Rn 9

Während die Verjährung ein Leistungsverweigerungsrecht begründet, hat der Ablauf einer Ausschlussfrist die Rechtsvernichtung zur Folge (BGH NJW 06, 903 f), die im Prozess vAw zu beachten ist (BGH NJW 93, 1585, 1586). Das bringt das Gesetz mit Formulierungen zum Ausdruck, die gemeinsam haben, dass sie verdeutlichen, dass das betreffende Recht nach Fristablauf nicht mehr besteht (›erlischt‹, ›kann nur erfolgen‹, ›ist ausgeschlossen‹ uä). Im Gegensatz zur Verjährung bestehen Ausschlussfristen nicht nur für Ansprüche (zB §§ 382, 562b II, 651g I, 801 I 1, 864 I, 977 S 2, 1835 I 3; außerhalb des BGB zB § 13 ProdHaftG, §§ 15 IV, 21 III AGG, § 2 VBVG), sondern auch für Gestaltungsrechte (§§ 121, 124 I und III, 148, 532, 626 II, 1944 I, 1949) und absolute Rechte (§ 64 UrhG); eine solche kann, insb auf vertraglicher Grundlage (zB Tarifvertrag), auch ganze Rechtsverhältnisse erfassen. Die gesetzlichen Regelungen zur Verjährung finden auf Ausschlussfristen nur dann Anwendung, wenn dies gesetzlich angeordnet oder besonders vereinbart ist. Zweck der Ausschlussfristen ist weniger der Schuldnerschutz, für den eine Einrede ausreichend wäre, als vielmehr Aspekte der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Aus diesem Grund können gesetzliche Ausschlussfristen grds nicht durch Vereinbarung verlängert werden (München HRR 1940, 27; Celle WM 75, 654) und scheiden Verzicht, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 233 ff ZPO) oder Heilung durch rügelose Verhandlung (§ 295 ZPO) aus. Ob einzelne für die Verjährung geltende Bestimmungen (zB Hemmung nach § 206 oder §§ 210, 211) auf Ausschlussfristen analog anzuwenden sind, wenn nicht auf sie verwiesen ist, ist von Fall zu Fall nach Sinn und Zweck der jew Bestimmung zu entscheiden (BAG 20.6.18 – 5 AZR 262/17; BGH 8.12.17 – V ZR 16/17 Rz 20; NJW 06, 903 Rz 11; Bsp bei BRHP/Henrich Rz 8; MüKo/Grothe Vorbem § 194 Rz 11). So kommt eine entspr Anwendung des § 212 I Nr 1 idR nicht in Betracht, weil dem Zweck, für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu sorgen, der vollständigen Erneuerung der Frist entgegensteht (BGH NJW 08, 2258 [BGH 09.04.2008 - VIII ZR 84/07] Rz 21). Gesetzliche Teilverweisungen auf das Verjährungsrecht bestehen bspw bei den §§ 124 II, 204 III, 802 S 3, 1002 II, 1600b V 3 (dazu BGH MDR 20, 42 [BGH 13.11.2019 - IV ZR 317/17] Rz 22 f), 1944 II 3, 1954 II 2, 2082 II 2.

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