Gesetzestext

 

(1) 1Die Vaterschaft kann binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. 2Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen; das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2 erste Alternative hindert den Lauf der Frist nicht.

(2) 1Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und nicht, bevor die Anerkennung wirksam geworden ist. 2In den Fällen des § 1593 Satz 4 beginnt die Frist nicht vor der Rechtskraft der Entscheidung, durch die festgestellt wird, dass der neue Ehemann der Mutter nicht der Vater des Kindes ist.

(3) 1Hat der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Kindes die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind nach dem Eintritt der Volljährigkeit selbst anfechten. 2In diesem Falle beginnt die Frist nicht vor Eintritt der Volljährigkeit und nicht vor dem Zeitpunkt, in dem das Kind von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen.

(4) 1Hat der gesetzliche Vertreter eines Geschäftsunfähigen die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann der Anfechtungsberechtigte nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit selbst anfechten. 2Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) 1Die Frist wird durch die Einleitung eines Verfahrens nach § 1598a Abs. 2 gehemmt; § 204 Abs. 2 gilt entsprechend. 2Die Frist ist auch gehemmt, solange der Anfechtungsberechtigte widerrechtlich durch Drohung an der Anfechtung gehindert wird. 3Im Übrigen sind § 204 Absatz 1 Nummer 4, 8, 13, 14 und Absatz 2 sowie die §§ 206 und 210 entsprechend anzuwenden.

(6) Erlangt das Kind Kenntnis von Umständen, auf Grund derer die Folgen der Vaterschaft für es unzumutbar werden, so beginnt für das Kind mit diesem Zeitpunkt die Frist des Absatzes 1 Satz 1 erneut.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der Status eines Kindes kann nicht unbeschränkt in der Schwebe bleiben. Zum Schutz und im Interesse des Kindes, aus Gründen der Rechtssicherheit in den Familienbeziehungen sowie zur Wahrung des Rechtsfriedens ist die Anfechtung einer bestehenden rechtlichen Vaterschaft nur zeitlich befristet möglich (BVerfG FamRZ 91, 325, BGH FamRZ 06, 686; EGMR 06, 181). Auf einen im Anfechtungsverfahren evtl nicht beachteten Ablauf der Anfechtungsfrist kann sich der als Vater in Anspruch genommene Mann in einem späteren Feststellungsverfahren nicht berufen (Kobl FamRZ 15, 1121; BGH FamRZ 07, 36; Jena FamRZ 06, 1602). Die Anfechtungsfrist ist eine vAw zu beachtende Ausschlussfrist, die taggenau nach §§ 187 I, 188 II zu berechnen ist und für alle Anfechtungsberechtigten zwei Jahre beträgt (Abs 1 S 1). Kommen für die Vaterschaftsanfechtung nach Art 20 EGBGB mehrere Rechtsordnungen in Betracht, kann das Anfechtungsrecht nach den ausländischen Vorschriften unbefristet bestehen (Celle FamRZ 20, 609 [Ghana]; Karlsr FamRZ 17, 2026 [Ukraine]). Die Versäumung der Anfechtungsfrist durch verspätete Antragstellung kann zur Haftung des Rechtsanwalts führen (BGH FamRZ 05, 261).

B. Fristbeginn.

 

Rn 2

Die Anfechtungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die anfechtungsberechtigte Person von Umständen Kenntnis erlangt, die gg die Vaterschaft sprechen und einen zulässigen Antrag (sog Anfangsverdacht iSv § 1599 I) begründen können. Die Frist beginnt jedoch nicht vor der Geburt des Kindes bzw nicht vor Wirksamwerden der Vaterschaftsanerkennung (Abs 2 S 1). Für den Lauf der Frist muss die Geburt des Kindes dem Anfechtungsberechtigten bekannt sein (BGH FamRZ 08, 1921). Gerüchte oder Mutmaßungen setzen die Anfechtungsfrist nicht in Lauf. Für die Mutter des Kindes beginnt die Frist mit der Geburt des Kindes (Hamm FamRZ 99, 1362; BGH FamRZ 20, 1004). Die Frist zur Anfechtung durch den rechtlichen Vater beginnt mit der Kenntnis von Tatsachen für einen Anfangsverdacht, während für den leiblichen Vater auf die Kenntnis von der Geburt des Kindes abzustellen ist (Hamm FamRZ 20, 1846). Besteht zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine sozialfamiliäre Beziehung (§ 1600 Rn 4), hindert dies den Lauf der Anfechtungsfrist für den leiblichen Vater nicht (Abs 1 S 2 Hs 2; Hamm FamRZ 16, 1382).

 

Rn 3

Das minderjährige Kind oder der geschäftsunfähige Volljährige (§ 1600a II 3) erlangt Kenntnis durch seinen gesetzlichen Vertreter (§ 166 I; BGH FamRZ 17, 123), wobei der Ausschluss des Vertretungsrechts zu beachten ist. Ist auch die Mutter des Kindes an der Vertretung gehindert, ist für den Fristbeginn die Kenntnis des Ergänzungspflegers maßgeblich (Nürnbg FF 17, 422; Kobl FamRZ 15, 1122). Wurde die Anfechtungsfrist durch den gesetzlichen Vertreter versäumt, führt der Wechsel des gesetzlichen Vertreters nicht zu einem Neubeginn der Frist (Celle FamRZ 12, 567). Ist die Anfechtungsfrist für das minderjährige Kind abgelaufen, kann dieses mit Volljährigkeit und eigener Kenntnis selbst die Vaterschaft anfechten (Abs 3).

 

Rn 4

Der Lauf der Frist setzt die nach objektiver und verständiger Beurteilung eines medizinisch-naturwissenschaftlich nicht vorgebildeten Laien sichere Kenntnis von den die Anfechtung rechtfertigenden Umständen v...

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