Gesetzestext

 

(1) 1Ein Erbvertrag sowie eine einzelne vertragsmäßige Verfügung kann durch Vertrag von den Personen aufgehoben werden, die den Erbvertrag geschlossen haben. 2Nach dem Tode einer dieser Personen kann die Aufhebung nicht mehr erfolgen.

(2) Der Erblasser kann den Vertrag nur persönlich schließen.

(3) Der Vertrag bedarf der in § 2276 für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form.

A. Aufhebungsvertrag.

 

Rn 1

Der Erbvertrag oder einzelne vertragsmäßige Verfügungen (§ 2278 II) können wie grds jeder Vertrag durch Vertrag als actus contrarius aufgehoben (oder abgeändert oder ergänzt) werden. Für einseitige Verfügungen vgl § 2299 I, II 2. Eine vertragsmäßige Verfügung, durch die ein Vermächtnis oder eine Auflage angeordnet ist, kann der Erblasser durch Testament aufheben (§ 2291 I 1). Ehegatten können einen Erbvertrag durch gemeinschaftliches Testament aufheben (§ 2292). Ansonsten kann ein neuer, abw Erbvertrag der Parteien eine Aufhebung des älteren entspr § 2258 (BGH NJW 87, 901; BayObLG FamRZ 94, 190; 02, 1434) oder § 2290 (Kipp/Coing § 39 I 1) bedeuten. Zur Aufhebung durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung s § 2300 II iVm § 2256. Einen Zuwendungsverzicht (§ 2352) kann der Erblasser nur mit dem bedachten Dritten, nicht mit dem (bloßen) Vertragspartner vereinbaren, da hier § 2290 mit strengeren Formerfordernissen gilt. Er kann nicht auf das Recht aus § 2290 verzichten (§ 2302).

 

Rn 2

Der Aufhebungsvertrag kann seinerseits durch Vertrag aufgehoben werden. Dadurch werden die aufgehobenen erbvertraglichen Verfügungen wieder in Kraft gesetzt (Staud/Kanzleiter Rz 19). Daher gelten die §§ 22742276, nicht § 2290 (RGRK/Kregel Rz 10). Für die Anfechtung des Aufhebungsvertrags durch den Erblasser gelten die §§ 2078, 2281 ff als Regeln über Verfügung vTw (BRHP/Litzenburger Rz 8; Erman/Kappler Rz 6; Grünewald/Weidlich Rz 4; aA Soergel/Wolf Rz 10), die allg Anfechtungsregeln der §§ 119 ff, 142 ff nur, soweit die erbrechtlichen Normen Lücken lassen (MüKo/Musielak Rz 9). Wegen der Höchstpersönlichkeit der Erklärung (Rn 2) können sie Dritte (zB Insolvenzverwalter nach §§ 129 ff InsO) nicht anfechten (BGH 20.12.12 – IX ZR 56/12 Rz 9). Die Anfechtung durch den nicht vTw Verfügenden richtet sich nach §§ 119 ff. Mit wirksamer Anfechtung ist der Erbvertrag wieder hergestellt (§§ 2257, 2279 I).

B. Vertragschließende.

 

Rn 3

Nach dem Tod einer Partei ist Aufhebung nicht mehr möglich. Nur die Personen, die den Erbvertrag als höchstpersönliches Geschäft geschlossen haben, können ihn aufheben (I 2). Der Erblasser, auch der beschränkt geschäftsfähige, muss den Aufhebungsvertrag persönlich schließen (II, vgl § 2274 Rn 1). Weder bedarf er der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters noch der Einwilligung des Gerichts bzw des Betreuers bei Betreuung mit Anordnung des EV (vgl § 1903 II). Der Erblasser, der durch den Aufhebungsvertrag von einer Verbindlichkeit befreit wird, soll insoweit nicht von seinem gesetzlichen Vertreter abhängig sein. Wird der Erblasser nach Abschluss des Erbvertrags geschäftsunfähig, kann dieser nicht mehr aufgehoben werden. Der andere Vertragspartner, der nicht auch selbst als Erblasser Verfügungen vTw trifft, kann sich vertreten lassen. Als beschränkt Geschäftsfähiger bedarf er idR der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, nach § 1851 Nr 5 der Betreute der Genehmigung des BetreuungsG, wenn die Aufhebung zum Aufgabenkreis des Betreuers (§§ 1815, 1823) gehört (einschr nur bei rechtlich vorteilhaften Geschäften MüKoBGB/Musielak Rz 6). Eine Genehmigung scheidet idR beim entschädigungslosen Verzicht etwa auf eine Erbaussicht oder sonstige Zuwendung aus. Bei mehrseitigen Erbverträgen müssen alle Vertragspartner, ggü denen er bindend ist, mitwirken (Hamm 2.12.11 – I-15 W 603/10: mit Umdeutung in einen Zuwendungsverzicht nach § 2352). Der Bedachte, der nicht Vertragspartner ist, muss nicht zustimmen, da er nur eine tatsächliche Erwerbsaussicht hat (Vor §§ 2274 ff Rn 1, Rn 3).

C. Form.

 

Rn 4

Der Aufhebungsvertrag bedarf der Form des Erbvertrags (III iVm § 2276). Die Form gilt auch für Abänderungsverträge, die ein älteres Recht eines vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen (Keller ZEV 04, 94). Formlose Zustimmung genügt nicht (BGH NJW 89, 2618 [BGH 12.07.1989 - IVa ZR 174/88]). Wenn der Bedachte die Aufhebung arglistig verhindert, wird sie als vereinbart angenommen (RGZ 134, 325). Der Vertrag kann mit einer neuen Verfügung vTw oder einem Ehevertrag (§ 2276 II) verbunden werden. § 2277 und § 34 BeurkG gelten nicht.

D. Wirkung.

 

Rn 5

Umfasst der Aufhebungsvertrag den ganzen Erbvertrag, treten mit ihm auch in ihm aufgenommene einseitige Verfügungen außer Kraft, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist (§ 2299 III). Die Aufhebung kann auch nur einzelne vertragsmäßige Verfügungen erfassen. Auch kann sie nur ihre Bindung beseitigen. Dann bleiben die ursprünglich vertragsmäßigen Verfügungen als einseitige bestehen. Die Urschrift des aufgehobenen Erbvertrags verwahrt der Notar und liefert sie beim Erbfall beim Nachlassgericht ab (§ 34 III 2 BeurkG; Ausn: § 45 II BeurkG). Anders als der zurü...

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