Gesetzestext

 

(1) 1Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. 2Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) 1Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. 2Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) 1Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. 2Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

A. Einordnung und Zweck.

 

Rn 1

§ 15 setzt Art 15 RL 2000/43/EG, Art 17 RL 2000/78/EG und Art 6 und 8d RL 67/207 EWG um, und kommt Forderung des EuGH nach Sanktion mit ›wirklich abschreckender Wirkung ggü dem Arbeitgeber, (…) und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden‹ (EuGH DB 97, 983 – Draehmpaehl; BAG AP AGG § 8 Nr 3 m Anm Krieger) nach. I regelt verschuldensabhängigen materiellen Schadensersatz, II verschuldensunabhängige Entschädigung, III die Beschränkung der Arbeitgeberhaftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bei Umsetzung AGG-widriger kollektiver Regelungen, IV die zweimonatige Verfallfrist und V den Vorbehalt zugunsten weiterer Anspruchsgrundlagen; VI schließt Anspruch auf Naturalrestitution aus.

B. Grundsätzliches Haftungsregime nach dem AGG.

 

Rn 2

Der ArbG haftet für eigene Verstöße, ferner für Verstöße seiner Organmitglieder (§ 31 BGB) und Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB), also der Mitarbeiter in Vorgesetztenfunktionen (BAG DB 69, 446 [BAG 17.12.1968 - 5 AZR 149/68]), keine Privilegierung wg betrieblich veranlasster Tätigkeit im Verhältnis zum Geschädigten (BAG NZA 08, 223 [BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06]; Walker NZA 09, 5). Auch bei Vorgesetzten rechtfertigt jedoch nur Benachteiligung in Ausübung dieser Funktion die Zurechnung, nicht aber bei Gelegenheit, wie (sexueller) Belästigung (§ 3 III, IV; BKG § 15 Rz 21). In den letztgenannten Fällen und bei Benachteiligungen durch Nicht-Organe und Nichtvorgesetzte haftet der ArbG nur bei Organisationsverschulden, insb bei Verstößen gegen § 12 I–IV; hier kann er sich durch Training Defense (§ 12 II 2; § 12 Rn 3) ggü Erstverstoß und durch Maßnahmen nach § 12 III, IV (§ 12 Rn 16) auch bei Zweitverstoß und ggf nachfolgenden Verstößen entlasten. Daneben bestehen Anspruchsgrundlagen außerhalb des AGG (Rn 20). Zur Haftung für externe Dritte s § 11 Rn 4. Lehnt der ArbN das Angebot einer diskriminierungsfreien Regelung anstelle der diskriminierenden ab, kann er gem § 242 BGB aus letzterer keine Rechte mehr herleiten (vgl BAG BB 07, 1624 [BAG 19.12.2006 - 9 AZR 294/06]; Lingemann/Müller BB 07, 2013).

C. Schadensersatzanspruch, Abs 1.

 

Rn 3

Der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens gem I setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 voraus, wozu gem § 3 III, IV auch (sexuelle) Belästigungen zählen. Die Benachteiligung kann vom ArbG, Beschäftigten oder Dritten ausgehen. Der ArbG muss zudem (Umkehrschluss aus 2) pflichtwidrig gehandelt haben, indem er selbst gegen § 7 verstoßen hat, ihm ein Pflichtenverstoß gem §§ 31, 278 BGB zugerechnet wird (Diller NZA 07, 649) oder er Organisationspflichten verletzt hat (BAG DB 09, 2045; Rn 2). Benachteiligung und Schaden müssen auf der Pflichtverletzung beruhen.

 

Rn 4

Der ArbG kann sich gem 2 entlasten durch den Nachweis, dass er hinsichtlich der Pflichtverletzung (Rn 3) weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat (§ 280 I 2; § 280 BGB Rn 19, Rn 24). Die Entlastungsmöglichkeit ist nicht europarechtswidrig, da II einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch gewährt (BKG § 15 Rz 15; Bauer/Evers NZA 06, 893; aA HK/Deinert § 15 Rz 31; ErfK/Schlachter § 15 Rz 1 ff).

 

Rn 5

Der Anspruch richtet sich auf Naturalrestitution (§ 249 I BGB; Grüneberg/Weidenkaff § 15 Rz 4) bzw, soweit sie nicht möglich oder gem VI ausgeschlossen ist, oder Voraussetzungen des § 249 II BGB vorliegen, auf Geldersatz. Zu ersetzen ist positives Interesse (zB Ersatz für Personen, Sach- und/oder Vermögensschäden, typischerweise Verdienstausfall), wg § 12a ArbGG aber kein Ersatz von Re...

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