Gesetzestext

 

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift ist keine Anspruchsgrundlage, sondern rechnet dem Verein das Handeln seiner Organe haftungsrechtlich zu. Damit begründet § 31 die Haftung für Eigenhandeln im Unterschied zu § 278, der die Haftung für fremdes Verschulden vorsieht. Nach § 831 haftet der Verein für eigenes vermutetes Verschulden mit der Möglichkeit des Entlastungsbeweises, die § 31 nicht kennt. Die Haftung des Vereins aufgrund § 31 tritt neben die etwaige persönliche Haftung des verfassungsmäßig berufenen Vertreters, zB aus unerlaubter Handlung (BGH NJW 96, 1535, 1536 [BGH 12.03.1996 - VI ZR 90/95]). § 31 ist durch Satzung nicht abdingbar (§ 40 1).

 

Rn 2

§ 31 mit seinem weiten Anwendungsbereich gilt für privatrechtliche Stiftungen (§ 86), juristische Personen des Öffentlichen Rechts (§ 89 I), den nichtrechtsfähigen Verein (Soergel/Hadding Rz 6), alle juristischen Personen des Privatrechts (AG, eG, GmbH, KGaA, VVaG), für die Vorgesellschaften wie die Vor-GmbH (Stuttg NJW-RR 89, 638), die OHG, KG, PartG, ja selbst für die GbR (BGH NJW 07, 2490, 2491 [BGH 03.05.2007 - IX ZR 218/05]; Schöpflin DStR 03, 1349). Ebenso ist die Norm anzuwenden auf die Insolvenzmasse hinsichtlich der Handlungen des Insolvenzverwalters (Grüneberg/Ellenberger Rz 3) und auf die WEG-Eigentümergemeinschaft (BGH NJW 12, 2955 [BGH 13.07.2012 - V ZR 94/11] Tz 18).

B. Voraussetzungen.

I. Verfassungsmäßig berufener Vertreter.

 

Rn 3

Der Verein ist verantwortlich für das Verhalten des Vorstands als Organ, einzelner Vorstandsmitglieder eines mehrgliedrigen Vorstands und für die besonderen Vertreter nach § 30. Der Begriff ist durch eine weite Auslegung gekennzeichnet. Da die juristische Person nicht selbst entscheiden kann, wem sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, muss der Vertreter weder Vertretungsmacht haben, noch bedarf seine Stellung einer satzungsmäßigen Grundlage (BGH NJW 13, 3366 [BGH 14.03.2013 - III ZR 296/11] Tz 12). Die Rspr hat eine Haftung für Repräsentanten entwickelt, denen durch die allg Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind (BGH aaO). Das gilt auch bei Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis, wenn der Vertreter selbstständig nach außen auftritt (BGH NJW 77, 2260 [BGH 12.07.1977 - VI ZR 159/75]).

 

Rn 4

§ 31 wird analog auf andere Vereinsorgane wie die Mitgliederversammlung, Aufsichtsrat, Disziplinarausschuss angewandt, nicht aber auf Schiedsrichter oder Vereinsschiedsgerichte (Reichert/Achenbach Kap 2 Rz 3434, 3440 f).

 

Rn 5

Beispiele für verfassungsmäßig berufene Vertreter: Hauswirtschaftsleiter eines Altenheims (Frankf NJW-RR 89, 419 [OLG Frankfurt am Main 21.12.1988 - 17 U 222/87]); Filialleiter (BGH NJW-RR 90, 484 [BGH 19.10.1989 - III ZR 92/88]); Chefarzt und sein Vertreter, wenn sie im medizinischen Bereich weisungsfrei arbeiten (BGH NJW 87, 2925 [BGH 30.06.1987 - VI ZR 257/86]); örtliche Streikleitung einer Gewerkschaft (BAG NJW 89, 1881, 1884 [BAG 08.11.1988 - 1 AZR 417/86]; 89, 57, 61); Leiter der Rechtsabteilung eines Presseverlages (BGH NJW 57, 1315); Frauenwartin als spielleitende Stelle (Hamm SpuRt 03, 166, 167 [OLG Hamm 18.12.1996 - 8 U 15/96]); Haftung des Landesverbandes für Erklärungen des Vorsitzenden eines Bezirksverbandes in der Öffentlichkeit (BGH NJW-RR 86, 281); Arzt einer Gemeinschaftspraxis (Kobl MDR 05, 1302); Anwalt einer als GbR organisierten Anwaltssozietät (Hamm NJW-RR 05, 134 [OLG Hamm 14.09.2004 - 28 U 158/03]), auch der Scheinsozius (BGH NJW 07, 2490, 2491 [BGH 03.05.2007 - IX ZR 218/05]; einschränkend Celle NJW 06, 3431 [OLG Celle 05.07.2006 - 3 U 57/06]); Staatsbauamtsbediensteter als verfassungsmäßig berufener Vertreter des Landes, obwohl im Wege der Organleihe für den Bund tätig (BGH VersR 06, 803); nicht dagegen ohne weiteres der Trainer (Reichert/Achenbach Kap 2 Rz 3439).

II. Zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten.

 

Rn 6

Die durch das Verhalten der Organperson ausgelöste Schadensersatzpflicht kann vertraglicher (§ 280 ff) oder quasivertraglicher (§ 311, 122) Natur sein, auf deliktischer Verschuldenshaftung (§§ 823 ff), auf Gefährdungshaftung oder auf Tatbeständen, die kein Verschulden voraussetzen (§§ 228, 231, 904), beruhen. Zuzurechnen sind sowohl Handlungen als auch Unterlassungen. Unterlassungen kommen va bei der Verletzung von Aufsichts- und Verkehrssicherungspflichten in Betracht (BRHP/Schöpflin Rz 11; NK-BGB/Heidel/Lochner Rz 8).

 

Rn 7

Der Verein haftet auch bei Organisationsmängeln. Nach der Rspr muss für alle wichtigen Aufgabengebiete ein verfassungsmäßig berufener Vertreter zuständig sein, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Fehlt es daran, muss sich der Verein behandeln lassen, als wäre der eingesetzte Verrichtungsgehilfe ein verfassungsmäßiger Vertreter (BGHZ 24, 200, 213; BGH NJW 80, 2810). E...

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