Gesetzestext

 

(1) 1Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem Erbteil die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. 2Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm diese Gegenstände, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.

(2) Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften anzuwenden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der überlebende Ehegatte soll diejenigen Gegenstände behalten dürfen, die bislang den äußeren Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft gebildet haben (für die angemietete Wohnung §§ 563 ff). Allerdings kann der Erblasser seinem Ehegatten, anders als den Pflichtteil, den Voraus entziehen. Der Anspruch des Voraus ist nach § 2345 anfechtbar (Erman/Lieder § 1932 Rz 15). Die Durchsetzung des Voraus erfolgt nicht vor dem Nachlassgericht, sondern vor dem Prozessgericht.

B. Der Voraus.

 

Rn 2

Der überlebende Ehegatte erhält, unabhängig vom Güterstand, zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil den sog Voraus, sofern er mit dem Erblasser einen gemeinsamen Haushalt geführt hat, um dem Berechtigten die Fortsetzung des Haushalts mit dem bisherigen Hausrat zu ermöglichen (Erman/Lieder § 1932 Rz 2).

C. Rechtsnatur.

 

Rn 3

Der Voraus ist ein gesetzliches Vorausvermächtnis, das dem überlebenden Ehegatten ein Forderungsrecht ggü der Erbengemeinschaft auf Übertragung des Eigentums an den zum Voraus gehörenden Gegenständen einräumt, § 2174, das durch besonderes Leistungsvollzugsgeschäft unter Lebenden zu erfüllen ist (Erman/Lieder § 1932 Rz 14).

 

Rn 4

Der Anspruch aus § 1932 ist als Nachlassverbindlichkeit iSd § 1967 II zu behandeln und nach § 2046 vorab zu befriedigen, es sei denn, der Nachlass ist unzureichend oder das Nachlassinsolvenzverfahren ist eröffnet: Dann ist der Anspruch erst nach den sonstigen Verbindlichkeiten zu erfüllen, §§ 1991 IV, 327 I Nr 2 InsO.

D. Voraussetzungen.

 

Rn 5

Der Anspruch auf den Voraus besteht nur bei endgültiger gesetzlicher Erbfolge; ein testamentarischer Erbe hat keinen Anspruch auf den Voraus (BGH NJW 83, 2874 [BGH 29.06.1983 - IVa ZR 57/82]), auch nicht der nach den §§ 1933, 1938 von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossene Ehepartner, oder wer auf sein Erbrecht verzichtet hat, § 2346 (NK-BGB/Kroiß § 1932 Rz 2), im Falle der Erbunwürdigkeit und der Ausschlagung der Erbschaft (NK-BGB/Kroiß § 1932 Rz 3), wenn die Ehe rechtskräftig geschieden oder aufgehoben ist. Der Voraus steht dem Ehegatten nicht zu neben Abkömmlingen von Großeltern und Verwandten entfernterer Ordnungen, da er in diesem Fall nach § 1931 II die gesamte Erbschaft erhält (Erman/Lieder § 1932 Rz 8).

 

Rn 6

Dem überlebenden Ehegatten ist es verwehrt, die Erbschaft auszuschlagen, den Voraus aber anzunehmen. Umgekehrt kann er die Erbschaft annehmen und den Voraus ausschlagen (Grüneberg/Weidlich § 1932 Rz 2).

 

Rn 7

Umstritten ist, ob der Ehegatte Anspruch auf den Voraus hat, wenn der Erblasser letztwillig verfügt und seine gesetzlichen Erben, also auch den Ehegatten, bedacht hat. Insoweit ist zunächst entspr der Auslegungsregel des § 2066 zu prüfen, ob der Erblasser seinen Ehegatten im Testament berücksichtigt hat (Soergel/Fischinger § 1932 Rz 6). Ist dies zu bejahen, hat der Ehegatte aufgrund seiner Stellung als testamentarischer Erbe keinen Anspruch auf den Voraus (NK-BGB/Kroiß § 1932 Rz 2).

E. Umfang.

 

Rn 8

Der Umfang des Voraus bestimmt sich danach, zu welcher Ordnung die mit dem Ehegatten zur gesetzlichen Erbfolge Berufenen gehören: Neben Verwandten der zweiten Ordnung und Großeltern des Erblassers gebührt dem Ehegatten der gesamte Voraus, dh sämtliche zum Haushalt gehörenden Gegenstände einschl der Hochzeitsgeschenke, § 1932 I 1. Eingeschränkt ist der Voraus nach § 1932 I 2 dann, wenn der Ehegatte neben Abkömmlingen der ersten Ordnung zur Erbfolge berufen ist, weil er dann nur Anspruch auf die Haushaltsgegenstände hat, soweit sie zur angemessenen Haushaltsführung erforderlich sind, wobei für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend ist (Ripfel BWNotZ 65, 268).

 

Rn 9

Darüber hinaus ist der Voraus davon abhängig, dass die Ehegatten zuletzt einen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Lebten die Ehegatten getrennt, ist str, ob die noch verbliebenen Gegenstände des früheren Haushalts gefordert werden können. Wird dies bejaht, können die Gegenstände nicht als Surrogat gefordert werden (so Staud/Kunz § 1932 Rz 14); die Vorschrift will die Lebensgrundlage erhalten, bei einem Surrogat wäre dies nicht erreichbar.

 

Rn 10

Haushaltsgegenstände sind diejenigen Sachen und Rechte, die dem Erblasser gehören und dem gemeinsamen Haushalt gedient haben (Bambg FamRZ 19, 1369), mithin also auch Rechte aus Abzahlungsgeschäften für Möbel, Wäsche, Schadensersatzansprüche aus der Zerstörung von Haushaltsgegenständen, kostbare Teppiche, Gemälde, Familien-PKW (AG Erfurt FamRZ 02, 849), nicht aber, was den besonderen beruflichen, wissenschaftlichen, künstleris...

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