Gesetzestext

 

(1) Die Anfechtung kann nicht durch einen Bevollmächtigten erfolgen.

(2) 1Die Anfechtungsberechtigten im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 können die Vaterschaft nur selbst anfechten. 2Dies gilt auch, wenn sie in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind; sie bedürfen hierzu nicht der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. 3Sind sie geschäftsunfähig, so kann nur ihr gesetzlicher Vertreter anfechten.

(3) Für ein geschäftsunfähiges oder in der Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind kann nur der gesetzliche Vertreter anfechten.

(4) Die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter ist nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Vertretenen dient.

(5) Ein geschäftsfähiger Betreuter kann die Vaterschaft nur selbst anfechten.

 

Rn 1

Wegen der besonderen Eltern-Kind-Beziehung ist die Anfechtung der Vaterschaft als höchstpersönliches Recht ausgestaltet und kann daher nicht durch einen Bevollmächtigten erfolgen (Abs 1). Der rechtliche Vater, der leibliche Vater, die Mutter und das volljährige geschäftsfähige Kind können nach Abs 2 S 1 die Vaterschaft nur selbst anfechten. Dabei erweitert Abs 2 S 2 für die beschränkt geschäftsfähige Mutter und den beschränkt geschäftsfähigen rechtlichen bzw leiblichen Vater deren Geschäftsfähigkeit insoweit, als sie für die Vaterschaftsanfechtung der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters im gerichtlichen Verfahren nicht bedürfen und daher gem § 9 I Nr 2 FamFG verfahrensfähig sind. Sind die (volljährigen) Eltern geschäftsunfähig, kann nach Abs 2 S 3 die Vaterschaft nur durch ihren gesetzlichen Vertreter angefochten werden; die Anfechtung muss jedoch dem Wohl des Vertretenen dienen (Abs 4).

 

Rn 2

Das geschäftsunfähige oder beschränkt geschäftsfähige Kind kann nach Abs 3 die Vaterschaft nur durch seinen gesetzlichen Vertreter anfechten. Da die Geschäftsfähigkeit für die Anfechtung der Vaterschaft nicht partiell erweitert wird, erlangt das Kind – im Gegensatz zu minderjährigen Eltern – keine Verfahrensfähigkeit (§ 9 I Nr 2 FamFG) und die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter muss dem Wohl des Kindes dienen (Abs 4; Rn 4). Die vorgelagerte Entscheidung, ob das minderjährige Kind sein Anfechtungsrecht ausübt, obliegt den sorgeberechtigten Elternteilen. Können sich die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern über das Anfechtungsrecht nicht einigen, müssen sie für diese Angelegenheit eine familiengerichtliche Entscheidung nach § 1628 herbeiführen (BGH FamRZ 09, 862; Frankf Jamt 17, 549). Fehlt es an einer wirksamen Ausübung des Gestaltungsrechts durch das Kind, ist der Anfechtungsantrag als unzulässig abzuweisen.

 

Rn 3

Der Vater des Kindes ist infolge seiner Stellung als Antragsteller oder Beteiligter des Anfechtungsverfahrens an der Vertretung des Kindes gem § 181 rechtlich gehindert (BGH FamRZ 17, 123; 12, 859). Der Vertretung durch die Mutter des Kindes stehen bis zur Rechtskraft der Scheidung die §§ 1629 II 1, 1795 I Nr 3 entgegen, sodass für das Kind ein Ergänzungspfleger bestellt werden muss (§ 1809). Seine frühere Rspr zum Vertretungsausschluss der Mutter hat der BGH (FamRZ 21, 1127) aufgegeben, sodass die nicht (mehr) mit dem rechtlichen Vater verheiratete Mutter an der Vertretung des Kindes nicht mehr gehindert ist. Die allein sorgeberechtigte und mit dem rechtlichen Vater nicht verheiratete Mutter ist ebenfalls von der Vertretung nicht ausgeschlossen. Demgegenüber sind die Kindeseltern im Abstammungsklärungsverfahren gem § 1629 Iia von der Vertretung ausgeschlossen, während die alleinsorgeberechtigte (volljährige) Mutter das Kind im Vaterschaftsfeststellungsverfahren vertreten kann.

 

Rn 4

Die Anfechtung durch den Vertreter muss nach Abs 4 dem Wohl des Vertretenen dienen; anderenfalls ist der Antrag unzulässig. Hierfür sind die Vor- und Nachteile einer Vaterschaftsanfechtung gegeneinander abzuwägen. Die Auflösung der Vaterschaft wird regelmäßig den Interessen der geschäftsunfähigen Eltern (§ 1600a II 3) entsprechen. Hat ein Elternteil die Anfechtungsfrist versäumt, kann ein Interessengegensatz bei einer Anfechtung durch das Kind bestehen. In die Abwägung sind vorrangig das Interesse des Kindes an der Klärung der Abstammung (Schlesw FamRZ 03, 51; einschr bei früherer sozial-familiärer Beziehung Dresden FamRZ 22, 1789), die Vermeidung seiner Vaterlosigkeit, dessen familiäre Situation (Hamm Jamt 03, 32), die vermögens- und unterhaltsrechtlichen Folgen, das Persönlichkeitsrecht der Mutter, aber auch das Elternrecht des rechtlichen Vaters einzubeziehen (Saarbr FamRZ 18, 832; BayObLG FamRZ 95, 185).

 

Rn 5

Personen, für die eine (rechtliche) Betreuung besteht, können nach Abs 5 die Vaterschaft nur selbst anfechten, wenn sie geschäftsfähig sind. Ein angeordneter Einwilligungsvorbehalt (§ 1825) erstreckt sich nach § 1825 II Nr 5 iVm § 1600a II 2 nicht auf die Anfechtung der Vaterschaft. Für den geschäftsunfähigen Betreuten (§ 104 Nr 2) kann nur der Betreuer die Vaterschaft anfechten (§ 1600a II 3).

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