selbst die Leistung an den Dritten verlangen, § 335. Ob dieser Dritte einen eigenen Anspruch haben soll, folgt aus dem Versprechen; das G gibt aber in den §§ 328 II, 329, 330, 331 I Auslegungsregeln. Bei einem eigenen Anspruch des Dritten spricht man von einem echten, sonst von einem unechten Vertrag zugunsten Dritter.

 

Rn 3

Beim echten Vertrag zugunsten Dritter soll der Dritte sein Forderungsrecht ›unmittelbar‹ erwerben, I. Das bedeutet ›ohne eigenes Zutun‹, also ohne seine Mitwirkung an dem Vertrag und ohne Annahmeerklärung. Er braucht von dem Vertrag nicht einmal zu wissen. Die Vereinbarkeit mit dem Vertragsprinzip von § 311 I stellt das Zurückweisungsrecht des Dritten nach § 333 her. ›Unmittelbar‹ bedeutet aber auch, dass das Recht originär bei dem Dritten entsteht, also ohne dass ein Durchgangserwerb eines zunächst beim Versprechensempfänger entstandenen Rechts stattfände.

B. Abgrenzungen.

I. Stellvertretung.

 

Rn 4

Auch bei der direkten Stellvertretung kann ein am Vertragsschluss Unbeteiligter vertragliche Leistungsansprüche erhalten. So können etwa die Eltern einen Vertrag über die ärztliche Behandlung ihres Kindes als Vertreter des Kindes oder im eigenen Namen auf Leistung an das Kind schließen. Für die erste Alternative ist Vertretungsmacht nötig; andererseits können dem Dritten aber auch Verpflichtungen auferlegt werden. Dies spricht für die Bejahung der zweiten Alternative: Der Arzt wird idR eine Eigenverpflichtung der Eltern wollen, und diese werden damit redlicherweise einverstanden sein, weil sie dem Kind die Behandlung als Unterhalt schulden.

 

Rn 5

Gleiches gilt auch bei anderen Verträgen der Eltern für das Kind über eine als Unterhalt geschuldete Leistung (zB Beförderung, Ferienaufenthalt usw). Anders liegt es dagegen bei Verträgen über die Verwaltung des Kindesvermögens.

II. Abtretung.

 

Rn 6

Nur berechtigt werden kann der Dritte durch die Abtretung des von dem Versprechensempfänger zunächst selbst erworbenen Anspruchs (§ 398). Doch erwirbt der Dritte dann nicht unmittelbar; insb muss er auch an der Abtretung mitwirken.

III. Empfangsermächtigung.

 

Rn 7

Bei ihr kann der Versprechende nach §§ 362 II, 185 an den Dritten leisten, doch ist er dazu nicht verpflichtet. Einen Spezialfall einer solchen Ermächtigung bildet die Anweisung nach § 783. An einer den Anweisungsempfänger berechtigenden Annahme der Anweisung (§ 784 I) muss dieser mitwirken.

IV. Verfügungen.

 

Rn 8

Sehr zweifelhaft ist, ob § 328 auf Verfügungen erweitert werden kann. (1) Sachenrechtliche Verfügungen zugunsten Dritter, also zB eine Übereignung, scheitern für den Erwerb von Grundstücken schon an § 925 II. Denn das Zurückweisungsrecht des Dritten nach § 333 würde ähnl wie eine Bedingung zu einer Ungewissheit führen, die § 925 II gerade verhindern soll (MüKo/Gottwald Rz 277).

 

Rn 9

Bei anderen sachenrechtlichen Verfügungen (zB Mobiliar-Übereignung, Bestellung von Grundpfandrechten) passt die Argumentation mit § 925 II zwar nicht. Auch mag man hier von einer ›Leistung an den Dritten‹ sprechen. Aber § 328 I fährt fort, der Dritte solle das Recht erwerben, die Leistung zu fordern. Dahinter steht die Vorstellung, die Leistung müsse erst noch erbracht werden; das passt für Verfügungen gerade nicht. Die Rspr (etwa RGZ 148, 257, 262; BGHZ 41, 95, 96 mN) erkennt daher ›dingliche Verträge zugunsten Dritter‹ nicht an. Demggü ist die Lit teils großzügiger: So soll nach einer Mindermeinung (Westermann/Gursky/Eickmann Sachenrecht, 8. Aufl 11, § 2 Rz 14 mN) ein Mobiliarerwerb des Dritten nach den §§ 929 ff analog § 328 möglich sein, wenn der Dritte den Besitz oder ein ausreichendes Surrogat erlangt. Auch soll bei Grundstücken für den Dritten wenigstens ein Recht begründet werden können, aufgrund dessen ›Leistungen aus dem Grundstück‹ zu erbringen sind (Wolff/Raiser Sachenrecht, § 38 II 3; Baur/Stürner Sachenrecht, § 5 Rz 28 mwN, wohlwollend auch MüKo/Gott...

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