Gesetzestext

 

(1) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die einen Aufgabenbereich des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Einwilligungsvorbehalt nicht angeordnet werden. Die §§ 108 bis 113, 131 Absatz 2 und § 210 gelten entsprechend.

(2) Ein Einwilligungsvorbehalt kann sich nicht erstrecken

1. auf Willenserklärungen, die auf Eingehung einer Ehe gerichtet sind,
2. auf Verfügungen von Todes wegen,
3. auf die Anfechtung eines Erbvertrags,
4. auf die Aufhebung eines Erbvertrags durch Vertrag und
5. auf Willenserklärungen, zu denen ein beschränkt Geschäftsfähiger nach den Vorschriften dieses Buches und des Buches 5 nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters bedarf.

(3) Ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordent, so bedarf der Betreute dennoch nicht der Einwilligung seines Betreuers, wenn die Willenserklärung dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Soweit das Gericht nichts anderes anordnet, gilt dies auch, wenn die Willenserklärung eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft.

(4) Auch für einen Minderjährigen, der 17. Lebensjahr vollendet hat, kann das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnen, wenn anzunehmen ist, dass ein solcher bei Eintritt der Volljährigkeit erforderlich ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Der bisher in § 1903 aF geregelte Einwilligungsvorbehalt wird hinsichtlich I–III inhaltlich im Wesentlichen unverändert in § 1825 übernommen. Klargestellt wird, dass auch ein Einwilligungsvorbehalt nicht gegen den Willen des Betreuten angeordnet werden darf (I 2). IÜ ist der Betreuer auch bei angeordnetem Einwilligungsvorbehalt bei der Frage, ob er in schwebend unwirksame Willenserklärungen des Betreuten einwilligt, an die Wünsche bzw den mutmaßlichen Willen des Betreuten gebunden (§ 1821) und hat sich nicht an objektiven wirtschaftlichen Überlegungen zu orientieren (BTDrs 19/24445, 259). In IV ist die bisher in § 1908a aF geregelte Möglichkeit der vorsorglichen Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für Minderjährige enthalten. Die frühere Verweisung in § 1903 IV aF auf § 1901 V aF ist jetzt in § 1864 II Nr 5 aufgenommen.

 

Rn 2

Da die Bestellung eines Betreuers keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten hat, kann dieser auch in denjenigen Angelegenheiten, für die die Betreuung eingerichtet worden ist, weiterhin selbstständig rechtlich wirksame Willenserklärungen abgeben (vgl Jurgeleit RPfleger 95, 282). Will er sich später auf seine Geschäftsunfähigkeit (§ 104 Nr 2) mit der Folge der Unwirksamkeit der Willenserklärung berufen (§ 105), trägt er hierfür die Beweislast. Um die daraus resultierenden Gefahren für die Person oder das Vermögen des Betreuten zu vermeiden, kann das Gericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnen, mit der Wirkung, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenbereich des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf. Der Gesetzgeber trägt so dem Prinzip der Subsidiarität des staatlichen Eingriffs in die Rechtsstellung des Betroffenen Rechnung, weil er durch die Möglichkeit partieller Beschränkungen den Betreuten bei der Teilnahme am Rechtsverkehr nur im unbedingt erforderlichen Umfang einschränkt, ohne seine Geschäftsfähigkeit vollständig zu beseitigen. Die Erforderlichkeit eines Einwilligungsvorbehalts ist außerdem für jeden Aufgabenbereich (ggf auch einzelne Geschäfte) zu begründen (BayObLG NJW-RR 03, 871 [BayObLG 18.09.2002 - 3 Z BR 152/02]). Durch den Einwilligungsvorbehalt erlangt der Betroffene, sofern er nicht bereits zuvor geschäftsunfähig gewesen ist, in etwa die Stellung eines beschränkt Geschäftsfähigen. Für Geschäfte des täglichen Lebens bleibt er auch dann geschäftsfähig, wenn diese rechtlich nachteilig sind (III 3).

B. Voraussetzung für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts.

 

Rn 3

Der Einwilligungsvorbehalt ist streng akzessorisch zur Betreuung und setzt daher zwingend voraus, dass für den fraglichen Aufgabenbereich bereits eine Betreuung angeordnet ist oder zumindest gleichzeitig angeordnet wird (KG FamRZ 08, 1114). Zudem kann er sich nur auf Willenserklärungen im Aufgabenbereich des Betreuers beziehen, nicht hingegen auf tatsächliche Handlungen, wie zB die Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff oder die Aufenthaltsbestimmung (Hamm FamRZ 95, 433). Der Einwilligungsvorbehalt kann auch nur auf Teilbereiche aus dem Aufgabenbereich des Betreuers beschränkt werden. Gegen den freien Willen des Betroffenen kann er nicht angeordnet werden (I 2).

 

Rn 4

Außerdem muss der Einwilligungsvorbehalt zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich sein (I 1). Dabei müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung vorliegen (BGH FamRZ 18, 1691; 20, 1405; 21, 795, 1312, 1657; 22, 1556). Gefahren ausschließlich für Dritte (zB Verschwendung des Familienvermögens) rechtfertigen einen Einwilligungsvorbehalt nicht...

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