Gesetzestext

 

1Wer durch Testament als Erbe eingesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht ist, kann durch Vertrag mit dem Erblasser auf die Zuwendung verzichten. 2Das Gleiche gilt für eine Zuwendung, die in einem Erbvertrag einem Dritten gemacht ist. 3Die Vorschriften der §§ 2347 bis 2349 finden Anwendung.

A. Zweck/Form.

 

Rn 1

Der Zuwendungsverzicht ist ein Unterfall des Erbverzichts. Wie dieser ist er ein vertragliches abstraktes Verfügungsgeschäft unter Lebenden auf den Todesfall (Staud/Schotten Rz 2a). § 2352 regelt den Verzicht auf letztwillige Zuwendungen, die auf einem Testament beruhen (1), und auf vertragsmäßige Zuwendungen aus einem Erbvertrag, die einem Dritten gemacht wurden (2). Da ein Testament oder einseitige Verfügungen in einem Erbvertrag frei widerruflich (§§ 2253 I, 2299 II 1) und ein Erbvertrag durch die Parteien aufhebbar (§ 2290) ist, ist der Zuwendungsverzicht praktisch relevant, wenn der Widerruf bzw die Aufhebung der letztwilligen Verfügung ansonsten unzweckmäßig oder nicht möglich ist. Bedeutsam ist zB, dass ein überlebender Ehegatte aufgrund wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament (§ 2271 II) nach dem Tod des Erstversterbenden gebunden ist. Durch einen Zuwendungsverzicht kann der Überlebende die Testierfreiheit wiedererlangen. Oder es kann für einen ganz oder beschränkt geschäftsunfähig gewordenen Erblasser sein gesetzlicher Vertreter einen Zuwendungsverzicht mit dem Bedachten vereinbaren. Denn für die Geschäftsfähigkeit und Stellvertretung gilt über 3 § 2347. Ab 1.1.23 wird ist die Genehmigungsbedürftigkeit bei Abschluss durch einen Betreuer in § 1851 Nr 9 nF geregelt. Zu beachten ist, dass ggf eine Ersatzberufung oder Anwachsung nach § 2094 an andere eintritt (Rn 5). Zur Auslegung s Ddorf NJW-RR 20, 777 [OLG München 05.05.2020 - 31 Wx 246/19].

 

Rn 2

Der Verzichtsvertrag nebst Kausalgeschäft (str) bedarf der notariellen Beurkundung (3 iVm § 2348; §§ 6 ff BeurkG). Ein Vergleich nach § 127a erfüllt die Form; auch § 128 gilt. Der Zuwendungsverzicht kann aus Gründen der Rechtssicherheit wie der Erbverzicht nur zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart und auch aufgehoben werden (vgl § 2351). Einem Zuwendungsverzicht kann nach Eintritt des Erbfalls auch nicht mehr entgegengehalten werden, die Geschäftsgrundlage fehle oder der bezweckte Erfolg sei nicht eingetreten (BGH NJW 99, 789 [BGH 04.11.1998 - IV ZR 327/97]; § 2351 Rn 2). Eine Vertragsanpassung des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts bleibt möglich (BGH aaO). Der Erblasser kann einen Verzichtenden in einer späteren Verfügung vTw erneut bedenken. Die Aufhebung des Zuwendungsverzichts erfolgt analog § 2351 (BGH ZEV 08, 237, 238). Eine inzwischen eingetretene erbrechtliche Bindung wird dadurch nicht beseitigt (hM, Staud/Schotten Rz 54).

B. Zuwendung.

 

Rn 3

Zuwendung iSd § 2352 sind eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis, die auf einer Verfügung vTw beruhen. Gesetzliche Vermächtnisse wie der Voraus (§ 1932) oder Dreißigster (§ 1969) sind ausgeschlossen (BeckOKBGB/Litzenburger Rz 2; aA Soergel/Damrau § 2346 Rz 11). Analog sollte auf die Begünstigung aus einer Aufl verzichtet werden können (Staud/Schotten Rz 3; aA BeckOKBGB/Litzenburger; MüKo/Wegerhoff Rz 4). Die letztwillige Verfügung, auf der die Zuwendung beruht, muss zur Zeit des Verzichts wirksam sein. Auf künftige Zuwendungen kann nicht verzichtet werden (BayObLG Rpfleger 87, 374). Auf die Zuwendung kann auch nur teilw, zB auf einen ideellen Bruchteil der Erbschaft oder Teil des Vermächtnisses beschränkt, verzichtet werden (Staud/Schotten Rz 11 f). Der Verzicht kann auch befristet oder (aufschiebend bedingt) zugunsten bestimmter Personen, die an die Stelle des Erben oder Vermächtnisnehmers treten sollen, vereinbart werden. Da § 2350 hier nicht gilt, bedarf es dazu ausdrücklicher Anordnung (MüKo/Wegerhoff Rz 5; aA Staud/Schotten Rz 17 f). Weil der Begünstigte durch den Verzicht nicht den kompletten Erbteil des Verzichtenden erlangt (Hamm OLGZ 72, 275), bedarf dieses Ziel einer entspr Anordnung des Erblassers.

C. Bedachter.

 

Rn 4

Grds kann jeder Bedachte, auch der Fiskus, auf eine errichtete Zuwendung verzichten. Der testamentarisch Bedachte (1) kann durch Vertrag mit dem Erblasser auf die Zuwendung verzichten. Praktisch relevant ist der Verzicht, wenn korrespondierende Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament getroffen wurden und ein Ehegatte stirbt. Der als Schlusserbe eingesetzte Abkömmling kann dann mit dem überlebenden Ehegatten einen Verzichtsvertrag schließen (vgl BayObLG FamRZ 01, 319, 320). 2 nimmt jedoch die Parteien eines Erbvertrags aus, damit sie an die zT strengeren Vorschriften des § 2290 gebunden bleiben (Staud/Schotten Rz 2). Ein Zuwendungsverzicht zwischen den Parteien des Erbvertrags, in dem keinem Dritten etwas zugewendet ist, ist unzulässig (Hamm DNotZ 77, 751 [OLG Hamm 14.02.1977 - 15 W 159/75]; Stuttg DNotZ 79, 107 [OLG Stuttgart 09.11.1978 - 8 W 564/78]). Damit beim mehrseitigen Erbvertrag (Vor § 2274 Rn 2) auf die einem einzelnen Vertragspartner gemachte Zuwendung ohne Mitwirkung der ander...

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